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Kommentar UN-KlimagipfelDie Ausnahme-Kanzlerin

Malte Kreutzfeldt
Kommentar von Malte Kreutzfeldt

Die Bundeskanzlerin ist umgekippt: Unter dem Druck der Industrielobbyisten und des Wirtschaftsflügels ihrer Partei hat sie ihre Rolle als Klimaschützerin aufgegeben.

A ls Weltenretterin wurde Angela Merkel vergangenes Jahr in Heiligendamm gefeiert. Das war natürlich auch damals ein wenig hoch gegriffen. Dennoch wirkte die Kanzlerin glaubwürdig: Sie schien wirklich verstanden zu haben, dass der Klimawandel ein ernsthaftes Problem ist, das nur mit schnellem und entschiedenem politischem Handeln zu stoppen ist. In der EU und weltweit gehörte Merkel zu den Antreibern. Klimaschutz war ihr Thema.

taz

Malte Kreutzfeldt ist Leiter des taz-Ressorts Ökologie und Wirtschaft.

Eineinhalb Jahre später zeigt sich, dass die Rhetorik der Kanzlerin nichts wert war. Unter dem Druck der Industrielobbyisten und des Wirtschaftsflügels ihrer Partei hat sie ihre Rolle komplett gewandelt: Mit dem vorgeschobenen Argument der Wirtschaftskrise, die mit den Emissionshandelsplänen ab dem Jahr 2013 nun rein gar nichts zu tun hat, arbeitete Merkel in allen zentralen Punkten darauf hin, die Vorschläge der EU-Kommission aufzuweichen. Und Umweltminister Sigmar Gabriel nutzte die Gelegenheit nicht, sich ihr entgegenzustellen. Statt als Klimaschützer inszeniert auch er sich lieber als Industriefreund.

Auch wenn die totale Katastrophe - nämlich ein völliges Aufgeben des EU-Ziels - nicht eingetreten ist, gibt es keinen Grund zur Freude. Denn jedes Land hat seine gewünschten Ausnahmen bekommen - ob für energieintensive Industrien, osteuropäische Kohlekraftwerke oder große Autos. Zudem kann ein großer Teil der notwendigen Einsparungen in andere Länder ausgelagert werden.

Diese Entscheidungen sind in jeder Hinsicht opportunistisch, kurzsichtig und verantwortungslos. Denn dass staatlich geduldete Energievergeudung kein Erfolgsrezept ist, beweisen die US-Autobauer gerade. Und dass der weltweite Klimaschutz ohne den Vorreiter Europa nicht vorankommt, zeigt der Stillstand beim UN-Klimagipfel in Poznan.

Nach diesem verlorenen Jahr richtet sich die Hoffnung nun auf Barack Obama. Auch er präsentiert sich in seinen Reden als ehrlicher und überzeugter Klimaschützer. Doch eine starke Industrielobby gibt es auch in den USA. Ob Obama mehr Rückgrat zeigt als Merkel, bleibt abzuwarten. Die Klimaschützer jedenfalls werden ihre eigene Lobby stärken müssen.

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Malte Kreutzfeldt
ehemaliger Redakteur
Jahrgang 1971, war bis September 2022 Korrespondent für Wirtschaft und Umwelt im Parlamentsbüro der taz. Er hat in Göttingen und Berkeley Biologie, Politik und Englisch studiert, sich dabei umweltpolitisch und globalisierungskritisch engagiert und später bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen in Kassel volontiert.   Für seine Aufdeckung der Rechenfehler von Lungenarzt Dr. Dieter Köhler wurde er 2019 vom Medium Magazin als Journalist des Jahres in der Kategorie Wissenschaft ausgezeichnet. Zudem erhielt er 2019 den Umwelt-Medienpreis der DUH in der Kategorie Print.
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4 Kommentare

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  • K
    Kohns

    Endlich merkt das Volk, was Merkel kann; nämlich nicht viel. Insider wissen, dass im Kanzleramt Chaos herrscht. Na bitte. Merkwürdig nur, warum scheuen viele, die Wahrheit zu sagen. Weil sie eine Frau ist?

  • H
    Hans

    Die Kurve der Klimahysterie ist fallend und sie folgt somit der Durchschnitts-Temperatur.

  • H
    Hörig

    Widerspruch! Es ist in hohem Maße unbedacht, Frau Merkels Verhalten derart einseitig zu kritisieren - bedient sie politisch doch genau jenes Bedürfnis, das hierzulande derzeit mehr als alles andere gefragt ist: Langeweile.

  • V
    vic

    Man kann sich auf die Frau verlassen, wenn man

    a; Bankmanager, b; Konzernchef, C; Kohle-bzw. Kernkraftwerksbetreiber, d; Hersteller deutscher Oberklasse Autos, deutscher Rüstungstechnik, e; Vielverdiener, Pendler, Raucher, Raser ist.

    Aber weshalb wählt der Rest sie auch?