Ex-RTL-Moderator über 25 Jahre Privat-TV: "Die Straße mochte mich"
Als Moderator von "Der heiße Stuhl" war Olaf Kracht die erste Hassfigur des Privatfernsehens, das in diesen Tagen 25 wird. Das aktuelle RTL-Programm interessiert ihn nicht.
taz: Herr Kracht, heute läuft die Gala zum 25. Geburtstag von RTL. Waren Sie eingeladen?
Olaf Kracht: Ja, ich bin aber nicht hingegangen, weil die Einladung so kurzfristig kam, dass ich meine Termine nicht mehr entsprechend ausrichten konnte.
Besonders wichtig scheint es Ihnen also nicht gewesen sein.
Nein, war es mir nicht. Mit den Leuten von damals, zu denen ich privat noch Kontakt habe, muss ich mich nicht auf einer Gala treffen und mit der neuen Führungsriege, die ich nur aus der Presse kenne, eigentlich überhaupt nicht.
Als Moderator von "Explosiv - Der heiße Stuhl" und "Augenzeugen-Video" haben Sie das Image des jungen Privatfernsehens geprägt. Wie würden Sie dieses Image beschreiben?
Ich habe den Image eines Teils des Privatfernsehens mitgeprägt, der andere Teil war ja mehr Hugo Egons Baustelle. Ich habe in meiner Arbeit versucht, an gesellschaftliche und politische Themen anders ranzugehen als Ende der 80er üblich.
Eine feine Umschreibung dafür, dass Sie mit dem "Krawall-Talk" zur Hassfigur wurden.
Stimmt. Ich hatte viele persönliche Feinde - bei der Bild und anderswo. Polarisieren war ja Sinn und Zweck der Veranstaltung. Und mit Konzepten anzuecken ist ja auch gar nichts Schlechtes. Heutzutage eckt ja kaum noch jemand mit Konzepten an.
Haben Sie die Rolle des Berufsrüpels gerne gegeben?
Die Sendung an sich habe ich gerne gemacht, daran, als Rüpel bezeichnet und angegriffen zu werden, hatte ich natürlich keinen Spaß, aber das brachte das Format halt so mit sich.
Und wie stehen Sie heute zur Rolle von damals?
Heute könnte ich das natürlich nicht mehr so machen, weil einem 26-Jährigen das Rüpelimage viel besser steht als einem 45-Jährigen. Das wäre jetzt ein bisschen affig. Der Erfolg von "Hart, aber fair" zeigt aber auch, dass ein Format, das auf Konflikte setzt, auch heute noch gut funktioniert - sogar mit einem älteren Moderator.
Sie ziehen eine Verbindung zwischen den Formaten?
Das Konzept, mit Konflikten Themen aufzuarbeiten, ist ähnlich.
Geschrien wurde bei Ihnen mehr.
Definitiv. Wurde bei "Hart, aber fair" überhaupt schon mal geschrien? Ich verfolge das nicht so regelmäßig.
Mitte der 90er sind Sie plötzlich vom Bildschirm und aus dem TV-Geschäft verschwunden. Warum?
Als "Der heiße Stuhl" fünfeinhalb Jahre lief, wollte ich das Konzept ändern: So wie man montags den Spiegel gelesen haben muss, um das Thema der Woche mitzubekommen, wollte ich, dass man meine Sendung gesehen haben muss. Aber der Sender hatte sich in der Programmgestaltung in eine andere Richtung entwickelt. Für die Konkurrenz konnte ich nicht arbeiten, weil ich da noch Mitgesellschafter einer Produktionsfirma war, an der RTL beteiligt war. Außerdem war ich die Anfeindungen einfach leid und wollte weg aus dem Kölner Klüngel.
Vermissen Sie Ihre Bildschirmpräsenz?
Überhaupt nicht.
Vielen Kollegen fällt der Abschied sehr schwer.
Das mag sein, aber da es nie mein Ziel war, vor der Kamera zu stehen, fehlt mir nichts. Ich bin da so reingeschwuppt und irgendwann wars halt wieder vorbei.
Wie oft wurden Sie schlecht behandelt, weil jemand Ihre Sendung nicht mochte?
Nie. Ich wurde in der Presse schlecht beschrieben, aber im Alltag gut behandelt. Otto Normalverbraucher, die Straße mochte mich.
Wie viel sehen Sie heute fern?
So gut wie gar nicht mehr. Vielleicht mal Nachrichten oder ich lasse aus alter Gewohnheit im Hintergrund CNN dudeln. Mein Informationsbedürfnis stille ich hauptsächlich übers Web und mein Unterhaltungsbedürfnis durch DVDs oder Serien wie "24", die ich über iTunes aus dem Netz ziehe. Eine Woche, eine Folge kann ich dabei nicht. Ich muss vier, fünf Folgen hintereinander weggucken.
Warum sehen Sie nicht mehr fern?
Weils mich nicht mehr reizt. Es läuft immer der gleiche Brei, mit dem die Leute ruhiggestellt werden - ziemlich erfolgreich.
Was ärgert Sie am meisten?
Dass ich über meine Gebühren mitfinanzieren muss, dass die Öffentlich-Rechtlichen den gleichen weichgespülten Kram machen wie die Privaten.
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