: Rechte Klamotten sorgen für Ärger
Ein Modelabel prüft eine Klage gegen die Polizei, weil sein Name auf der rechten Verbotsliste für Beamte genannt wird. Das sei rufschädigend. Der Senat unterstützt das Vorgehen der Polizei, auch Schulen sollten gegen Naziklamotten vorgehen
VON KONRAD LITSCHKO
Die neue Kleiderordnung der Polizei sorgt für Proteste. Das Modelabel „Alpha Industries“ prüft eine Klage gegen die Anordnung von Polizeipräsident Dieter Glietsch, die Zivilbeamten im Dienst verbietet, zehn angeblich rechte Modemarken zu tragen. Neben der für ihre rechtsextremen Fans bekannte Marke „Thor Steinar“ stehen auf Glietschs Liste Firmen wie „Lonsdale“, „Fred Perry“ und eben „Alpha Industries“. „Wir haben unseren Anwalt eingeschaltet“, so der Geschäftsführer des Labels, Norbert Schneider. Die Liste sei eine Diskriminierung und rufschädigend für das Unternehmen.
Auch die von Glietsch aussortierten Marken „Lonsdale“, „Ben Sherman“ und „Fred Perry“ haben eine Stigmatisierung durch die Dienstanweisung beklagt. Man habe sich deutlich von der rechten Szene distanziert. Dies bekräftigt auch Norbert Schneider: „Wir gehen mit dem Ansinnen der Polizei völlig konform. Aber wir verwehren uns dagegen, unsere Marke mit derlei Gesinnungen in Verbindung zu bringen.“
Laut Polizeisprecher Frank Millert erfolgte die Markenauswahl rein nach dem Beliebtheitsgrad unter Rechtsextremisten. „Ob sich der Hersteller mit der rechten Szene identifiziert oder sich von ihr distanziert, ist dabei nicht von Bedeutung.“ Deshalb werde man „Alpha Industries“ auch nicht von der Liste nehmen. Im Gegenteil: „Bei Bedarf wird diese Aufzählung entsprechend der Erkenntnislage fortgeschrieben“, so Millert.
Innensenator Ehrhart Körting (SPD) unterstützt die Initiative der Polizei: „Bei eindeutigen Marken wie ‚Consdaple‘ gibt es Handlungsbedarf.“ „Consdaple“ erfreut sich aufgrund seines im Namenszug versteckten Codes „Nsdap“ rechtsextremer Popularität. Im Detail gebe es aber noch Klärungsbedarf, so Körting.
Andernorts in Berlin sind rechtsextreme Klamotten schon längst passee: im Bundestag, dem Olympiastadion oder der Arena am Ostbahnhof. „Unsere Hausordnung verbietet jegliches politische Propagandamaterial“, sagt Katharina Telschow, Sprecherin der Halle. Darunter zählten neben Marken wie „Thor Steinar“ und „Landser“ auch Zahlenkodes wie „88“, das in der Szene für „Heil Hitler“ steht. „Wir kontrollieren das beim Einlass und in den Blöcken“, so Telschow. Ertappte müssten die Kleidung ablegen oder die Arena verlassen.
Im Bundestag untersage das Hausrecht antidemokratische Textilien, so Sprecherin Eva Haacke. „Das gilt für ‚Thor Steinar‘ wie für RAF-Hemden.“ Eine konkrete Markenliste gebe es nicht. Keine Kleidungsvorschriften gibt es dagegen im Berliner Abgeordnetenhaus. Allerdings seien Demonstrationen, wozu auch politische Botschaften per T-Shirt-Aufdruck zählten, im Bannkreis des Parlaments grundsätzlich verboten, so Sprecher René Rögner-Francke.
Auch die Schulen sollen offensiv gegen rechte Klamotten vorgehen, fordert die Senatsschulverwaltung. „Bereits heute haben viele Schulen das Tragen rechtsextremer Kleidung explizit in ihren Hausordnungen untersagt“, sagte Sprecher Jens Stiller. Erst 2008 habe der Senat eine Verfassungsschutzbroschüre über rechte Dresscodes an alle Schulen verteilt.
„Thor Steinar“ positioniert sich zu den Diskussionen auf eigene Weise: Seit Dienstag hat die Firma wieder Kleidung mit ihrem alten Logo im Angebot – zwei ineinander verschlungenen Runen –, das in Brandenburg erst einmal gerichtlich verboten war.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen