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Kommentar FinanzkriseBitte blättern Sie weiter ...

Kommentar von Arno Frank

... es gibt hier nichts zu Lesen. Es gibt übrigens auch keine Bankenkrise. Alles ist im Lot, nur keine Panik! - Warum uns die Rhetorik der Beschwichtigung zu Denken geben sollte.

Können Sie sich vorstellen, wenn wir nicht nur die Schlangen gesehen hätten da in London, Schlangen vor Filialen von Northern Rock. Und welche Vorstellung ein deutscher Politiker haben muss, die da lautet, du musst solche Fotos in Deutschland um jeden Preis vermeiden. Warum? Weil daneben die Fotos aus den Zwanzigerjahren gesetzt werden. Das sind andere historische Bezüge und Analogien. Und das ist die Verantwortung." - Peer Steinbrück, Bundesfinanzminister, im Deutschlandfunk

Wann mir erstmals dämmerte, dass diese ferne Finanzkrise auch mich etwas angehen könnte? Das weiß ich noch, als ob es gestern gewesen wäre: Es war gestern, als ich beim Frühstück ein Radio-Feature mit dem Titel "Von der Finanz- in die Vertrauenskrise" hörte. So war der Beitrag angekündigt, "Von der Finanz- in die Vertrauenskrise", Punkt, ohne das übliche Fragezeichen am Ende, das gemeinhin darauf hinweist, am Ende könne ja alles auch halb so wild werden.

Am Abend zuvor noch hatte ich zufällig einen Broker bei JP Morgan Chase kennen gelernt, der auf meine Frage, ob ihn die aktuelle Krise nicht beunruhige, mit dem gleichmütigen Schulterzucken jener antwortete, die ihre Schäfchen im Trockenen haben: "Naja, ich werde wohl nicht schon in zwei, sondern wahrscheinlich erst in vier Jahren in den Ruhestand gehen". Der Mann war 35 Jahre alt, und ich dachte mir: Sooo schlimm kann's also nicht sein.

Dann aber, beim Frühstück, hörte ich unserem Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) beim Beschwichtigen zu - und bekam es wirklich mit der Angst zu tun.

Da doch das Beschwichtigen - neben dem Fordern - zu den Kernkompetenzen eines jeden Politikers zählen sollte, klang Steinbrücks zusammenhangloses Gestammel besonders bedrohlich. Der Minister redete von "Schlangen", die sich vor Banken bildeten, von "Bildern", die unbedingt zu vermeiden seien, und stellte die unbedingt zu vermeidenden, aber offenbar doch unvermeidlichen "historische Bezüge und Analogien" zum Börsencrash der Zwanzigerjahre dann im nächsten Satz eigenverantwortlich selbst her.

Was erzählte der da eigentlich? Mir jedenfalls kam es vor, als erkläre der 1. Offizier der "Titanic" über Bordlautsprecher mit zitternder Stimme: "Liebe Passagiere, auch wenn Sie schon vom Wassereinbruch in unserem Maschinenraum gehört haben, wollen wir doch Ruhe bewahren und nicht gleich Schwimmwesten überstreifen und die Rettungsboote stürmen. Es liegt in meiner Verantwortung, solche hässlichen Bilder zu vermeiden". Aber hätte es nicht eigentlich in seiner Verantwortung gelegen, den Crash zu vermeiden?

Routinierter klang diese Beschwichtigungsrhetorik da schon aus dem Mund von Heinrich Haasis, Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes, als er am Freitag verkündete: "Wer sein Geld hier angelegt hat, sei es bei Sparkasse, Volksbank oder deutscher Privatbank, muss sich keine Sorgen machen", wobei ihm dann doch noch rausrutschte, die Lage sei "ernst", es gebe aber "keinen Grund zur Panik", weil Panik nämlich Schlangen vor den Filialen bedrohter Banken bedeuten würde.

Das seit Monaten andauernde Wechselbad aus alarmierenden und besänftigenden Nachrichten jedenfalls wirkt: 56 Prozent der Bundesbürger gehen inzwischen davon aus, dass die Finanzkrise die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland stark beeinflussen wird. Einer Umfrage unter 1.004 Bundesbürgern zufolge sei der Pessimismus unter den 30- bis 44-Jährigen besonders ausgeprägt, in dieser Altersgruppe erwarteten sogar 65 Prozent starke Effekte der Krise auf die deutsche Wirtschaft. Über eine Veränderung des eigenen Sparverhaltens hätten bereits 32 Prozent der Befragten nachgedacht.

Unterdessen ahnt Michael Hüther, Leiter des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), angeblich schon das Ende der Krise: "Ich denke, es ist das große Finale - allerdings kein kurzes Finale, sondern eher wie bei einer Wagner-Oper, mit viel Tamtam und großem Tusch".

Tamtam, soso. Ich werde also am Montag besser mal gleich zum Bankautomaten eilen, all mein Geld abheben. Wenn die Schlange nicht zu lang ist. Tusch.

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Inlandskorrespondent

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