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Kindergärten im internationalen VergleichDreijährige sind unterfördert

Deutschland fördert seine Kleinkinder nicht ausreichend, stellt die Unesco bei einem Ländervergleich zur Kinderbetreuung fest. Schweden dagegen macht alles richtig.

Früh übt sich, wer mal Architekt werden will: Lenny, Luisa und Jenny. Bild: ap

BERLIN taz Das deutsche Schweden liegt im Rheinland. In der 65.000-Seelen-Gemeinde Dormagen bei Köln hat jedes Kind im frühen Krabbelalter Anspruch auf Frühförderung. Eltern, die monatlich weniger als 1.700 Euro verdienen, müssen nichts für die Plätze in Krippen oder bei Tagesmüttern bezahlen, die ab dem vierten Lebensmonat bereitstehen. Im Alter von drei Jahren besuchen dann alle jungen Dormagener eine Kindertageseinrichtung. "Natürlich freiwillig", betont Martina Hermann, stellvertretende Fachbereichsleiterin aller für Menschen zuständigen Ämter in der Gemeinde.

Die Kindertageseinrichtungen der Stadt seien sehr anerkannt bei den Eltern, auch deshalb, weil sie Sprachförderung für Kinder ab dem zweiten Lebensjahr anbieten. "Wir haben nämlich gesehen, dass gerade die Kinder, die keine Kita besuchen, die meiste Förderung bräuchten", erläutert Herrmann.

Diese Erkenntnis gilt nicht nicht nur für Dormagen, sondern weltweit. Nach einer Studie des UN-Kinderhilfswerkes Unicef profitieren tendenziell vor allem Kinder aus privilegierten Familien von guter Betreuung. Sozial benachteiligte Kinder dagegen hätten ein größeres Risiko, in den ersten sechs Lebensjahren schlechter gefördert zu werden. "Schlechte Kinderbetreuung kann zu einer Quelle von doppelter Benachteiligung werden", warnt Peter Adamson. Im Auftrag der Unicef erstellte Adamson die erste internationale Studie zur Güte der Kinderbetreuung in westlichen Industrieländern, die er am Donnerstag in Berlin präsentierte.

Das sei keine neue Pisa-Studie für Kleinkinder, vielmehr gehe es um deren Bedürfnisse und ihre optimale Förderung, betont Unicef. Denn Kinder profitierten geistig, sozial und emotional, wenn sie nach dem ersten Lebensjahr in einer entsprechenden Einrichtung gefördert werden.

"Viele Länder vergeben sich die Chance, allen Kindern von klein auf bestmögliche Förderung zu bieten", stellt Studienleiter Adamson jedoch fest. Die Wissenschaftler verglichen unter anderem den Anteil der Kinder eines Jahrgangs, die Kitas besuchen, Gruppengrößen und die Ausbildung und Bezahlung von Erzieherinnen.

Dabei erfüllte Schweden als einziges Land alle zehn Kriterien, die Unicef an gute Betreuung anlegt. Hier fördert der Staat den Kindergartenbesuch für mindestens ein Viertel der unter Dreijährigen und wendet mindestens ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Kindergärten auf. Zudem sind vier von fünf Mitarbeitern speziell für diese Arbeit ausgebildet.

Deutschland erfüllt fünf der vorgegebenen Kriterien und liegt damit im Mittelfeld. So besucht derzeit nur jedes zehnte Kind unter drei Jahren tagsüber eine Krippe oder Tagesmutter. Die Bundesregierung will bis zum Jahre 2013 Betreuungsplätze für 35 Prozent der unter Dreijährigen schaffen.

Je nach Bundesland gibt es unterschiedlichen Nachholbedarf, wie eine Zusatzstudie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) zeigt. Danach gibt es im Osten zwar ein wesentlich größeres Angebot an Kita- und Krippenplätzen, der Zugang zu diesen ist aber auch sozial ungerechter. "Kinder aus armen Familien haben eine sehr viel geringere Wahrscheinlichkeit, in eine Kita zu gehen, als jene aus bessergestellten Familien", sagt Katharina Spieß vom DIW. So verringert sich etwa die Aussicht auf einen Ganztagsplatz für Kinder um zehn Prozent, wenn die Eltern arm sind.

Das liege unter anderem daran, dass Kinderbetreuung immer noch zu sehr unter dem Aspekt der Betreuung und weniger als frühe Förderung begriffen werde, meint die Geschäftsführerin des Deutschen Kinderschutzbundes, Paula Honkanen-Schoberth. "Es heißt noch zu oft: Wenn die Eltern zu Hause sind, gehört das Kind dorthin."

Im rheinländischen Dormagen rentiert sich das Umdenken bereits: Dort ist in den vergangen zwei Jahren etwa die Zahl der Anmeldungen für die Sonderschule um 15 Prozent gesunken.

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3 Kommentare

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  • D
    DonWolli

    Zur Info: der Bürgermeister von Dormagen Heinz Hilgers ist gleichzeitig Präsident des deutschen Kinderschutzbundes.

    Aber man/frau muss nicht Präsident des DKSB sein , um eine vernünftige Kinderförderung zu betreiben, liebe anderen BürgermeisterInnen der Republik!

  • H
    haatee

    Hier stimme ich mit dem Kommentator Ücgür überein: es liegt in der Hand der Eltern. Aber: aber wer sorgt nachher dafür, dass Kinder noch Kinder sein dürfen? Schaut man sich Beispiele in asiatischen Ländern an, in denen Kinder zunehmend unter enormem Leistungsdruck stehen, weil sie neben Geige, Klavier und Gesang auch noch Topsportler und Fremdsprachenkorrespondenten werden sollen, mit 5 möglichst schon ein eigenes Buch verfasst haben sollen und dann die Träume ihrer Eltern leben - da lob ich mir ein wenig kleinkindliches Unterentwickeltsein (nicht mit Vernachlässigung zu verwechseln bitte). Es gibt schließlich ein gutes Vereinswesen in unserem Land - wer sein Kind fördern möchte kann dies doch durchaus tun.

  • O
    Ogdan Ücgür

    Falsche Unterschrift: es sollte nicht heißen "Deutschland fördert seine Kleinkinder nicht ausreichend", sondern "viele Eltern in Deutschland fördern ihre Kleinkinder nicht ausreichend". Laut Grundgesetz ist die Erziehung und Förderung der Kinder ausschließlich eine Aufgabe der Eltern. "Deutschland" kann hier nur darauf hinwirken, daß Ehe und Familie und das entsprechende Pflichtgefühl gegenüber den Kindern wieder einen hohen Stellenwert besonders unter Eltern erhält. Das ist eine Wertefrage und eine Wertedebatte, die wir führen sollten.