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Ulla Schmidt auf SendungHimmel jetzt blau

Das Gesundheitsministerium soll Inhalte in Radiosendern platziert haben. Oder war es doch ganz normale PR? Im Ministerium wiegelt man ab.

Ist er nun blau, der Himmel? Oder grau? Ach, egal: Muss man nur gut verkaufen Bild: dpa

Der Bürger ist hin und weg: "Für mich ist der Hausarzttarif ideal, weil ich sowieso immer zuerst zum Hausarzt gehe", sagt eine Frau. Und ein Mann ist endlich wieder voller Hoffnung: "Ich hoffe ja eigentlich schon, dass ich mit den neueren Tarifen auch einen günstigeren finde." Und Ulla Schmidt, die zuständige Ministerin, hat auch noch einen Tipp: "Informieren Sie sich bei Ihrer Krankenkasse!" So klingt es, wenn eine vom Bundesgesundheitsministerium (BMG) beauftragte PR-Agentur eine PR-Agentur beauftragt, die dann über die Maßnahmen des Gesundheitsministeriums berichtet - 1:38 Minuten positive Schwingungen. So informativ wie: "Plattenfirma findet eigenen Künstler toll." Oder: "Himmel jetzt blau!"

Die ARD-Sendung "Report Mainz" wollte gestern über diese PR-Maßnahmen vom April 2007 berichten - und warf der Bundesregierung vorab vor, "Parlament und Öffentlichkeit über verdeckte Hörfunk-PR aus dem Gesundheitsministerium" getäuscht zu haben: Nachdem bereits die PR-Kampagnen von Wirtschafts- (taz v. 13. 8. 2007) und Familienministerium (taz v. 30. 8. 2007) in der Presse thematisiert worden waren, stellte die Linke-Fraktion im Bundestag eine Kleine Anfrage und wollte wissen, ob im Rahmen der vom Gesundheitsministerium "in Auftrag gegebenen Kampagne ,Die neue Gesundheitsversicherung' auch vorproduzierte Hörfunkberichte erstellt" worden seien. Die Antwort: "Vollständige sendefähige Hörfunkbeiträge wurden nicht erstellt."

Bei "Report Mainz" heißt es dazu: "Diese Aussage ist falsch." Das Ministerium habe von einer PR-Agentur sendefähige Hörfunkberichte erstellen und verbreiten lassen, in denen die Vorzüge der Gesundheitsreform dargestellt werden. Und: "Die Hörer sollten nicht erkennen, dass es sich dabei um gekaufte journalistische Inhalte handele."

Aus der Pressestelle des Ministeriums heißt es dagegen, der Vertrag mit der beauftragten PR-Agentur enthalte den Passus, dass bei allen Veröffentlichungen klar sein müsse, "dass der Auftraggeber das BMG ist"; Geld für die Ausstrahlung sei im Auftrag des Ministeriums nicht geflossen - anders als "Report Mainz" andeutet. Fertige Beiträge zu produzieren sei ebenfalls "nicht in unserem Auftrag" geschehen. Man habe nur die Verschickung von O-Tönen und "Textvorschläge für die Moderation" gewollt. "Die Idee war es, dass man kleinen Redaktionen so etwas anbietet, die nicht die Möglichkeiten haben, es selbst herzustellen", heißt es. Die beauftragte Agentur habe aber eine andere Agentur mit der Erstellung der Beiträge beauftragt. In Zweifel gezogen werde offenbar, ob sie sich an alle Vorgaben gehalten habe.

Kurz: In der Darstellung des Ministeriums gab es lediglich ein Angebot an Journalisten ohne Gegenleistung. "Report Mainz" dagegen stellt den Verdacht der Schleichwerbung in den Raum - das Wirtschaftsministerium etwa war im August in die Kritik geraten, weil als Gegenleistung für die Platzierung von ministeriumstreuen Inhalten Anzeigen geschaltet worden sein sollen.

Als sich der Bundestag mit den PR-Kampagnen befasste, hieß es in der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage, man vertrete die "Ansicht, dass es Aufgabe der Medien selbst ist, die ihnen verfassungsrechtlich eingeräumte Freiheit verantwortungsbewusst wahrzunehmen". Ob es hilfreich ist, Journalisten zur Faulheit zu verführen, indem man ihnen fertige Radiobeiträge anbietet, darf man vielleicht fragen. Wenn aber ein Mitarbeiter eines kleinen Senders laut der "Report Mainz"-Autorin andeutet, dass es nicht unüblich sei, solche Berichte eins zu eins auszustrahlen - dann müssen sie sich vielleicht doch auch fragen lassen, ob sie den richtigen Beruf gewählt haben.

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