Deutsche Bank übernimmt Postbank: Jetzt das Konto wechseln?
Eine Übernahme der Postbank durch die Deutsche Bank scheint perfekt. Also schnell das Konto wechseln? Das ist nicht das Ding der Klientel. Denn die ist laut Umfrage eher inaktiv.
Das Ende der Bundespost, na gut. Der Umbau zur Aktiengesellschaft, hmhm. Die Ausrichtung auf den Kapitalmarkt, der Gang an die Börse, grummelgrummel. Kleine Leute haben viel Geduld und lassen so einiges mit sich machen. Muss ja, und was soll man schon tun?
Auch den Wandel der geliebten, nervigen Postsparkasse zur durchgestylten Postbank konnte man schlucken, auch wenn es schon ein bisschen traurig war, wie mit den Beamten hinter den Schaltern auch das besondere Klima verschwand, mit dem die Post so lange der Zurichtung für den Wettbewerb getrotzt und dem Geldgeschäft ein allzu menschliches Antlitz verliehen hatte. Immerhin bekannte sich doch jeder neue Vorstandschef zum Geschäft mit den Kleinkunden, das heute "inländisches Retailbanking" heißt. Alles andere wäre ja auch dumm angesichts von 14,6 Millionen Normalverdienern, die der Bank in diesem Jahr wohl eine Eigenkapitalrendite von an die 20 Prozent einbringen werden.
Ganz fiese Geschäfte, mit denen man nichts zu tun haben möchte, machte die Postbank bislang auch nicht. Und sich ewig den Kopf zerbrechen über wirklich ethisch arbeitende Geldinstitute und dann womöglich auf Onlinebanking umsteigen müssen, ist doch wohl etwas viel verlangt für die paar Euro fuffzig, die man auf dem Sparbuch hat. Alles in allem waren das blaue Postsparbuch und das kostenlose Girokonto schon in Ordnung.
Aber jetzt, das geht zu weit. Ausgerechnet der Deutschen Bank hat sich die Postbank an den Hals geschmissen. Und das ohne Not! Um den Einstieg schlimm zu finden, muss man gar nicht die Verstrickungen der Deutschen Bank ins NS-Regime und bei der Arisierung jüdischen Vermögens unter Hermann Josef Abs bemühen, der die Bank auch nach ihrer Wiedergründung 1957 führen durfte. Auch aktuell gibt es genug Gründe, dem deutschen Marktführer nicht mal das kleinste bisschen Geld zur Verfügung zu stellen. Schließlich arbeitet er schon mit den Vermögen verbrecherischer Diktatoren und führt beispielsweise dem Regime in Turkmenien die Konten. Und auch die Geschäfte, die die Deutsche Bank mit dem Geld finanziert, gehören verboten: Sie ist an EADS beteiligt, dem Konzern, der nicht nur den Airbus baut, sondern auch Trägerraketen für Atomwaffen und Raketenwerfer für Streumunition. Sie investiert in die Energieproduktion aus Palmöl, für dessen Produktion Regenwälder abgeholzt werden müssen. Und nebenbei hat sie auch bei der Entstehung der Immobilienblase in den USA mitgewirkt, deren Platzen nicht nur tausende Hausbesitzer, sondern auch die Weltwirtschaft in Angst und Schrecken versetzt.
Alles in allem steht die Deutsche Bank für nicht weniger als Skrupellosigkeit, Gier und Arroganz. Unvergessen der Auftritt von Vorstandschef Josef Ackermann mit den zum V gespreizten Fingern vor dem Mannesmann-Prozess. Ungeschlagen seine Ankündigung Ende 2007, dass die Bank einen Gewinn von 2,5 Milliarden Euro erwirtschaftet habe und außerdem 6.500 Menschen entlassen werde.
Einer Umfrage des Manager Magazins zufolge benimmt sich übrigens jeder Mitarbeiter der Deutschen Bank wie ein "kleiner Ackermann". Was hat man als kleiner Kunde in diesem Laden also zu erwarten? Den erneuten Versuch, eine Zweiklassengesellschaft zu schaffen wie anno 1999, als sie das "Geschäft mit dem Kleinvieh" in die Bank 24 auslagerte?
Nein. Liebe Postbank, das wars. Die überstrapazierte Sparerin sagt Tschüss! und wandert ab. Denn es gibt Alternativen. Die Sparkassen außerhalb von Berlin zum Beispiel, die immer noch öffentlich-rechtlich sind und es trotz aller Torpedierungsversuche aus dem neoliberalen Lager hoffentlich auch bleiben werden. Die genossenschaftlich organisierten Volksbanken, die ihren Konsolidierungsprozess hinter sich gebracht haben.
Oder gleich ein Wechsel zu einer der alternativen Banken? Konsequent umdenken, auf Filialnähe verzichten, dafür aber ein richtig gutes Gewissen? Das wäre was. Erfordert aber ein bisschen Aufwand, wenn man es ganz ernst meint. Schließlich sind die meisten Geldinstitute längst so vernetzt, dass es keine absolute Trennschärfe mehr gibt, wo welches Geld herkommt und hingeht. Für eine passgenaue Lösung sind Eigeninitiative und Recherche gefragt.
Hm. Initiative? Selbst was tun? Zwei Drittel der Postbankkunden gelten als sogenannte inaktive Kunden. Sie lassen sich nicht gern von Geldfragen behelligen. Und die Deutsche Bank will wohl auch erst mal nur ein Drittel der Anteile. Eine Spontanumfrage im direkten Umfeld ergab: Viele der Postbankkunden wollen doch erst mal abwarten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pelicot-Prozess und Rape Culture
Der Vergewaltiger sind wir
100 Jahre Verkehrsampeln
Wider das gängelnde Rot
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Baerbock warnt „Assads Folterknechte“
Trendvokabel 2024
Gelebte Demutkratie
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt