Eine Milliarde Euro für Windräder: Heuschrecke hüpft ins Meer
Der Finanzinvestor Blackstone will sich an einer Windparkanlage in der Nordsee beteiligen. Warum das gar nicht so schlecht ist.
BERLIN taz Der Bau von Windkraftwerken vor den deutschen Küsten steht offenbar vor einem Durchbruch. Die US-Beteiligungsgesellschaft Blackstone wolle mehr als 1 Milliarde Euro in eine Anlage nahe der Nordseeinsel Helgoland investieren, berichtete die Zeitung Financial Times Deutschland am Donnerstag und bestätigte damit eine Meldung der Nachrichtenagentur Reuters. "Sollte tatsächlich ein erster Windpark auf hoher See gebaut werden, würde das die erneuerbaren Energien voranbringen", sagte Energieexperte Andree Böhling von der Umweltschutzorganisation Greenpeace der taz.
Blackstone will sich laut den Berichten an dem Projekt "Meerwind" der Berliner Windland Energieerzeugungs GmbH beteiligen. Beide Unternehmen wollten sich dazu nicht äußern. Windland will 23 Kilometer nordwestlich von Helgoland in einer Pilotphase 80 Windkraftwerke aufstellen. Die Ausmaße sind gigantisch: Die Anlagen inklusive Rotorblätter sollen rund 150 Meter hoch sein. Jede Turbine wird 3 bis 5 Megawatt erzeugen - mehr als die meisten Anlagen an Land, wo der Wind nicht so stark bläst. Insgesamt soll das Kraftwerk auf eine Leistung von bis zu 400 Megawatt kommen. Das entspricht einem mittleren Kohlekraftwerkblock.
Der erste Strom wird nach dem Willen der Planer 2011/2012 fließen. Bis dahin rechnet Windland derzeit mit Kosten von etwa 1 Milliarde Euro. Das Bundesamt für Seeschifffahrt hat das Projekt nach Firmenangaben bereits genehmigt. Langfristig will das Unternehmen weitere 186 Anlagen bauen. Der Strom werde mit einer Leitung an Land übertragen, die der örtliche Netzbetreiber errichte, so Windland.
"Das ist ein Signal: Jetzt gehts da los", erklärte der Pressesprecher des Bundesverbands Windenergie, Ulf Gerder. Er verspricht sich von einem Blackstone-Einstieg weitere Investitionen in Windparks. Auch im Bundesumweltministerium wurde die Nachricht begrüßt. "Der Schritt könnte zu einer Beschleunigung der Windenergieprojekte auf See führen", hieß es. Bisher hätten die vier großen deutschen Energieversorger sich eher durch Abwarten als durch Taten ausgezeichnet.
"Wenn sich Finanzinvestoren dafür interessieren, scheint die Rendite langsam zu stimmen", sagte Greenpeace-Experte Böhling. Der Staat habe dafür die Voraussetzungen geschaffen. So verpflichtete der Bund die Netzbetreiber, die Windparks vor der Küste mit Kabeln anzuschließen. Die Reform des Erneuerbaren-Energie-Gesetzes erhöhte zudem den Garantiepreis für Windstrom erheblich.
"Die Windparks auf See könnten eine Alternative zu Kohlekraftwerken sein", meinte Böhling. "Wir brauchen eine erste Anlage, um Erfahrung mit dieser Technik zu sammeln." Der Greenpeace-Sprecher forderte aber ökologische Begleitforschungen. Die Standorte müssten so ausgesucht werden, dass sie nicht den Vogelzug beeinträchtigen. Zudem verlangte Böhling, den Lärm beim Einrammen der Pfeiler so zu minimieren, dass Tiere nicht geschädigt werden.
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