Oranienburg und der Schwarze Block: Schwieriger Protest gegen Rassismus
Widerstand gegen Demo in Oranienburg: Bürgermeister fürchtet schwarzen Block, Neonazis machen Gegendemonstration.
Es ist schon eine Oranienburger Tradition: Seit 1997 versammelt sich jedes Jahr die Stadt im März anlässlich des internationalen Antirassismustages, um mit einer Demo gegen Rechtsextremismus und Rassismus Flagge zu zeigen. Es ist ein friedliches Treffen von Bürgern, Lokalpolitikern und allerlei lokalen Initiativen. Auch Bürgermeister Hans-Joachim Laesicke (SPD) ist stets dabei. Doch in diesem Jahr ist alles etwas anders.
Für die Demo am Sonntagnachmittag hat nämlich die lokale Antifa zum Protest geladen. "Alltäglichen und staatlichen Rassismus aufdecken und bekämpfen", heißt es im Aufruf. Man wolle mit den Oranienburgern, aber auch mit Berliner Antifas für das Anliegen in der Kreisstadt nördlich von Berlin auf die Straße gehen. "Wir wollen Rassismus in all seinen Facetten thematisieren", so eine Sprecherin der lokalen Antifa.
Dass die Antifa nun den Antirassismus-Tag gestaltet, verstimmt wiederum Bürgermeister Laesicke. Oranienburg stehe für Toleranz und Vielfalt, betont der SPD-Mann. Laesicke selbst sei Mitglied im lokalen Forum gegen Rechtsextremismus, ergänzt dessen Referent Björn Lüttmann. Aber der "martialische Aufruf" der Antifa, ihre Unterstellung eines staatlichen Rassismus "und damit auch einen Rassismus der Stadt" sowie die drastische Kritik an der Flüchtlingspolitik des Brandenburger Innenministers Jörg Schönbohm (CDU) - "das kann Herr Laesicke so nicht mehr unterstützen". Auch gebe es die Befürchtung, dass der schwarze Block aus Berlin Unfrieden stiften könne. "Quatsch", widerspricht die Antifa-Sprecherin. "Wir haben immer wieder betont, dass wir friedlich demonstrieren wollen."
Den Aktivisten droht nun allerdings auch noch Stress von anderer Seite: Eine bisher unbekannte Neonazi-Gruppe der "Freien Kräfte Oranienburg" mobilisiert zu einer Gegendemonstration. "Kein Platz für linke Chaoten in Oranienburg" ist deren Motto. Im Internet wird aufgefordert, "konsequent und kreativ die Zecken zu stören".
"Eine rechte Gegendemo gegen den Oranienburger Antirassismus-Protest ist eine traurige Premiere in der Stadt", sagt der evangelische Pfarrer Bernhard Fricke vom lokalen Forum gegen Rechtsextremismus. Auch Referent Lüttmann spricht von einer "Provokation und Schande". Man werde die Nazis ignorieren, betonen Fricke und die Antifa. "Wir wollen hier nichts eskalieren lassen", so die Antifa-Sprecherin.
Stattdessen mobilisiert nun auch das Forum gegen Rechtsextremismus für Sonntag zu einer gemeinsamen Demonstration mit der Antifa. Jusos und Gewerkschafter, die Linke und die Grünen hätten ihre Teilnahme bereits zugesagt. "Wenn wir Bürgerlichen vor Ort sind, braucht auch keiner mehr Angst vorm schwarzen Block zu haben", so Pfarrer Fricke. Im Übrigen sei die Thematisierung eines institutionellen Rassismus seitens der Antifa nicht falsch: "Es gibt diesen Rassismus."
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