Hapag-Lloyd: Jobgarantie statt Ausverkauf
"Sieg über die Geldgier": Bei der Containerreederei Hapag-Lloyd herrscht eitel Sonnenschein. Ihr Erwerb durch ein Hamburger Konsortium macht Investoren, Beschäftigte, Gewerkschaften und Politiker glücklich
Die Freude ist groß beim Betriebsrat. "Froh und erleichtert" sei er, sagt Dieter Lübkemann, Vorsitzender des Gesamtbetriebsrats bei Hapag-Lloyd. Der Verkauf der Reederei an das Hamburger Konsortium "Albert Ballin" sei "die deutlich bessere Perspektive für das Unternehmen", heißt es in einer Erklärung des Betriebsrats vom gestrigen Montag. Ballin hatte die 1847 gegründete Reederei als Generaldirektor von 1899 bis 1918 zur damals weltgrößten Schifffahrtslinie gemacht. Aktuell ist Hapag-Lloyd mit einem Umsatz von sechs Milliarden Euro in 2007 die fünftgrößte Containerreederei weltweit mit 8.400 Beschäftigten, davon 2.000 in der Hamburger Zentrale.
Von der jetzigen Chefetage gab es gleich noch eine Jobgarantie obendrauf. Einen Abbau von Arbeitsplätzen könne er "zu 100 Prozent ausschließen", sagte der Vorstandvorsitzende von Hapag-Lloyd, Michael Behrendt, der DPA. Finanzkrise hin oder wirtschaftlicher Abschwung her - "wir sind schlank aufgestellt", so Behrendt.
Am Tag nach der Entscheidung des Mutterkonzerns TUI am Sonntagabend, die 161 Jahre alte Reederei zu zwei Dritteln an die Hamburger Investorengruppe zu verkaufen, herrschte eitel Freude in Firmenzentrale am Ballindamm an der Hamburger Binnenalster. Der Konkurrent NOL aus Singapur habe ja "angedeutet", dass er durch den Kauf Synergien von 400 Millionen Euro erzielen wollte. "Das war ein eindeutiges Signal, dass es bei Hapag-Lloyd ans Personal gehen sollte", rief Lübkemann in Erinnerung. NOL hatte erst am Freitag sein Kaufangebot zurückgezogen und damit im monatelangen Bieterkampf den Weg für die so genannte Hamburger Lösung frei gemacht (siehe Kasten).
Der Kampf gegen den "Ausverkauf nach Asien hat sich gelohnt", resümierte gestern der Betriebsrat. Das sei "ein Sieg der Beschäftigten bei Hapag-Lloyd", befand Wolfgang Rose, Landesvorsitzender der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di. Damit hätten sie sich erfolgreich, fügte er in bester Klassenkampfrhetorik an, "weltweit der Geldgier der Großaktionäre widersetzt".
"Mit dem Erwerb haben wir unser Ziel erreicht, Hapag-Lloyd als eigenständige Reederei mit Sitz in Hamburg zu erhalten", sagte Christian Olearius, Vorstandschef des Bankhauses Warburg und einer der Sprecher des Konsortiums. "Hapag-Lloyd kann nun unabhängig von Konzerninteressen agieren." Der frühere Hamburger CDU-Finanzsenator Wolfgang Peiner sagte: "Uns ist es gelungen, im Bieterkonsortium eine glückliche Verbindung privatwirtschaftlicher und öffentlicher Interessen herzustellen. Die Reederei ist ein attraktives Investment, und die Hansestadt Hamburg erlangt Sicherheit in standortpolitischen Fragen. Zugleich ist der Verkauf eine Lösung im Sinne der Arbeitnehmer von Hapag-Lloyd."
Die Investoren des Konsortiums sind der Transport- und Logistikunternehmer Klaus-Michael Kühne (Kühne & Nagel), die Versicherungen Hanse Merkur und Signal Iduna sowie die Banken HSH Nordbank und M. M. Warburg. Mit im Bunde ist auch die Stadt Hamburg selbst. Über die städtische Hamburger Gesellschaft für Vermögens- und Beteiligungsmanagement mbH (HGV) erwirbt der Senat der Hansestadt für 484 Millionen Euro einen Anteil von etwa 23 Prozent an dem Unternehmen.
Der Gesamtpreis für Hapag-Lloyd steht indes noch nicht fest. Der in ersten Meldungen am Sonntagabend genannte Preis von 4,45 Milliarden Euro beziffert den hundertprozentigen Unternehmenswert der Reederei samt ihren 133 Schiffen, dem Hamburger Firmensitz, diversen Grundstücken sowie den Beteiligungen an den Containerterminals in Hamburg-Altenwerder und dem kanadischen Montreal.
Von dieser Summe abzuziehen sind Schulden von 1,3 Milliarden Euro, jeweils 150 Millionen Euro für Dividenden des laufenden Jahres und Grundvermögen sowie jeweils 75 Millionen Euro an Pensionsverpflichtungen und anderen Verbindlichkeiten. Demnach belaufen sich die Vermögenswerte auf insgesamt rund 2,7 Milliarden Euro. Zugleich aber kauft die Verkäuferin TUI von Albert Ballin einen Anteil von 33,3 Prozent für 700 Millionen Euro zurück. Für diesen hat das Konsortium in 2012 ein Vorkaufsrecht, falls es Hapag-Lloyd zur Gänze übernehmen will. Das alles sei, räumt selbst Peiner ein, "nur sehr kompliziert zu erläutern".
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