die wahrheit: Claqueure der Liebe
Das geheime Tagebuch der Carla Bruni. Heute: Nur die Dritte Dame im Land?
M on cher journal intime …
Ich glaube, Nici gehen die Haare aus. Heute Morgen habe ich in seinem Reisekoffer eine Packung mit einer Flasche darin gefunden. "Kopfhautfarbe", "Pavarotti Qualität - Ihr zuverlässiger Partner - auch für den großen Auftritt". Ich muss zugeben, es ist mir etwas peinlich. Ich habe die Packung auch gleich zurückgetan und den Koffer wieder zugemacht. Es berührt mich auch unangenehm, wenn die Zeichen so offensichtlich werden … Vor allem frage ich mich, ob es womöglich meine Schuld ist. Vielleicht liegt es daran, dass wir so viel … dass alle Kraft unten rausgeht?
Mein kleiner Schatz schläft. Ich bin so froh, dass Nici momentan politisch so erfolgreich ist. Dass die Dinge sich für ihn so gut anlassen. Die vielen Gipfeltreffen, seine Antrittsrede neulich, die Mittelmeerunion - er bekommt viel positives Feedback, und ich bin dankbar für jeden einzelnen Claqueur. Der Rummel um meine Platte, dieser wahnsinnige Hype, der um mich gemacht wird, weil ich so schön und so atemberaubend bin und eben auch noch so klug. Also so klug-klug, nicht dumm-klug, sondern so anders klug - und dabei noch so treffende Dinge sage, das würde Nici wohl schon sehr zusetzen, wenn er nicht selbst stark im Mittelpunkt stünde.
Ehrlich gesagt, zwei der großen Interviews, "Ich", das in Paris Match, und "Die Kraft des kleinen Mannes", das im Figaro erschienen ist, habe ich arrangiert. Und die Dokumentation, die das rumänische Fernsehen angeblich über ihn drehen will, geht auf meine Idee zurück. Ich bin so froh, dass Nici solch gute Freunde hat (Arnault Lagadère, Serge Dessault, Anm. der Red.) und dass Arnault auf mich steht. Ich habe ihre volle Unterstützung bei dieser Aktion. Sie meinen auch, Nici wäre nicht auszuhalten, wenn ich so dermaßen im Mittelpunkt stehe, sich um ihn aber kein Hahn schert. Und das ginge gar nicht, schließlich wollen sie es sich doch in den Sommerferien in Brégançon, dem Sommersitz des Staatschefs, unweit unseres Ferienhauses, medientauglich gemütlich machen. Ohne Gegenleistung machen solche Typen aber auch gar nichts. Ich musste zusagen, ihnen ein Bikini-Konzert zu geben. Unplugged.
Heute habe ich ganz dicke auf die Kacke gehauen! Ich habe Lady Diana als mein Vorbild angegeben! Ich meine, eine Gefangene des Hofes, an den Hochadel verschachert, magersüchtig, später an den Brückenpfeiler gehetzt. Es ist schon erstaunlich, wie unglaublich blöd die Medien sind! Das zweite Vorbild, das ich nannte, war Jackie Kennedy. Auch da fragt keiner nach. Konfrontiert mich mit dem ja auch nicht ganz lustigen Leben einer Frau, deren Mann vor den Augen der Welt fremdgeht und dessen Gehirn ihr dann ins Gesicht spritzt. Oder fragt mal nach, ob ich das jetzt so sage, weil ich mich neuerdings im "Jackie-Stil" kleide. Weil man damit nichts falsch machen kann. Wohl dem Journalisten, der festgestellt hat, ich sei "durchtriebener als Madonna". Warum hat der mich eigentlich noch nicht interviewt? Das wäre doch mal ein adäquater Gegner! Und wenn er dann auch noch gut aussieht …
Apropos falsch machen. Die Fotos von den Feierlichkeiten vom 14. Juli zeigen deutlich, dass ich bei öffentlichen Auftritten einen höheren Stuhl brauche. Die Beine wie eine alte Jungfer zusammenzuhalten ist das eine, die Füße aber abzuknicken, als hätte man mir mit dem Beil hineingehauen, etwas anderes.
Dritter Platz! Das Album ist auf dem dritten Platz eingestiegen! Wozu mache ich das hier eigentlich alles? 111 Interviews in zwei Wochen, ein Auftritt in den Hauptnachrichten (als wenn ein CD-Release in die Hauptnachrichten gehörte!). Und dann nur der dritte Platz! Hinter Céline Dion und dem Schnuffel-Klingelton! Da kann ich mich ja gleich Troisiéme Dame nennen!
Donnerstag, 17. 7. 2008
Ich bin ja froh, wenn mein kleines Kaninchen und ich uns gut verstehen. Und ich will auch nicht wieder etwas vom Zaune brechen, aber sein Gefummel geht mir doch mächtig auf die Nerven. Das an anderen. Ich mag es ja, wenn wir "1.000 kleine Krabbelkäfer" spielen. Und dass er die olle Betancourt neulich so angegrabbelt hat, das war ja in Ordnung, es war vorher abgesprochen. Aber jetzt wieder die Merkel. Ständig fasst er Mitarbeiterinnen oder auch Politikern auf den Rücken, an die Schulter oder den Arm. Ich glaube, er merkt es nicht einmal. Beim deutschen Walross, das aber in der Tat ganz nett ist, wie ich nun feststellte, ergreift er sogar die Hand, um nicht zu sagen, die Flosse. Mir geht das zu weit. Um ehrlich zu sein, ich bin eifersüchtig. Natürlich könnte ich fast jeden Mann bekommen, und das beweise ich mir auch täglich. Aber ich will eben nur den einen. Den einen kleinen. Und der soll gefälligst seine Griffel von den Frauen lassen!
Apropos Männer: Heute ist das letzte Mal, dass ich Joseph vor unserer Abreise nach Marrakesch treffe. Ich habe ein kleines Präsent für ihn besorgt: Handschuhe aus Walrossleder. Das Beste, was Gärtner tragen können. Da geht nichts durch. Ich habe seine Initialen einprägen lassen, ich hoffe, er freut sich. Wir sind ja auch in zwei Tagen schon zurück.
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