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die wahrheitTeigige Technik

Die Autoindustrie setzt in der Krise auf ganz neue, revolutionäre Antriebskonzepte.

Der neue 12-Zylinder-Motor des italienischen Sportwagens Giugiaro Vadhò läuft mit altem Brot. Bild: ap

Biodiesel, Hybridantrieb, Brennstoffzelle, Wasserstoffbombe - die Irrungen und Wirrungen der Motorentechnik sind an den Fingern einer Hand kaum mehr abzuzählen. Schon wollte die Ökoklitsche Solarworld Opel übernehmen und die Rüsselsheimer Modelle mit ausklappbaren Sonnensegeln ausstatten. Die Kaufentscheidung wird durch diesen babylonischen Antriebswirrwarr nicht gerade erleichtert - und das in Zeiten, in denen die Konsumfreude des mündigen Bürgers doch, bitte schön, zu steigern wäre.

Klar ist: Weg vom Öl wollen alle. Auf die Frage, wie sich dann die Mobilität von morgen sichern ließe, fanden die Experten aber lange keine eindeutigen Antworten. Rapsdiesel hin, Batterieantrieb her: Der Bürger will eben wissen, wo er in den nächsten Jahren seinen Bleifuß hinstellen soll.

Das World Mobility Forum, zu dem sich in der vergangenen Woche in Untertürkheim Autotechniker, Verkehrsexperten und Mobilitätsmanager aus aller Welt versammelten, fand eine überraschende neue Antwort auf die drängendste Frage von Otto Normalverbraucher. Ein ebenso einfacher wie genialer Lösungsansatz, der von Dirk Haber, Entwicklungsvorstand von Dr. Oetker, einer verblüfften Öffentlichkeit vorgestellt wurde: der Backpulver-Motor, der in einen Smart eingebaut wurde. Äußerlich unterscheidet sich der B- Smart in nichts von seinem Bruder mit Verbrennungsmotor. Nur hat er keinen Tank, sondern einen Backpulverspeicher.

Der Motor basiert nicht auf Verbrennung von Kraftstoffen, sondern auf dem simplen Konzept von Backtreibmitteln. "Andere fahren mit Litern oder Kilowattstunden. Dieser hier mit Tütchen. Andere machen Lärm, dieser hier produziert einen verführerischen Duft nach frischen Backwaren", schwärmt Haber.

Der Endvierziger, in seiner Freizeit leidenschaftlicher Damwildjäger, lobte sein alternatives Konzept über den grünen Klee: "Unser Ziel ist es, den Backpulver-Antrieb innerhalb von sechs Jahren zum Einsatz zu bringen." Angesichts der Schwierigkeiten bei der Speicherung des hochexplosiven Pulvers mochte Haber zwar kein definitives Einführungsdatum nennen, dennoch zeigte er sich zuversichtlich, dass "dieses revolutionäre Antriebskonzept helfen wird, ein großes Ziel zu erreichen, nämlich mehr als 75 Prozent unserer Ölimporte bis 2025 zu ersetzen. Backpulver ist eine zukunftsfähige Technologie, die uns noch viel Freude bereiten wird." Die Fahrleistungen des B-Smarts sind jetzt schon beeindruckend: Mit einem Tütchen Backpulver kommt er bis zu 50 Kilometer weit, und mit gut 120 PS unter der Haube beschleunigt der Wagen auf 152 Kilometer die Stunde. Marc Häberlin, Marketingchef bei Daimler, machte im Rahmen des World Mobility Forums eine einfache Rechnung auf: "Würde nur ein Drittel der leichten Nutzfahrzeuge in Europa mit Backpulvermotoren betrieben, entspräche die tägliche Kraftstoff-Einsparung bis zu 1,4 Millionen Barrel. Das Einzige, was bislang fehlte, war das Geld, um in die großindustrielle Produktion einzusteigen". Wegen der hohen finanziellen Risiken drängte Marc Häberlin auf Technologiekooperationen; die Backpulver-Allianz von Daimler und Dr. Oetker hat mit dem B-Smart schon die erste Hürde genommen. Um allerdings vom Trend- zum Massenprodukt werden zu können, braucht der Backpulvermotor noch immer einige Jahre Entwicklungszeit. Dr. Oetker will zwar im April die nächste Tütchengeneration vorstellen, aber: "Wir sind bei den Energiespeichern noch nicht da, wo wir hin wollen - und das, obwohl Dr. Oetker bisher eine Milliarde Euro in die Entwicklung größerer Tütchen investiert hat, ohne einen einzigen Euro damit zu verdienen", stellt Dirk Haber nüchtern fest. Ortswechsel. Paris, die elegante Firmenzentrale von Peugeot. Der französische Hersteller verfolgt einen radikal anderen Ansatz: Hefe. Peugeot hat gerade ein Auto vorgestellt, das mittels eines hochverdichteten Hefeteigs angetrieben werden kann. Die Fahrleistungen sind allerdings noch äußerst bescheiden: In einem Beschleunigungstest brauchte der neue Peugeot Brioche eine halbe Stunde von 0 auf 100 km/h.

Wie nicht anders zu erwarten, haben beide konkurrierenden Antriebskonzepte noch ihre Macken. Die Hochleistungstütchen und die Steuerungselektronik, die das Einblasen des Backpulvers regelt, sind empfindlich und teuer. Daraus ein gewinnträchtiges Serienauto zu machen, fällt weiterhin schwer. "Der Serienstart 2014 ist davon abhängig, ob eine ökonomisch tragbare Lösung gefunden wird, um die Technologie für möglichst viele erschwinglich zu machen", bekennt Dirk Haber. Bis dahin bleibt der Backpulvermotor eine elitäre Technologie, die der Umwelt nichts nützt. Auf der anderen Seite verschlingt beim Hefeteigmotor schon das schiere Gewicht der antreibenden Teigmasse einen erheblichen Teil der erzeugbaren Energie. Ganz ausgereift scheint die Technik auch noch nicht zu sein: Als der Peugeot-Testfahrer den Wagen vor der versammelten Weltpresse starten wollte, rührte sich erst mal nichts unter der Haube. Lakonischer Kommentar des verantwortlichen Ingenieurs: "Er muss wohl erst noch eine Weile gehen …"

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