Machtkampf zwischen Morales und der Opposition: Bolivien beklagt die ersten Toten
Im Machtkampf zwischen Regierung und Opposition sterben mindestens acht Menschen. In den diplomatischen Streit mit den USA mischt sich jetzt auch Venzuelas Präsident Chavez ein.
Beim Konflikt in Bolivien zwischen dem linken Präsidenten und der Opposition in den wohlhabenden Provinzen hat es am Donnerstag die ersten Toten gegeben: In der nördlichen Provinz Pando gerieten Anhänger und Gegner von Präsident Evo Morales aneinander. Über die stundenlange Schießerei bei der Provinzhauptstadt Cobija gab es widersprüchliche Berichte. Mindestens acht Menschen starben, davon sechs Kleinbauern und zwei Funktionäre der Provinzregierung. Über 30 Personen wurden verletzt. Die Regierung rief eine eintägige Staatstrauer aus.
Die oppositionellen Gouverneure der übrigen Tieflandprovinzen reagierten unterschiedlich. Während Rubén Costas aus Santa Cruz den Staatschef als "Völkermörder" beschimpfte, forderte Mario Cossío aus Tarija Morales auf, "Datum, Uhrzeit und Ort" für einen Dialog festzulegen. In Beni einigte sich Ernesto Suárez mit dem örtlichen Armeechef auf einen "Waffenstillstand". In der östlichen Provinzhauptstadt Santa Cruz gelang es der Polizei, einen Angriff rechtsextremer Jugendlicher auf das Armenviertel Plano Tres Mil abzuwehren, einer Hochburg der Regierungsanhänger. Die katholischen Bischöfe riefen dazu auf, die "Gewaltspirale" zu stoppen.
Auch international standen die Zeichen auf Sturm. Als Reaktion auf die Ausweisung des US-Botschafters am Vortag erklärte das Außenamt in Washington den bolivianischen Diplomaten Gustavo Guzmán ebenfalls zu unerwünschten Person. Daraufhin forderte Venezuelas Staatschef Hugo Chávez "aus Solidarität mit Bolivien" den US-Botschafter in Caracas auf, das Land "innerhalb von 72 Stunden" zu verlassen. Auch Venezuelas Mann in Washington rief er zurück. "Die Mächtigen der Welt werden uns erst respektieren, wenn wir mit einer Stimme sprechen", rief er vor jubelnden Anhängern in der Provinz Carabobo: "Scheißyankees, fahrt hundertmal zur Hölle!" Direkt an Boliviens Militärs richtete Chávez einen "Aufruf": "Wenn Evo gestürzt wird, wenn Evo umgebracht wird, glauben Sie mir, dann hätte ich grünes Licht, um eine bewaffnete Bewegung in Bolivien zu unterstützen."
Argentiniens Außenministerium appellierte unterdessen an die oppositionellen Gouverneure, "die Gewalttaten in ihren Provinzen zu bremsen". In Brasília erklärte Marco Aurélio Garcia, der außenpolitische Berater von Präsident Lula da Silva: "Wir hoffen auf eine schnelle Lösung, um einen Bürgerkrieg zu verhindern." Zuvor hatte Lula in einem Telefongespräch Morales überredet, noch am Donnerstag eine Vermittlungsmission von Diplomaten aus Brasilien, Argentinien und Kolumbien zu empfangen. Eine brasilianische Maschine stand schon bereit, doch dann machte La Paz einen Rückzieher. Die staatliche Agentur Agência Brasil meldete, im Telefonat mit Lula habe sich Morales "pessimistisch" über ein Abkommen mit der Opposition gezeigt: "Er hofft auf eine Mobilisierung der sozialen Bewegungen zur Verteidigung seiner Regierung."
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