Öffentlicher Dienst: Ämterstreik lässt Bürger zittern
Der Streik im öffentlichen Dienst kann für MigrantInnen existenzbedrohend werden, wenn sie Fristen bei der Ausländerbehörde verpassen, sagt die Grüne Bilkay Öney.
Die Folgen des Streiks im öffentlichen Dienst werden für die BerlinerInnen zunehmend spürbar. Wer sich vorschriftsgemäß nach Umzügen ummelden oder in der korrekten Frist einen neuen Ausweis beantragen will, hat das Nachsehen. Besonders betroffen seien MigrantInnen, sagt die integrationspolitische Sprecherin der Grünen im Abgeordnetenhaus, Bilkay Öney. Denn der Streik, an dem auch die MitarbeiterInnen der Ausländerbehörde beteiligt sind, behindere Eheschließungen, Familienzusammenführungen sowie die Verlängerung oder das Ausstellen wichtiger Dokumente.
Viele MigrantInnen seien aufgrund ihrer Aufenthaltssituation dazu gezwungen, mit der Ausländerbehörde zusammenzuarbeiten, erklärt die Grüne. "Und die Angestellten dort sind ziemlich streng!" So bestehe das Ausländeramt darauf, dass Betroffene fristgerecht ihre Unterlagen einreichen - etwa wenn sie ihren Aufenthaltstitel verlängern müssen. "Und da wird offenbar auch während des Streiks kein Auge zugedrückt", so Öney. Dabei sei es wegen der häufigen Arbeitsniederlegungen derzeit kaum möglich, Fristen einzuhalten. Dadurch kämen insbesondere Flüchtlinge mit nur kurzfristiger Duldung in Schwierigkeiten. "Wir sind dafür, dass die Angestellten bessere Arbeits- und Einkommensbedingungen bekommen", sagt Öney. Doch das könne nicht auf dem Rücken der MigrantInnen ausgetragen werden, für die es oft "um ganz wichtige Lebensfragen" gehe.
Auch unter Eltern wächst der Unmut über den Streik. Schulen und Kitas, anfangs nur tageweise bestreikt, gehen am heutigen Montag zum zweiten Mal in längeren Ausstand. Nachdem vor den Herbstferien schon vier Tage am Stück gestreikt wurde, legen ErzieherInnen und angestellte LehrerInnen jetzt die Arbeit für sechs Arbeitstage nieder.
Vor allem für Kitas und Grundschulen bedeutet das Probleme bei der Gewährleistung der Betreuung der Kinder - viele bitten die Eltern deshalb darum, die Kinder gleich ganz zu Hause zu behalten. Deren Verständnis für die Streikziele der PädagogInnen ist zwar groß, doch ebenso groß ist mittlerweile die Unzufriedenheit mit den Belastungen, die vor allem berufstätigen Eltern zugemutet werden. "Natürlich bin ich dafür, dass LehrerInnen und ErzieherInnen besser bezahlt werden", sagt eine berufstätige Mutter, deren Kind eine Ganztagsgrundschule in Kreuzberg besucht. "Doch langsam mache ich mir Sorgen um meinen eigenen Arbeitsplatz." Als Alleinerziehende reichen ihre Urlaubstage gerade zur Abdeckung der Hälfte der Ferienzeiten ihres Kindes aus: "Urlaub außerhalb der Schulferien zu nehmen ist deshalb ganz ausgeschlossen." Ein Grundschulkind eine Woche lang allein zu Hause zu lassen jedoch auch.
An der Schule der Mutter haben die Eltern die Beschäftigten deshalb gebeten, nach gemeinsamen und familienfreundlichen Protestformen gegen die Tarifpolitik des Senats zu suchen, eine Idee, die auch in E-Mail-Foren engagierter Eltern derzeit diskutiert wird. Doch viel Hoffnung auf Kooperationsbereitschaft vonseiten der PädagogInnen und ihrer Gewerkschaft findet sich dort nicht. Und auch an der Kreuzberger Grundschule ist der Erfolg des Elternvorschlags noch unsicher: "Wie ein gemeinsames Vorgehen aussehen könnte", sagt die Mutter, "wird noch diskutiert."
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