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Leverkusen gegen CottbusBis der Arzt kommt

Nach dem 1:1 gegen Energie Cottbus fragt man sich bei Bayer Leverkusen, warum es im Verein diese Neigung zur finalen Selbstzerstörung gibt.

Ein Bild der Zerrüttung: Bayer Leverkusen. Bild: dpa

So langsam ist es ein Fall für Sigmund Freud. Bayer Leverkusen hat in den vergangenen Jahren eine geradezu unheimliche Neigung zur finalen Selbstzerstörung entwickelt. Zuerst bauen sie etwas ganz Wunderbares auf, nur um ihr fragiles Kunstwerk am Ende noch zum Einsturz zu bringen.

Beim 1:1 gegen Energie Cottbus versahen sie dieses vertraute Schema mit einer besonders furchtbaren Pointe. Die Werkself kassierte den Ausgleichstreffer in der zweiten Minute der Nachspielzeit, nach einer Ecke, die Torhüter René Adler ohne Mühe hätte verhindern können. Er hätte den Ball einfach ins Aus laufen lassen können. Sie hätten sich in der Schlussphase auch auf ihre Stärken, auf das Kombinationsspiel, besinnen können, statt den Ball "nur noch nach vorne zu bolzen", wie Trainer Bruno Labbadia schimpfte. Doch Leverkusen bleibt eben Leverkusen, schenkte Energie eine letzte Chance und ließ Jiayi Shao dann genug Raum, die Ecke zum 1:1 einzuköpfen.

Baff und fassungslos

Labbadia war noch eine Stunde danach fassungslos. Er sprach von einem "grausamen Ergebnis", beklagte, dass die Mannschaft sich "um den ganzen Lohn gebracht" habe und grummelte, dass nun die "Weihnachtsfeier und die Feiertage versaut" seien. So verärgert war der junge Trainer bisher nicht aufgetreten in seinem halben Jahr in Leverkusen. Erstmals mochte er seine junge Mannschaft nicht mehr in Schutz nehmen.

Es ist wohl der Punkt erreicht, an dem es ein wenig viel wird mit den Geschenken an die Gegnerschaft. Michal Kadlec rechnete vor: "Mit den zwei Punkten von heute und drei Punkten aus dem verlorenen Spiel gegen Hertha könnten wir heute fünf Punkte mehr haben, dann wären wir wohl Herbstmeister." Solche Konjunktiv-Spielereien dürften das Team und seine Fans in der Winterpause verfolgen. "Dieses negative Gefühl nehmen wir nun mit", erklärte Labbadia die nachhaltige Wirkung des Erlebten, dieser Effekt ist ähnlich ärgerlich wie die fehlenden Punkte.

Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser versuchte dem entgegenzuwirken, indem er erklärte, "unter dem Strich haben wir einen Punkt mehr als im letzten Jahr, und da waren wir alle happy." Der Satz erreichte die Gemüter zumindest so kurz nach dem Abpfiff nicht. Schließlich rangierte die Mannschaft während des gesamten Herbstes auf den ersten drei Tabellenplätzen, nun sind sie abgestürzt auf Rang fünf. "Das ist halt so, wenn du gegen Cottbus nicht gewinnst, dann fehlen eingeplante Punkte", sagte Sportdirektor Rudi Völler fatalistisch.

Allerdings lag die Ursache für den Misserfolg an diesem Tag nicht nur in der "mangelnden Reife", die Labbadia auf seiner Suche nach den Gründen anführte, Leverkusen hatte einfach nicht gut gespielt. Bis auf Renato Augusto, dessen Versuche, den Cottbuser Defensivverbund aufzureißen auch an diesem eiskalten Nachmittag sehenswert waren, blieb Bayer blass und ohne Inspiration. Der Führungstreffer war ein über die Linie gewürgter Glückstreffer, dem diverse abgeblockte und abgefälschte Schussversuche vorausgingen. Am Ende schob Simon Rolfes den Ball über die Linie (76.).

Umzug nach Düsseldorf

Hätten die Leverkusener dieses 1:0 über die Zeit gerettet, hätte man dennoch resümieren können, dass die Elf am Ende einer langen Serie auch ohne Glanz, dafür aber mit viel Willenskraft gewinnen kann. Weil sie am Ende Kopf und Konzept verloren, lautete Stefan Kießlings Fazit jedoch: "Wir müssen daraus lernen." Das ist ein Satz, den die Leverkusener schon oft gesagt haben in dieser Vorrunde, viel geholfen hat es nicht.

Nun verabschiedet sich der Klub verstimmt in die Winterpause - und von der alten Arena, dem Ort des ewigen Leverkusener Sterbens in Schönheit. In der Rückserie wird der Klub seine Heimspiele in Düsseldorf austragen, bevor in der kommenden Saison ein runderneuertes Stadion bezogen wird. Die Leverkusener können nur hoffen, dass sie mit diesem Ortswechsel nicht nur ein altes Stadion, sondern auch ihr ewiges Problem der fehlenden Siegermentalität hinter sich lassen.

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