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G8-Halbierung der CO2-Emissionen bis 2050Visionen fürs Klima

n Hokkaido einigen sich die G-8-Staaten auf eine Halbierung der Treibhausgase bis 2050 - Umweltverbänden ist diese "gemeinsame Vision" nicht genug.

Bush geht in die Luft: Protestaktion von Umweltschützern gegen G8-Umweltpolitik. Bild: dpa

TOKAYO taz Die Gruppe der sieben führenden Industriestaaten plus Russland (G 8) will die klimaschädlichen Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2050 halbieren. Das verkündete Japans Ministerpräsident Yasuo Fukuda am Dienstagnachmittag als Ergebnis der Klimaverhandlungen. In der schriftlichen Erklärung liest sich die Zusage allerdings weniger konkret. Hier wird die 50-Prozent-Verrigerung als "Vision eines Ziels" bezeichnet, die die G-8-Staaten "mit allen Parteien der UN-Klimarahmenkonventionen teilen wollen". Diese Vision solle im UN-Rahmen "geprüft" und "angenommen" werden. Damit geht die G 8 nicht wesentlich über den Beschluss von Heiligendamm hinaus. Dort hatten sich die Staatschefs nach langem Widerstand der USA darauf geeinigt, eine Halbierung der weltweiten CO2-Emissionen "ernsthaft zu erwägen". In beiden Formulierungen gehen die G-8-Staaten selbst keine verbindlichen Verpflichtungen ein. Zur G 8 gehören die USA, Kanada, Japan, Russland, Frankreich, Großbritannien, Italien und Deutschland.

In der deutschen Delegation wurde die Klima-Erklärung dennoch als Erfolg gewertet. Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach von einem "deutlichen Fortschritt" im Kampf gegen die Erderwärmung. Es geben nun die klare Verpflichtung der G 8, bis zur nächsten UN-Klimasitzung 2009 in Kopenhagen eine Vereinbarung zu erreichen. "An diesem Ziel wird die Weltgemeinschaft nicht mehr vorbeikommen", sagte Merkel. Auch der Wirtschaftsberater des Weißen Hauses, Dan Price, zeigte sich zufrieden. "Es gab eine ausgezeichnete Diskussion und ein ausgezeichnetes Ergebnis", sagte er.

Bei den ebenfalls in Toyaka vertretenen Nichtregierungsorganisationen löste das Ergebnis hingegen Empörung aus. "Statt Klimaschutz hat die Welt nichts weiter erhalten als blumige Worte", sagte Daniel Mittler von Greenpeace International. Auch Kim Carstensen vom WWF gab sich enttäuscht: "Die Ergebnisse des vorherigen Gipfels zu bestätigen, ist kaum ein bedeutendes Ereignis." Noch drastischer formulierte es Antion Hill von der Hilfsorganisation Oxfam. Die "lauwarme" Klima-Vereinbarung nenne kein Ausgangsjahr für die Reduzierung und verzichte auf mittelfristige Ziele, etwa bis zum Jahr 2020. Zudem sei das Ziel alles andere als ambitioniert, denn bis 2050 sei eine Reduzierung um 80 Prozent nötig, so Hill. "Bei diesem Tempo ist die Welt bis 2050 weichgekocht, und die G-8-Führer sind lange vergessen."

In ihrer Erklärung erkennen die G-8-Staaten zwar an, dass zum Erreichen der "Vision" auch mittelfristige Ziele und nationale Reduktionspläne erforderlich sein werden. Konkrete Angaben dazu werden aber nicht gemacht. Aus Heiligendamm übernommen wurde auch die Formulierung, dass es bei der Reduktion der Treibhausgase "gemeinsame, aber unterschiedliche Verantwortlichkeiten" gebe. Darauf drängt neben den USA auch Gastgeber Japan.

Beim Streitthema Atomkraft konnte sich Deutschland zumindest teilweise durchsetzen. In der Erklärung der G-8-Staaten wird zwar erwähnt, dass es ein wachsendes Interesse mancher Staaten an der Nutzung der Atomkraft gebe, um Treibhausgase zu vermindern und die Abhängigkeit vom Öl zu reduzieren. Die Atomenergie wird aber nicht generell als ein Instrument im Kampf gegen den Klimawandel genannt. Deutschland steht mit seinem Atomausstieg innerhalb der G 8 mittlerweile allen und war deshalb von den USA unter Druck gesetzt worden.

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2 Kommentare

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  • PL
    Paula Liehmann

    Danke für diesen insgesamt lesenswerten Artikel. Beim "Prinzip der gemeinsamen aber unterschiedlichen Verantwortlichkeiten und Fähigkeiten" gab es jedoch ein Missverständnis: Dieses Prinzip stammt nicht aus Heiligendamm sondern aus der UN-Klimarahmenkonvention. Japan und USA haben ganz sicher nicht gefordert, dass es im Text auftauchen soll, denn dieses Prinzip dient als Absicherung für die Schwellenländer und bedeutet konkret, dass die Länder, die am meisten zum Klimawandel beigetragen haben und am ehesten in der Lage sind, ihn zu bekämpfen am meisten leisten müssen - also u.a. USA und Japan.

  • A
    anke

    Na prima! Die Hütte steht in Flammen und die Brandschutz-Verantwortlichen beraten in voll klimatisierten Panzerschränken darüber, ob sie ihren vor Jahresfrist angestellten „ernsthaften Erwägungen“, den Brand zu löschen, nunmehr eine Vision des Vorgangs folgen lassen sollten!

     

    Vermutlich wird man in etwa zweihundert Jahren angesichts eines großen Haufens qualmender Asche endlich bereit sein zuzugeben, dass man eher hätte handeln können. Und ganz bestimmt werden sie eine Kommission einsetzen, die einen (dann leider bereits verstorbenen) Schuldigen benennen wird. Nicht ohne gleichzeitig denen, die seinerzeit das Wasser abgestellt haben, großzügige Prämien dafür in Aussicht zu stellen, dass sie die Hähne wieder frei geben.

     

    Nun ja. Wer weiß schon, wozu dieses Nichtstun am Ende gut gewesen sein wird. Schließlich: Was geschieht, wenn Mister Bush und seine Freunde ihren Visionen nachgeht, kann man zwischen A wie Afghanistan und Z wie Zaire unter besonderer Beachtung des Buchstaben I wie Irak in jedem besseren politischen Wörterbuch nachschlagen. Dann vielleicht doch lieber die Sorte "Real"-Politiker, die zum Arzt geht, wenn sie Visionen hat...