Klimafreundlichere Kohlekraftwerke: Ministerien einig über CO2-Lagerung
Umwelt- und Wirtschaftsministerium haben die gleichen Vorstellungen über die Regelung der neuen Technik, die Kohlekraftwerke klimafreundlicher machen soll.
Die unterirdische Lagerung von CO2 aus Kohlekraftwerken könnte schneller erlaubt werden als gedacht: Offenbar sind die beteiligten Ministerien dabei, sich auf eine Rechtsgrundlage für die sogenannte CCS-Technik (Carbon Capture and Storage) zu einigen. Ein zügiges, aber rechtlich lasches Übereinkommen könnte die Allgemeinheit allerdings teuer zu stehen kommen.
Beide Ministerien - das für Umwelt (BMU) und das für Wirtschaft (BMWi) - sind anscheinend entschlossen, den Gesetzesentwurf für CCS noch vor dem Ende der Legislaturperiode durch den Bundestag zu bringen. Das könnte gelingen, denn so große Meinungsverschiedenheiten wie erwartet gibt es zwischen beiden Häusern nicht. Zudem macht die Industrie Druck. Sie will Planungssicherheit, um ihre milliardenschweren Investitionen in Pilotprojekte zu stecken. Vattenfall und Eon forschen an den "sauberen" Kohlekraftwerken, bei denen das klimaschädliche CO2 in unterirdischen Lagerstätten gespeichert werden soll. Seit Dezember arbeiten beide Ministerien an einem Rechtsrahmen, der den Transport des abgeschiedenen CO2 und dessen sichere Verwahrung regeln soll.
Das BMWi legte Anfang Januar intern schon seinen zweiten Entwurf vor, der nun in der Ressortabstimmung mit dem BMU ist. Darin hat sich das BMWi jedoch kaum bewegt: Es bleibt dabei, dass den Energieversorgern möglichst freie Hand gelassen werden soll. Nichts hat sich laut dem Papier daran geändert, dass die Unternehmen nach der Schließung eines CO2-Speichers die Verantwortung sofort an eine Behörde - und damit an den Steuerzahler - abgeben. Immerhin wurde im neuen Entwurf nun ergänzt, dass die Regelung noch an die EU-Richtlinie angepasst werden muss. Dort ist festgeschrieben, dass die Betreiber noch mindestens 20 weitere Jahre nach Schließung der Lagerstätte für deren Sicherheit verantwortlich sind und bei Schäden haften. Das BMU hat die EU-Regelung in seinem seit Anfang Januar vorliegenden Referentenentwurf bereits eingebaut, geht aber auch nicht über die 20 Jahre hinaus. Dabei sind nach Meinung vieler Umweltorganisationen zwei Jahrzehnte nicht ausreichend. Immerhin verfällt CO2 nicht - wie etwa Atommüll. Einige Umweltpolitiker der SPD-Fraktion haben sich nun eingeschaltet und fordern eine mindestens 100 Jahre fortlaufende Haftung der Betreiber.
In beiden Entwürfen der Ministerien fehlen konkrete Festlegungen zu möglichen Leckagen - also dem ungewollten Austritt von CO2. In dem neuen BMWi-Entwurf heißt es lediglich: "Wesentliche Unregelmäßigkeiten oder Leckagen hat der Betreiber der zuständigen Behörde unverzüglich mitzuteilen". Was "wesentlich" heißen soll, bleibt unklar. Auch beim BMU ist diese Formulierung nebulös. Das Umweltbundesamt hatte hingegen schon 2006 eine maximale Leckagerate von 0,01 Prozent pro Jahr gefordert. Ohne solche Limits können die Betreiber selbst entscheiden, was "wesentlich" ist. Greenpeace-Expertin Gabriela Goerne sagt, dass schon kleinste Überschreitungen der 0,01 Prozent Leckagen fatale Folgen haben können, wenn die Technik weltweit etabliert ist.
Einen handfesten Konflikt haben BMWi und BMU eigentlich nur in der Frage der Ressortverantwortung. Das BMWi betrachtet sich weiterhin als CCS-verantwortlich. Doch das BMU sieht sich mit seinem Entwurf ebenfalls als federführend, da es sich um Klimaschutz - also um ein Umweltanliegen - handele. Strittig ist deshalb auch, welche nachgeordnete Behörde Genehmigungsverfahren und Lagerstättensuche übernehmen soll: das Bundesumweltamt oder das Institut für Geowissenschaften.
Kleinere Differenzen gibt es zudem noch in der Haftungsfrage. Das BMWi blendet diese völlig aus. Das Umweltministerium konstatiert hingegen, dass im Schadensfalle - wenn keine Fremdeinwirkung festzustellen ist - die Betreiber gesamtschuldnerisch haften.
Eine schnelle Einigung der beiden Häuser hängt derzeit also mehr am internen Machtkampf und der Ordnung der Kompetenzen als an inhaltlichen Fragen des Gesetzes. Hoffnung macht jedoch die Initiative der SPD-Fraktionsmitglieder, die nun einen eigenen Entwurf vorlegen wollen. Ihnen geht vor allem der jetzige BMWi-Entwurf gegen den Strich.
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