Kommentar Hypo Real Estate: Rendite bitte an die Bürger
Die Verstaatlichung der Hypo Real Estate könnte ein gutes Geschäft sein. Denn sie kann die besten Schuldner vorweisen - die Kredite wurden vor allem für Staatsprojekte vergeben.
D ie Pleitebank Hypo Real Estate ist ein ganz seltsamer Fall. 92 Milliarden Euro hat die Bank schon an Liquiditätshilfen und Bürgschaften gebraucht. Dabei ist die Hypo Real Estate an der Börse überhaupt nur noch rund 285 Millionen Euro wert. Dieses Missverhältnis wirkt derart alarmierend, dass sofort denkbar scheint, dass die Bankenkrise demnächst völlig außer Kontrolle gerät.
Ulrike Herrmann ist Redakteurin für Wirtschaftspolitik der taz.
Doch so paradox es wäre: Ausgerechnet die Hypo Real Estate könnte sich noch als das beste Geschäft erweisen, das für den Staat in dieser Bankenkrise drin ist. Denn die Hypo Real Estate scheint nicht auf allzu vielen toxischen Wertpapieren zu sitzen. Natürlich kann man sich da nie ganz sicher sein, denn einen Einblick in Geschäfte haben ja nur der neue Vorstand und vielleicht die Finanzaufsicht. Aber bisher wurde nicht ruchbar, dass die Hypo Real Estate auf einem immensen Berg an faulen Krediten sitzen würde. Das ist etwa bei der West-LB ganz anders, die 100 Milliarden Euro an bedenklichen Altlasten mit sich herumschleppt.
Stattdessen kann die Hypo Real Estate die besten Schuldner vorweisen, die weltweit zu finden sind - die Kredite wurden vor allem für Staatsprojekte vergeben. Es war nur blöd von der Bank, dass sie langfristige Darlehen kurzfristig refinanziert hat. Langfristig dürfte mit der Bank aber wieder Geld zu verdienen sein, weil die Staaten ja weiterhin die Kredite und Zinsen bedienen. Kurzfristig sitzt die Bank allerdings in einer Liquiditätsfalle, die sie nur mit Staatshilfe überwinden kann.
Diese Zwangslage sollte die Regierung ruhig ausnutzen, um die Hypo Real Estate zu verstaatlichen. Es muss ein Ende damit haben, dass sich der Staat wie eine fast kostenlos Risikoversicherung für schwierige Kredite verhält. Sonst würde nur wieder die Spekulation beginnen; die Aktien der Hypo Real Estate sind bereits wieder zu beliebten Zocker-Objekten geworden.
Oft wird ja bei einer Verstaatlichung gefürchtet, dass Beamte mit den komplexen Bankgeschäften überfordert sein könnten. Es gehört jedoch zur Ironie der Geschichte, dass das Renditemodell der Hypo Real Estate nicht schwer zu überblicken ist. Wie das ist, wenn Staaten Kredite aufnehmen - das wissen Beamte bestens.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Wirtschaftspolitik der FDP
Falsch und verlogen
Israelische Fans angegriffen
Gewalt in Amsterdam
Auflösung der Ampel-Regierung
Drängel-Merz
Auflösung der Ampel-Regierung
Holpriger Versuch endgültig gescheitert
Trumps Sieg bei US-Präsidentschaftswahl
Harris, Biden, die Elite? Wer hat Schuld?
+++ Nach dem Ende der Ampel +++
Scholz lehnt Vertrauensfrage vor Januar ab