Bush Schlingerkurs: Der Chinaversteher

George Bush will es zum Ende seiner Amtszeit allen recht machen. Im chinesischen Staatsfernsehen lobt er China. In Bangkok dagegen zeigt er sich besorgt über die Menschenrechtslage.

George Bush hält Fackel und Athletin bei den Winterspielen 2002 in Salt Lake City. Auch in Peking steht er zwischen den Stühlen. Bild: dpa

Die Entscheidung, heute die Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in Peking zu besuchen, fällte der amerikanische Präsident George Bush im letzten Jahr, und zwar kurz bevor er der Verleihung der Goldmedaille des Washingtoner Kongresses an den Dalai Lama beiwohnte. Mit der gleichen doppelten Botschaft kam Bush jetzt am Vortag der Olympia-Eröffnung in Peking an. "Ich weiß, wie wichtig es für mich ist, dem chinesischen Volk ein klares Signal zu senden, dass wir es respektieren", sagte Bush in einem Interview des chinesischen Staatsfernsehens CCTV.

Doch kurz bevor er die Air-Force-One-Maschine nach Peking bestieg, holte er in einer Rede vor Diplomaten in Bangkok gegen die Pekinger Menschenrechtspolitik aus: Er sei "tief besorgt" über die Lage der Religionsfreiheit und der Menschenrechte in China, sagte Bush. Die USA stünden "in klarer Opposition zu der Verhaftung von Dissidenten, Menschenrechtlern und religiösen Aktivisten". Sie sprächen sich für "Pressefreiheit, Versammlungsfreiheit und Arbeiterrechte aus - nicht um Chinas Führern entgegenzutreten, sondern weil das Anvertrauen von mehr Freiheit an das eigene Volk der einzige Weg für China ist, sein volles Potenzial zu entwickeln", sagte Bush. Die chinesische Regierung wies die Kritik zurück und erklärte, niemand solle sich in die inneren Angelegenheiten eines anderen Landes einmischen. China und die USA hätten bei den Menschenrechten und in Religionsfragen unterschiedliche Ansichten, sagte Außenministeriumssprecher Qin Gang.

Mit seiner Reise versucht Bush, entgegen etwa Bundeskanzlerin Angela Merkel, die eine Teilnahme an den Olympischen Spielen in Peking schon früh ausschloss, den "komplexen Beziehungen", wie er sie gestern nannte, zwischen China und dem Westen gerecht zu werden. Er ist der erste US-Präsident, der an Olympischen Spielen in einem anderen Land als den USA teilnimmt. Dies allein sei eine große Geste gegenüber China, betonten US-Diplomaten. Bush wird bis Montag vier Tage in Peking verbringen und dabei mit dem chinesischen Partei- und Staatschef Hu Jintao zusammentreffen. Am Samstag wird Bush dem Basketballspiel zwischen den USA und China beiwohnen.

Peking lehnte es im Vorfeld des Besuchs auf Anfrage amerikanischer Diplomaten ab, Bush an einem Gottesdienst der christlichen Untergrundkirche in Peking teilnehmen zu lassen. Stattdessen wird er nun den Gottesdienst einer staatlich anerkannten christlichen Kirche besuchen. "Das ist kein Bekenntnis zur religiösen Freiheit, sondern zur staatlich kontrollierten Religion", kritisierte die Menschenrechtsorganisation Human Right Watch Bushs geplanten Kirchgang.

Doch der US-Sicherheitsberater für Asien, Dennis Wilder, verteidigte die Kompromisse bei der Besuchsplanung: "Alle wollen, dass wir Einfluss auf die chinesische Regierung nehmen", sagte Wilder. Wilder kritisierte damit indirekt die Boykotthaltung amerikanischer und europäischer Politiker. Bush war in den letzten Monaten, insbesondere nach den Unruhen im März in Tibet, immer wieder den Rufen nach einem Boykott der olympischen Eröffnungsfeier ausgesetzt gewesen. Genauso regelmäßig aber hatte das Weiße Haus Bushs Olympia-Pläne verteidigt. Tatsächlich gibt es in China selbst unter Dissidenten nur wenig Verständnis für einen westlichen Olympiaboykott. Viele Chinesen sehen Olympia als westlich geprägtes Sportfest, für dessen Austragung das eigene Land in den letzten Jahren viel geleistet hat. Jetzt aber sieht es eher so aus, als blieben viele Hotels in Peking während der Spiele halb leer, als hätte der Streit um Tibet und Menschenrechtsverletzungen im Vorfeld der Spiele viele westliche Touristen verschreckt. Umso wichtiger für das chinesische Erfolgsgefühl bei den Spielen ist nun der Besuch von Bush.

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