Volleyballkapitän über Spielersolidarität: "Das war hart"
Wenn man den Schuldigen nicht kennt, dann muss einer gefunden werden, sagt Gergely Chowanski, Kapitän bei den Wuppertal Titans. Die Volleyballspieler weigerten sich einen Mitspieler auszuschließen.
Ein Vorfall, wie er im deutschen Sport ohne Beispiel ist: Nach der 0:3-Heimpleite gegen den TV Rottenburg verkündete Manager Thorsten Westhoff, Manager der Erstligavolleyballer von den Wuppertal Titans, man werde sich von einem Spieler trennen: "Wer das sein wird", so Westhof weiter, "werden die Spieler selbst entscheiden." Drei Tage nach dieser Ankündigung wurde bei einer Pressekonferenz vermeldet, dass niemand gefeuert wird. Die Mannschaft hatte sich solidarisiert und einen kompletten Rückzug angedroht. Kapitän Gergely Chowanski über ein außergewöhnliches Prozedere.
taz: Herr Chowanski, nach dem Schweigegelübde, das Ihnen auferlegt worden ist, dürfen Sie jetzt wieder reden: War es für Sie ein Schock, als Sie dazu aufgefordert wurden, einen Ihrer Kollegen zu eliminieren?
Gergely Chowanski: Schock würde ich nicht unbedingt sagen. Aber ungewöhnlich war das schon. Im Übrigen mussten wir uns bei unserer Nominierung nicht auf einen Mitspieler beschränken. Es konnte auch der Manager oder der Trainer sein.
Wie kam es zu diesem Vorgehen?
Es war wie im alten Rom: Wenn man den Schuldigen nicht kennt, muss einer gefunden werden, der Schuld hat. Und so war das auch bei uns.
Wie ist die Klausurtagung am Montag konkret gelaufen? Stand ein Spieler, der Trainer oder der Manager auf der Kippe?
Wir haben uns getroffen, und jeder hat in einem Kurzgespräch mit unserem Manager mitgeteilt, wen er nominiert, damit es in der großen Runde keine Retourkutschen gibt. Nach dem Motto: Du hast mich nominiert, jetzt nominier ich dich zurück. Später sind dann vor allen die Nominierungen vorgelesen worden.
Klingt ganz schön hart.
Das war auch hart. So etwas habe ich in dieser Schonungslosigkeit noch nie erlebt. Das kann man auch nicht wiederholen.
Sie haben schließlich ohne Manager und Trainer eine Solidarhaltung entwickelt, indem Sie mitteilten: Entweder alle oder keiner. Hätten Sie diesen Schulterschluss nicht früher vollziehen können?
Das war in einigen Spielerköpfen drin, aber unser Manager hat von Anfang an gesagt, dass jeder mitmachen muss. Seine Drohung: Wer nicht nominiert, fliegt sofort.
Halten Sie es für ethisch-moralisch vertretbar, von einer Mannschaft zu verlangen, in dieser Art über Kollegen zu richten?
Das ist eine knifflige Frage. Im Dschungel-Camp, bei Big Brother oder so einem Kram wählen sich die Leute ja auch gegenseitig raus, und die Leute rufen auch noch an. Also ich hätte diesen Weg nicht gewählt, weil ich andere Vorstellungen habe. Aber im Nachhinein muss ich sagen: Es war eine Erfahrung.
Ihr Management hat versucht, eine schwierige Personalentscheidung nach unten zu delegieren. Haben die Wuppertal Titans ein Hierarchieproblem?
Nein, das denke ich nicht. Unser Manager stand vor dem Dilemma, dass er jeden hätte entlassen können, weil keiner von uns seine Leistung gebracht hat. Er wusste nicht, wer der Störenfried oder der Schlüssel zum Misserfolg ist, und hat deshalb alle eingebunden. Das kann ich nachvollziehen.
Hat die Mannschaft durch diese außergewöhnlichen Vorgänge zueinandergefunden?
Für das Vertrauen untereinander war das auf alle Fälle förderlich. Wir haben uns menschlich aufeinander zubewegt. Ob wir jetzt höher springen oder mehr Bälle retten, wird die Zukunft weisen. Doch eins ist klar: Ab sofort werden wir an dieser Aktion gemessen.
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