Kandidaten-Wahl in Hessen: Ein bisschen Tumult

Trotz einiger tumultartiger Szenen demonstriert die hessische Linkspartei auf ihrem Parteitag Geschlossenheit. Auch die Grünen sind zuversichtlich, von der Krise der SPD zu profitieren.

Gregor Gysi auf dem außerordentlichen Parteitag der hessischen Linken in Flörsheim. Hier sollten die Delegierten über die Aufstellung der Landesliste entscheiden. : dpa

Die Linke hofft, aus dem Desaster um die Regierungsbildung in Hessen gestärkt hervorzugehen und bei der Landtagswahl am 18. Januar kommenden Jahres ihr Ergebnis von 5,1 Prozent zu steigern. Auf einem außerordentlichen Landesparteitag in der Stadthalle von Flörsheim am Main wurde Willi van Ooyen trotz zweier Gegenkandidaten mit 93,4 Prozent der Stimmen wiedergewählt.

Allerdings kam es zu tumultartigen Szenen, als ein Mitglied der Landtagsabgeordneten Marjana Schott "Mobbing" und "blinden Kadavergehorsam" vorwarf. Dem Redner wurde daraufhin das Saalmikrofon entrissen; mehrere Delegierte stürmten laut schimpfend auf ihn zu und versuchten zudem, ein Fernsehteam des Hessischen Rundfunks daran zu hindern, diese Szene aufzunehmen. Fast hätte sich eine Schlägerei entwickelt.

Zwar glätteten sich schnell die Wogen, doch war in mehreren Redebeiträgen der Unmut eines Teils der Basis über jüngst bekannt gewordene Vorwürfe zu vernehmen, dass einige Mitglieder bespitzelt worden seien.

Der Landesvorsitzende Ulrich Wilken forderte mehr Fairness im Umgang miteinander. Wilken, der ebenfalls gegen zwei Protestler, die mehrfach für Listenplätze kandidierten, antreten musste, setzte sich mit 71,3 Prozent der Stimmen für den vierten Listenplatz durch.

Einstimmig beschlossen wurde das Wahlprogramm. Es bleibt in vielen Teilen unverändert, enthält aber als Reaktion auf die Finanzkrise die Forderung, alle privaten Banken zu verstaatlichen. "Wir lassen dem Kapitalismus keinen freien Lauf", sagte Wilken. Keine Mehrheit fand ein Antrag, die Linke solle die Opel-Arbeiter zur Werksbesetzung mit dem Ziel aufrufen, den Betrieb der Belegschaft zu übereignen. Ebenfalls abgelehnt wurde die Forderung, Opel nur eine Staatsbürgschaft zu gewähren, wenn der Konzern seine Produktion auf Fahrzeuge für den öffentlichen Nahverkehr umstellt.

Stehende Ovationen gab es für die Rede des Fraktionsvorsitzenden im Bundestag, Gregor Gysi. Für ihn ist Hessens SPD "eine Partei der unzuverlässigen Typen, bei der man nie weiß, was man bekommt". Die Linke müsse mit Leidenschaft in den Wahlkampf ziehen und deutlich machen, "dass es nur der Linken in Hessen einen wirklichen Politikwechsel geben wird". Gysi warnte seine hessischen Parteifreunde davor, sich mit persönlichen Vorwürfen zu zerfleischen. Stattdessen solle den bisherigen Abgeordneten, die eine gute Politik geleistet hätten, erneut das Vertrauen ausgesprochen werden. "Ein bisschen Demokratie ist okay, aber wir wollen doch im Januar fünf Prozent plus x holen", scherzte er zum Ende seiner Rede.

Der wiedergewählte Spitzenkandidat van Ooyen sprach sich gegen Koalitionsaussagen oder andere Angebote zugunsten anderer Parteien aus. "Aber wir werden die SPD weiter nach links drücken und den Druck auf diese Partei verstärken, um eine andere Politik in Hessen umzusetzen", sagte er. Neben ihm, Wilken und Schott wurden auch die Abeordneten Janine Wissler, Barbara Cardenas und Hermann Schaus auf den vorderen Listenplätzen bestätigt.

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