Fachhochschulen dürfen sich Hochschulen nennen: Berlin kriegt mehr Hochschulen
Ab Dienstag können sich die staatlichen Fachhochschulen Berlins "Hochschulen" nennen. Das zeugt von Selbstbewusstsein: Man sei längst den Universitäten gleichwertig, sagen ihre Rektoren.
Bei allem Gedöns um Exzellenzwettbewerb und Elite-Unis war es um eine Wissenschaftseinrichtung in letzter Zeit arg still geworden: die Fachhochschulen (FH). Nun verpasst Berlin seinen vier staatlichen Fachhochschulen etwas Aufwertung: Ab dem morgigen 1. April dürfen sie sich allesamt "Hochschule" nennen. Dabei bleibt es dann aber auch - denn außer dem Etikettenwechsel ändert sich für die Lehrstätten nichts.
Bereits im vergangenen Sommer hatte das Abgeordnetenhaus eine entsprechende Änderung des Berliner Hochschulgesetzes beschlossen. Als Ziel galt eine formelle Gleichstellung mit den Fachhochschulen im Ausland, die in der Mehrzahl bereits als "Universities" mit dem Zusatz "of Applied Sciences" firmieren. Die Rektoren der Fachhochschulen begrüßten die Namensänderung. Sie bedeute eine Aufwertung und bessere Profilierung. Rechtlich bleibt für die neuen Fachhochschulen alles beim Alten: So ändern sich weder der klare Praxisbezug noch die Zugangsberechtigungen und angebotenen Studiengänge.
Während die Karlshorster Fachhochschule für Technik und Wirtschaft (FHTW) und die Hellersdorfer Alice-Salomon-Fachhochschule künftig einfach ihr FH gegen "Hochschule" eintauschen, nutzt die Technische Fachhochschule (TFH) im Wedding den Namenswechsel gleich für einen großen Image-Wandel: Sie nennt sich nun "Beuth Hochschule für Technik Berlin". Christian Beuth war Anfang des 19. Jahrhunderts Direktor der Berliner Bauakademie und gilt als Begründer des Patentwesens und der DIN-Norm. "Wir wollen in der Berliner Hochschuldichte eine unverwechselbare Marke schaffen", so TFH-Präsident Reinhard Thümer.
Die vierte Hochschule entsteht aus einer Fusion: Die Fachhochschule für Wirtschaft und die Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege werden ab sofort zur "Hochschule für Wirtschaft und Recht" (HWR). Der künftige HWR-Rektor Franz Rieger betonte, dass damit ein noch breiteres Lehrangebot geschaffen werde, das es mit dem von Universitäten aufnehmen könne. Auch biete man mit Bachelor- und Master-Studiengängen die gleichen Abschlüsse. "Dieses neue Selbstverständnis ist nun auch begrifflich festgehalten", freut sich Rieger.
Als "Meilenstein" bezeichnete der Präsident der FHTW, Michael Heine, das neue "Hochschul"-Prädikat. Bereits heute seien Wechsel von Studierenden zwischen Universitäten und Fachhochschulen erleichtert. "Zudem kommen unsere Studierenden nicht mehr nur über das Fachabitur zu uns, sondern zur Hälfte über die allgemeine Hochschulreife", zieht Heine Parallelen. Die Änderung sei ein Zeugnis gewachsenen Selbstbewusstseins der Fachhochschulen: "Wir sind anders als die Universitäten, aber gleichwertig."
Diese Andersartigkeit wird von den Berliner Fachhochschul-Chefs heute kraftstrotzend herausgestellt: "Innovationsschmieden und ideale Kooperationspartner für Unternehmen" sei man, so TFH-Präsident Thümer. Christine Labonté-Roset, Rektorin der Alice Salomon Fachhochschule, sieht vor allem Verdienste darin, auch bildungsferne und migrantische Schüler für ein Studium anzusprechen. Dass dabei der Titel der Fachhochschule schon länger unsexy geworden ist, beweist ein Blick über die Stadt hinaus: Neben Berlin haben bereits neun andere Bundesländer dieses Etikett abgeschafft.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!