Deutsche Bank steigt bei Postbank ein: Das ungleiche Paar
Die Deutsche Bank übernimmt 30 Prozent der Postbank, ein späterer Komplettkauf ist nicht ausgeschlossen.
Was jahrelang misslang, glückt in der Krise nun binnen zwei Wochen: Nach der Übernahme der Dresdner Bank durch die Commerzbank ist der zweite Milliardendeal so gut wie vereinbart: Der Einstieg der Deutschen Bank bei der Postbank ist nach Informationen der Deutschen Presseagentur perfekt. Vereinbart sei ein Geschäft in zwei Stufen.
In der ersten Stufe soll die Deutsche Bank knapp unter 30 Prozent an der Postbank übernehmen, wie mehrere Zeitungen und Agenturen übereinstimmend berichteten. Der Kaufpreis dafür soll bei "mehr als 2,5 Milliarden Euro" liegen, hieß es.
Nach Informationen der Frankfurter Allgemeinen Zeitung wird die Deutsche Bank zwei Jahre Zeit für den Kauf der übrigen Anteile der Postbank bekommen. Die Deutsche Post und die Deutsche Bank verhandelten über einen bis zum Jahr 2010 reichenden Zeitplan, in dem beide Seiten unter genau festgelegten Bedingungen Verkaufs- und Kaufoptionen ausüben könnten. Die Marke Postbank solle erhalten bleiben, hieß es.
Die Deutsche Post mit Sitz in Bonn hält derzeit 50 Prozent plus eine Aktie an der Postbank. Deutsche Bank und Deutsche Post hatten am Mittwochabend fortgeschrittene Gespräche über eine Beteiligung des größten deutschen Finanzinstituts an der Postbank bestätigt. Am Donnerstagabend sollte sich das Präsidium des Aufsichtsrats der Post treffen, um das Ergebnis dieser Gespräche zu bewerten. Eine endgültige Entscheidung wird nach Einschätzungen aus Finanzkreisen am Freitagvormittag fallen, wenn das Gremium in voller Besetzung zusammenkommt. "Eine Annahme ist zu erwarten", hieß es.
Als weiterer Kandidat war bis zuletzt die spanische Bankengruppe Santander im Rennen um die Postbank gewesen, sie wollte aber laut Medienberichten das komplette Aktienpaket der Deutschen Post übernehmen und den freien Aktionären ein Angebot vorlegen. Deutsche-Post-Chef Frank Appel favorisiere die Deutsche Bank, wie das Handelsblatt berichtet, weil er sich spätere Kursgewinne für seine verbleibende Beteiligung an der Postbank erhoffe.
Die Postbank ist mit ihren zuletzt 14,6 Millionen Kunden die größte Privatkundenbank in Deutschland. Aktionärsschützer begrüßten das Geschäft. Damit sei die monatelange Unsicherheit endlich beendet.
Man kann die Geschichte auch so erzählen: Sie ist eine kühle und erfolgreiche Powerfrau, auf dem internationalen Parkett zu Hause, wegen manchmal zu demonstrativem Selbstbewusstseins und Profitstrebens nicht sehr beliebt, aufgrund ihres Erfolgs aber stets geachtet. Er hingegen ist bodenständig bis provinziell, war mal Beamter. Er wirtschaftet solide, kennt die Leute mit kleinen und mittlerem Einkommen, hilft gern beim Hauskauf und fühlt sich in kleinstädtischer Architektur wohler als in glitzernden Hochhaustürmen. Können diese beiden miteinander glücklich werden?
Ja, sagt zumindest Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann. "Wir haben immer gesagt, dass die Postbank strategisch gut passen würde", sagte er bereits am Mittwoch. Schließlich waren die beiden ja schon mal fast ein Paar. 2004 hatte es bereits Übernahmegespräche gegeben. Ausgerechnet in der Zeit, als die Postbank für ihren Börsengang warb, machte die damalige Regierung Schröder Druck. Der Wunsch: die Postbank, an der der Bund indirekt beteiligt ist, möglichst gewinnbringend versilbern, denn an der Börse war das Interesse geringer als erwartet. Gleichzeitig hätte man den nationalen Champion Deutsche Bank im Inlandsgeschäft noch stärker gemacht, damit dieser international mithalten kann. Das hat aber nicht geklappt, weil der damalige Postchef Zumwinkel zu viel Geld wollte.
Jetzt sind sich beide Seiten aber offenbar einig, möglicherweise wird schon an diesem Freitag der Deal im Post-Aufsichtsrat abgesegnet (siehe Spalte). Die beiden lassen es langsam angehen, erst mal nur knapp ein Drittel der Anteile will die Deutsche Bank erwerben. Doch dabei dürfte es nicht bleiben, die Post will ihre Bank ganz loswerden und sich nur noch auf Logistik spezialisieren. Und die Deutsche Bank ist eigentlich die letzte Chance für eine Fusion mit einen anderen Inlandsinstitut in absehbarer Zeit - und umgekehrt.
Schließlich haben sich rundherum die Banken schon zusammengeschlossen, viel Auswahl bleibt für beide nicht. Es gibt ja auch einen guten Grund für den Zusammenschluss, beide Banken ergänzen sich gut. Die Deutsche Bank ist stark im Investmentbanking und spielt auf den großen Börsenplätzen diese Welt. Das kann hohe Gewinne bringen, ist aber auch risikoreich, wie nicht erst die US-Hypothekenkrise gezeigt hat. In solchen Zeiten lernt man das Kleinvieh zu schätzen - die Privatkunden mit ihren Girokonten, Sparplänen und Konsumkrediten. Damit lässt sich gutes Geld verdienen, wie die Postbank zeigt: Zwar hat die Finanzmarktkrise die Halbjahresbilanz mit gut 300 Millionen Euro belastet. Aber am Ende stand noch immer ein Plus von 337 Millionen Euro, am Jahresende soll der Gewinn wieder bei gut einer Milliarde Euro liegen. Die Bank setzt auf ein Stammkundenkonzept mit dem Namen "Next step". 4,7 Millionen sind es bereits, bis Ende 2010 sollen 5,2 Millionen sein - Wachstum Schritt für Schritt, alles ohne windige Bündelprodukte mit wackligen Krediten.
Allerdings bliebt die Frage, was die Postbank selbst von dem Einstieg der Deutschen Bank haben wird. Nichts, außer dem Verlust von Arbeitsplätzen, befürchten die zuständigen Gewerkschaften Ver.di und DPV und verweisen auf die geplanten Stellenstreichungen durch die Übernahme der Dresdner Bank durch die Commerzbank. Die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat der Deutschen Post werden einen Verkauf ablehnen, sagte Ver.di-Chef Frank Bsirske gestern. Ein Sprecher von Ver.di erklärte zudem, dass die Mitglieder auch zum Streik bereit wären, wenn ihnen keine verbindlichen Zusagen zur Arbeitsplatzsicherheit gemacht würden.
Ähnlich äußerte sich auch die DPV, in der unter anderem 12.000 Beamte organisiert sind, die noch in der Postbank arbeiten. Sollte sie einmal vollständig in einer anderen Bank aufgehen, müssten diese anderweitig eingesetzt werden. Wo, sei völlig offen, erklärte die Gewerkschaft. Deshalb müsse die Postbank rechtlich Sondervermögen des Bundes bleiben. Andernfalls werde die Gewerkschaft die betroffenen Beamten bei einer Verfassungsklage unterstützen.
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