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die wahrheitGenitales Brummen

"Versuchs doch mal mit Latex", kichert Sylvia, während sie ein Sushi-Röllchen über den Tisch balanciert. "Latex? Wieso Latex?", fragt Gisela und schaut verständnislos...

... "Na, weil die herkömmlichen Teile zu fest sind und du Latex so schön knautschen kannst. Das plöppt erst an Ort und Stelle wieder auf." Sylvias Augen leuchten, und ich befürchte, dass sie uns das mit dem Knautschen und dem Aufplöppen gleich mit dem nächsten Sushi-Röllchen vormachen wird.

"Ach so, nein, Ohrstöpsel bringen überhaupt nichts!" Gisela schüttelt resigniert den Kopf. "Egal ob Ohropax oder Latex. Das haben wir alles durch. Und warme Fußbäder. Und Salzspülungen. Und Pflaster. Vor allem Pflaster. Bringt nichts, gar nichts." Sie seufzt. "Pflaster musst du nur großzügig genug kleben. Dann ist auch Ruhe", rät Matilde und hält sich demonstrativ sowohl Mund als auch Nase zu. Seit sie von Jasmintee auf Sake umgestiegen ist, haben ihre Vorschläge einen schärferen Beigeschmack, doch das merkt Gisela nicht. "Nein, nur über die Nase. Es sind Nasenpflaster. Die vereinfachen das Luftholen." Sie nickt bestätigend. "Na ja, tun sie wohl nicht." Ich deute auf ihre Augenränder. "Heterobeziehungen!", schnauft Matilde und schenkt nach. "Immer diese Nummer von wegen ,wilde Tiere vertreiben'. Haha."

Gisela öffnet den Mund, um zu kontern, doch einer neuerlichen Debatte, ob es klug war, mit Gernot zusammenzuziehen, obwohl sie wusste, dass er schnarcht, kommt glücklicherweise Sylvias fröhlich gekreischtes "Delfine!" zuvor. "Delfine?", fragen wir, zum ersten Mal an diesem Abend im Einklang. "Ja, Delfine!", sagt sie begeistert. "Was um Himmels willen haben denn Delfine mit Schnarchen zu tun?", will ich wissen, denn ich frage mich, was Sylvia plötzlich an Tieren interessieren könnte. Also jenseits von Paarung und Balzen.

"Also, Delfine", sie lächelt verzückt, während sie das nächste Fischstückchen zwischen ihre Kiemen schiebt, "die stimulieren sich gegenseitig durch genitales Brummen." Sie leckt sich die Sojasoße von den Fingern. "Genitales Brummen?", wiederholen wir unsisono. "Mhm", bestätigt sie schmatzend. "Die legen ihren Kopf an das Genital des Partners und fangen an zu brummen. Und das macht sie unheimlich an." Sie scheint irritiert zu sein über unser Unverständnis.

"Ähhh", versucht Gisela einen Klärungsversuch, "ich meine: Gernot und ich - wir sind eigentlich keine Delfine." Sie schaut auf ihre Hände, als könnten da doch plötzlich Flossen sein. "Klar, ich weiß", sagt Sylvia. Jede andere Antwort hätte mich ehrlich gesagt beunruhigt. "Aber", fährt sie fort, "vielleicht klappts ja trotzdem. Also Gernots Kopf brummend an deinem Bauch. Ist doch schön. Und wenn es dich tatsächlich stimuliert, ist es wohl auch nicht mehr so schlimm, wenn du bei seinem Schnarchen nicht schlafen kannst." Sie kichert.

"Und das Frauen-Holz-Kollektiv", beschließt Matilde begeistert, "bekommt das Patent auf die Delfin-Betten. Zweisechzig auf zwei Meter. In T-Form." Sie macht sich dran, eine Skizze auf die Serviette zu zeichnen. Ich hingegen frage mich, ob ich diese furchtbare Kassette mit Delfin-Gesängen wirklich ausrangiert habe. Und wo zum Henker eigentlich mein Walkman mit dem Minilautsprecher liegt.

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