Springer verkauft Beteiligungen: Stadt, Land, See
Die Hannoveraner Zeitungsgruppe Madsack übernimmt für mehr als 400 Millionen Euro die meisten Regionalzeitungsbeteiligungen von Springer.
Es gehöre zum "Charme der Finanzkrise, dass die Fusionswelle im deutschen Zeitungsmarkt erst mal gestoppt" sei, heißt es derzeit bei den Medien-Gewerkschaften. Doch einer geht noch: Für einen Preis von 310 Millionen Euro hat die Madsack-Gruppe aus Hannover dieser Tage tüchtig eingekauft und wird bald die Blätter an der deutschen Ostseeküste sowie Titel in Leipzig und Dresden kontrollieren.
Der Verkäufer ist kein Unbekannter: die Axel Springer AG, über deren Ausstieg aus dem Regionalzeitungsgeschäft schon länger spekuliert wurde. Am späten Mittwoch nachmittag bestätigte Springer den Deal per Pressemitteilung. "Das ist ein Knaller für die Branche", sagt der Zeitungsexperte Horst Röper. Nun gebe es eine neue "Riesenmacht im Norden". Denn Madsack beherrscht mit den Stammblättern Hannoversche Allgemeine und Neue Presse schon heute den Markt im westlichen und südlichen Niedersachsen. Auch in Hessen (Oberhessische Presse, Marburg; Neue Zeitung Gelnhausen) ist man aktiv, dazu kommen Beteiligungen an etlichen weiteren Blättern in der Region sowie kleineren Heimatzeitungen an Aller, Deister, Leine und Lippe.
Zu diesem Stadt, Land, Fluss kommt jetzt noch die große See: Von Springer übernimmt Madsack die indirekte Mehrheitsbeteiligung an den Lübecker Nachrichten, der Ostsee-Zeitung in Rostock sowie Springers 24,5-Prozent-Beteiligung an den Kieler Nachrichten. Springer behält im Norden natürlich das Hamburger Abendblatt, aus dem heraus Konzerngründer Axel Cäsar Springer sein Presseimperium einst geschmiedet hatte.
Unklar ist, ob zu dem Verkaufspaket auch die kleinen Springer-Titel im Hamburger Speckgürtel gehören. Und weil Madsack nicht nur in Nieder-, sondern auch im wahren Sachsen unterwegs ist, gibt es auch in Leipzig und Dresden Neues: Hier hatte sich Madsack nach der Wende bei der Leipziger Volkszeitung (LVZ) eingekauft, musste auf Geheiß der Treuhandanstalt damals aber einen zweiten Verlag mit an Bord holen: Der heißt praktischerweise Springer und verkauft seine 50-Prozent-Beteiligung an den baldigen Alleineigentümer aus Hannover. Zur LVZ gehören als Kopfblätter noch die Dresdner Neuesten Nachrichten sowie das Naumburger Tageblatt. Röper bescheinigt dem Unternehmen "solides Wirtschaften": "Insoweit ist der Deal positiv", unter Konzentrationsgesichtspunkten sehe das anders aus, so Röper. Schließlich tauscht hier ein ganz Großer der Branche bloß mit einem bislang noch nicht ganz so Großen.
Nun rätselt die Branche, was Springer mit dem frischen Geld vorhat. Gerüchte, Vorstandschef Mathias Döpfner hege weiterhin den Traum, ProSiebenSat.1 zu übernehmen oder die in Seenot geratende Frankfurter Allgemeine (FAZ) zu kaufen, können getrost verworfen werden: Da wäre in beiden Fällen das Kartellamt vor. Immerhin ein Verlierer des Deals kann namentlich genannt werden: Es ist Claus Strunz, der vergangenes Jahr zum Hamburger Abendblatt abkommandierte Ex-Bild am Sonntag-Chef. Sein Sturz war damals mit der Mitteilung aufgehübscht worden, Strunz solle von Hamburg aus neue Formen der Zusammenarbeit mit den Springer-Titeln im Norden aufbauen. Aber das hatte schon damals niemand geglaubt.
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