Kleiner iPhone-Bruder "Googlephone": Taxiruf per GPS
Vorbild iPhone: Das "Googlephone" ist seit Herbst in den USA erhältlich. Das Angebot an Programmen ist vorerst übersichtlich. 2009 soll es auch bei uns zu kaufen sein.
BERLIN taz Früher waren Handys eine relativ langweilige Angelegenheit: Man konnte sich zwar hier und da für teures Geld im Abonnement neue Klingeltöne oder einfache Spiele herunterladen, doch die Software-Vielfalt, wie man sie vom heimischen PC her kannte, war unterwegs nicht verfügbar. Das änderte sich in den letzten Monaten, nach dem ein Anbieter nach dem anderen eigene Vertriebsplattformen für neue Programme aufgebaut hat. Gemeinsam ist diesen Angeboten, dass man direkt vom Handy aus alle möglichen Anwendungen auswählen, herunterladen und installieren kann - die Verwendung schneller Mobilnetze wie UMTS macht das nun erstmals möglich.
Eine der interessantesten Plattformen ist Googles Handy-Betriebssystem "Android". Das erste Mobiltelefon mit der Technik des Suchmaschinen-Konzerns ist seit diesem Herbst in Amerika verfügbar. Das "G1" vom taiwanesischen Hersteller HTC, der das auch gerne als "Googlephone" bezeichnete Gerät über das Netz von T-Mobile vertreiben lässt, soll Anfang 2009 auch in Deutschland verfügbar sein und zeigt, wie die Zukunft mobiler Anwendungen aussehen könnte.
Googles eindeutiges Vorbild in Sachen Software-Vertrieb ist dabei Apples so genannter "App Store" für sein populäres iPhone. Das wurde auch klar, als die Firmengründer Sergey Brin und Larry Page das Googlephone erstmals öffentlich vorführten: Statt den echten Namen des Software-Ladens zu nutzen, der offiziell "Android Market" heißt, hieß es in der Presseveranstaltung ständig "App Store".
Wie bei der Apple-Technik auch wählt man auf dem Handy eine eigene Anwendung aus, die eine Übersicht über die verfügbaren Programme bietet. Das Angebot ist derzeit noch deutlich kleiner als beim iPhone, in dem es mehrere Tausend Anwendungen zu bestaunen gibt. Googlephone-Fans mussten sich anfangs mit rund 50 Programme begnügen, inzwischen ist die Anzahl immerhin dreistellig. Entscheidender Unterschied ist derzeit noch das Vertriebsmodell: Alle verfügbaren Android Market-Programme werden kostenlos angeboten, erst nach und nach will Google auch mit dem Verkauf starten. Beim iPhone zahlt man hingegen zwischen 79 Cent und maximal 999 Euro, wobei die wenigsten Programme für mehr als 10 Euro verkauft werden.
Anwendungen werden außerdem leichter in den Android Market übernommen als in Apples App Store: Während beim iPhone jedes Programm zunächst begutachtet wird, bevor es zugelassen werden kann, erlaubt Google das Einstellen ohne große Kontrolle. Im Gefahrenfall kann der Internet-Konzern einzelne Anwendungen allerdings zurückrufen lassen und aus der Ferne vom Handy löschen.
Neben Spieleklassikern wie "Pac-Man" bietet der Googlephone Software-Laden einige innovative Anwendungen, von denen es in den nächsten Monaten noch viele geben dürfte. So kombiniert "Cab4Me" den GPS-Navigationschip des Handys mit dem Internet-Zugang, um dem Nutzer ein Taxi an den aktuellen Ort zu rufen, was derzeit allerdings nur in einigen US-Städten funktioniert. "iSkoot" bietet den Zugang zum Sprachdienst Skype von unterwegs aus an, was beim iPhone schon allein deshalb nicht funktionieren würde, weil Apple den Zugriff auf Telefoniefunktionen stark einschränkt. Smart ist auch ein Tool, mit dem sich Barcodes lesen lassen: Steht man mit seinem Googlephone im Supermarkt vor dem Regal, kann man über das Internet nähere Details zu einem Produkt anfordern, in dem man die Identifikationsnummer mit Hilfe der eingebauten Kamera ausliest. Google selbst sorgt dafür, dass sich mehr Entwickler für die Plattform interessieren: Ein Programmierwettbewerb, bei dem es sechsstellige Beträge zu gewinnen gab, brachte einige innovative Anwendungen.
Neben der Möglichkeit, ständig frische Software zu entdecken und damit die Funktionalität des Handys zu erweitern, macht die neue Vielfalt für den Geräte-Besitzer aber auch etwas mehr Umstände als früher. Ähnlich wie vom PC bekannt, müssen sich Käufer solcher Smartphones regelmäßig um Sicherheitsaktualisierungen kümmern und selbst die Notwendigkeit von Virenscannern ist in den nächsten Jahren zu erwarten. Wie wichtig ein ordentliches Maß an Sicherheitsbewusstsein ist, zeigte sich schnell beim G1: Obwohl das Googlephone erst wenige Wochen auf dem Markt war, hatten Experten bereits ein größeres Software-Leck entdeckt. Darüber wäre es Angreifern unter anderem möglich gewesen, auf alle E-Mails und SMS-Botschaften auf dem Gerät zuzugreifen und möglicherweise sogar Verbindungen zu belauschen. Eine Aktualisierung, die sich einfach installieren lässt, schloss die Lücke inzwischen. Sie wird direkt aufs Handy geschickt - natürlich per Handy-Internet.
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