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Nahost-KonfliktSuche nach Frieden

Die ägyptische Friedensinitiative soll schnellstmöglich zu einer Feuerpause im Gazastreifen führen. Die Hamas und einige arabische Länder lehnen aber die Bedingungen Israels ab.

Weltweit fordern Demonstranten ein Ende des Gaza-Kriegs. Bild: dpa

JERUSALEM taz Eine erste Einigung auf der Suche nach einem Ausweg aus dem Krieg im Gazastreifen scheint so gut wie unter Dach und Fach zu sein, auch wenn sie das Ende der Kämpfe noch nicht besiegelt. Die USA sagen Israel Unterstützung beim Kampf gegen den Waffenschmuggel zu. Israels Außenministerin Zipi Livni reiste am Freitag nach Washington, um über Details der künftigen Kooperation, vor allem im Bereich der Nachrichtendienste, zu beraten. Ziel ist, die zumeist aus dem Iran kommenden Waffenlieferungen abzufangen, bevor sie Ägypten und von dort aus den Gazastreifen erreichen.

Die Hamas signalisiert zum Teil Bereitschaft für eine Feuerpause, zum Teil genau das Gegenteil. Die Tötung von Ex-Innenminister Said Sayyam, der zusammen mit seinem Bruder und seinem Sohn am Donnerstag einem gezielten israelischen Angriff zum Opfer fiel, verhärtet die Positionen. Während Politbürochef Chaled Maschal aus dem sicheren Exil eine Fortsetzung der Kämpfe fordert, solange die israelische Offensive andauert, signalisiert die Führung im Gazastreifen eine größere Kompromissbereitschaft. Der politische Berater von Ex-Premierminister Ismail Hanijeh, Achmad Jussuf, sagte, Maschal "bringt eine fürchterliche Katastrophe über Gaza". Der Politbürochef wandte sich an die in Doha versammelten arabischen Staats- und Regierungschefs, die zur Beratungen über die Krise zusammengekommen waren. Maschal appellierte, die arabischen Länder müssten ihre Beziehungen zu Israel abbrechen. Unterstützt wurde Maschal vom syrischen Präsidenten Baschar el-Assad. Ägypten kritisierte beide Politiker schwer. Die Regierung in Kario bemüht sich seit Wochen um ein Ende des Blutvergießens.

Mit dem Tot Sayyams verschärft sich die Führungskrise der Hamas im Gazastreifen. Keiner der zentralen Figuren traute sich, der gestrigen Beerdigung ihres Kollegen beizuwohnen, an der mehrere tausend Anhänger der Bewegung teilnahmen. Seit Tagen haben israelische Soldaten das Haus von Ex-Außenminister Machmud a-Sahar umstellt, der wie Sayyam als "Hardliner" gilt.

Ungeachtet dessen demonstrieren die Islamisten in Gaza weiter Hartnäckigkeit. Der Raketenbeschuss auf Israel dauert an, außerdem stellt die Hamas weiter Bedingungen für eine Einigung. Dabei geht es um eine einjährige Waffenruhe und den Abzug aller israelischer Truppen aus dem Gazastreifen innerhalb von fünf Tagen. Beide Vorschläge lehnt Israel ab.

Derweil wartet die Regierung in Jerusalem auf Garantien Ägyptens für ein Ende des Waffenschmuggels.

Kompromissbereiter gibt sich Hamas inzwischen hinsichtlich der Grenzkontrollen. Sie wolle sowohl der Stationierung internationaler Truppen als auch von Sicherheitskräften der Palästinensischen Autonomiebehörde zustimmen. Beides hatte Hamas zu Beginn der Verhandlungen abgelehnt. Hamas-Delegierte, aber auch ein Delegierter des israelischen Verteidigungsministeriums reisten gestern zu separaten Treffen mit den Ägyptern erneut nach Kairo.

Obschon der Druck auf Israels Premierminister Ehud Olmert steigt, wollte er sich indes nicht auf eine schnelle Entscheidung einlassen. "Wir werden den Terror beenden und die Hamas an einer Wiederbewaffnung hindern", kündigte er an. Neben der Zusammenarbeit mit den USA stehe zugleich ein europäischer Beitrag beim Kampf gegen den Schmuggel an. So will die Bundesrepublik den ägyptischen Grenzschützern mit moderner Technik bei der Aufspürung von Tunnel helfen. Außerdem soll ein Wirtschaftsplan für die Entwicklung der Grenzstadt Rafah erstellt werden, um den finanziellen Ansporn für die Bevölkerung zu dämmen, die am Schmuggel verdient.

Die Zahl der Todesopfer stieg palästinensischen Informationen zufolge auf mehr als 1.130 Menschen. Gut 5.000 Palästinenser seien verletzt worden.

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5 Kommentare

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  • O
    ob8

    Folgende Anzeige erschien in der gedruckten Ausgabe der Süddeutschen Zeitung

     

    Deutsche Juden und Jüdinnen sagen NEIN zum Morden der israelischen Armee

     

    Nach einer 18 Monate währenden Blockade, nach systematischer und umfassender Bombardierung eines unentrinnbar umschlossenen Landstreifens, der mit 1,5 Millionen Menschen der dichtest besiedelte Raum der Welt ist,

    nach einem Blutbad, das über 1000 Menschen in den Tod gerissen, Tausende schwer verletzt und die gesamte Bevölkerung von Gaza traumatisiert hat, nach den unsäglichen Zerstörungen, die seit dem 27. Dezember die Weltöffentlichkeit täglich entsetzen, - nach all diesem gibt es immer noch Stimmen, die diese Maßnahmen Israels als gerechtfertigt, human und notwendig bezeichnen.

     

    Wir sind über diese Unmenschlichkeit erschüttert.

     

    Dass das europäische Judentum Opfer eines von Deutschland verübten mörderischen Unrechts wurde - gibt dies nun dem jüdischen Staat das Recht, Anderen Unrecht zu tun? Glauben deutsche Politiker wirklich, es sei eine Wiedergutmachung der Ermordung unserer jüdischen Verwandtschaft, dass nun Israel haltlos und bindungslos alles machen darf, was ihm einfällt?

     

    Wir appellieren an die deutsche Regierung darauf hinzuwirken, dass die EU-Kommission dem Morden in Gaza ein Ende setzt. Der Schlüssel zu einem Ende des Bombardements von Gaza und der erdrückenden jahrelangen Blockade Gazas durch Israel liegt bei der EU. Es gibt keine Alternative zu Verhandlungen mit Hamas, denn dies ist die gewählte Vertretung der Palästinenser. Hamas benutzt terroristische Methoden, aber das tut die gewählte Vertretung Israels auch, und zwar hundertfach effektiver.

     

    Israel kann durch Abschreckung nur einen Pyrrhusfrieden erzielen. Durch Verhandlungen über eine gerechte Lösung für die Palästinenser, ein Ende der Besiedlung der West Bank und der Blockade Gazas hätte Israel schon längst maximalen Schutz für die eigene Bevölkerung herstellen können: Einen dauerhaften Frieden. Dahin muss die internationale Gemeinschaft Israel bringen.

     

    Jüdische Stimme für gerechten Frieden im Nahen Osten, EJJP Deutschland

  • QQ
    qwer qwer

    Die angeblichen finanziellen Anreize sind der Berichterstattung wert - aber die israelische Blockade des Gazastreifen wird mit keinem Wort erwähnt. Auch nicht, dass die Aufhebung dieser Blockade schon für die Waffenruhe seit Juni vereinbart gewesen war, aber von Israel nicht umgesetzt wurde, im Gegenteil.

    So sieht nicht Berichterstattung aus, so sieht Propaganda aus, liebe taz!

  • T
    Troubleshooter

    Der Raketenbeschuss muss ebenso wie die Blockade des Gazastreifen enden. Dazu hilft nur ein Gleichgewicht des Schreckens.

     

    Dies wird nur durch klare Drohungen der internationalen gemeinschaft gegen die Kriegsteilnehmer Erfolg haben:

     

    1. Sanktionen gegen Israel bei Aufrechterhaltung der Blockade.

     

    2. Rückzug aller israelischen Truppen aus Gaza.

     

    3. Bei weiterem Raketenbeschuss Erlaubnis an Israel ebenso die Bevölkerung durch ungezielt Raketenbeschuss in den Gazastreifen zu terrorisiern.

     

    4. Bei Selbtmordanschlägen im isrealischen Kernland aufgrund der Aufhebung der Blockade sofortige Neuabriegelung. (Die Abriegelung hat dazu geführt, dass es seit geraumer Zeir keine Selbstmordanschläage in Israel mehr gibt!)

     

    5. Beginn der Auflösung der israelischen Siedlerkolonien im Westjordanland und etappenweiser Rückzug Israels aus dem Westjordanland. (Verhandlungen über Jerusalem müssen im Anschluss statfinden).

  • A
    Aydemir

    Israil glabut mit ermordung von 400 Kindern den Friden zu finden.

  • M
    Mie

    Schön mit ägyptischer Friedensinitiative - wobei ich mich Frage: wieviele heut Tote hätten gerettet werden können, hätten die Ägypter die schwedischen, griechischen, türkische u s w Ärzte hereingelassen nach Gaza die schon seit Wochen ungeduldig an der Grenze standen? So dass nur zwei ausländische Ärzte, zwei Norweger die schon vor Weihnachten nach Gaza gingen, dort waren...denn sowohl Ägypten als Israel machte seine Grenzen nach Gaza ab 27 Dez dicht...

    Ebenso verweigerten die Ägypter die einfuhr von Arzneien, medizinischer Ausrüstung u dgl...

     

    Ja, und schön wäre es natürlich auch, Israel wurde endlich seinen Terror an der Bevölkerung Gazas beenden! Terror der nicht nur über 1100 Tote heisst sondern eine Unzahl von lebenslänglich Behinderten - Kinder die Beine oder Arme oder Augen verloren haben...

     

    Die Spuren dieses "Verteidigungskrieges" erschrecken.