Geiseln auf den Philippinen: Ultimatum von Abu Sayyaf abgelaufen

Die Terrorgruppe Abu Sayyaf hatte mit der Enthauptung einer Geisel in Jolo gedroht, sollte sich das Militär nicht zurückziehen. Die Regierung lehnt den Abzug aber ab.

Im Süden der Philippinen kämpfen muslimische Rebellengruppen seit den 70er-Jahren für einen eigenen Staat. Bild: dpa

Der Gouverneur der südphilippinischen Provinz Sulu hat gestern den Ausnahmezustand verhängt, nachdem zuvor ein Ultimatum der Entführer von drei Mitarbeitern des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes (IKRK) verstrichen war. Die zur Rebellengruppe Abu Sayyaf ("Träger des Schwerts") gehörenden Entführer einer Filipina, eines Schweizers und eines Italieners hatten mit der Enthauptung einer Geisel gedroht, sollte sich das philippinische Militär nicht bis 14 Uhr Ortszeit aus 15 Orten der Insel Jolo zurückziehen.

Die Regierung hatte den Belagerungsring um das Versteck der Entführer zwar gelockert, lehnt den Abzug aber ab. Der Ausnahmezustand versetzt jetzt die Truppen in Sulu in Alarmbereitschaft und ermöglicht die Verhängung einer Ausgangssperre. Vor dem Verstreichen des Ultimatums gab es keinen Kontakt zu den Entführern mehr. Gouverneur Sakur Tan sagte laut Philippine Daily Inquirer, die Behörden seien "auf das Schlimmste vorbereitet, aber hofften auf das Beste". Laut dem Blatt hätten die Rebellen das Ultimatum um drei Stunden verlängert, doch sagte Tan, davon nichts zu wissen. Zumindest verstrich auch diese Frist.

Die überwiegend von Muslimen bewohnte Insel Jolo im Sulu-Archipel war im Jahr 2000 international bekannt geworden, als ein Abu-Sayyaf-Kommando dort 21 aus Malaysia entführte Touristen und Einheimische, unter ihnen die Göttinger Familie Wallert, über mehrere Monate gefangen hielt. Die drei IKRK-Mitarbeiter waren am 15. Januar entführt worden, nachdem sie im Provinzgefängnis auf Jolo ein Projekt besucht hatten.

Im Süden der überwiegend christlichen Philippinen kämpfen muslimische Rebellengruppen seit den 70er-Jahren für einen eigenen Staat oder eine akzeptable Autonomie. Die 1990 gegründete Abu Sayyaf ist die kleinste und brutalste Gruppe. Ihr werden Verbindungen zu den Terrornetzwerken al-Qaida und Jemaah Islamiyah nachgesagt. Doch haben viele ihrer politisch verklärten Aktivitäten einen mindestens so starken kriminellen Charakter. Immer wieder hat die zurzeit auf 400 Kämpfer geschätzte Gruppe, deren Hochburgen die Inseln Jolo und Basilan sind, mit der Entführung von Ausländern, Priestern und Einheimischen auf sich aufmerksam gemacht. 2004 tötete Abu Sayyaf bei einem Anschlag auf ein Fähre über 100 Menschen.

In der Vergangenheit hat die Gruppe zuvor angedrohte Tötungen schon mehrfach durchgeführt. 2001 wurde der US-Amerikaner Guillermo Sobrero ermordet, 2007 wurden sieben christliche Arbeiter geköpft. Im jetzigen Entführungsfall haben sowohl Papst Benedikt XVI. wie der Präsident des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes, Jakob Kellenberger, an die Kidnapper appelliert, die Entführten unversehrt freizulassen. Der philippinische Senator und Präsident des lokalen Roten Kreuzes, Richard Gordon, sagte, selbst die Ermordung der Entführten könne das Rote Kreuz nicht zum Rückzug aus der Region bewegen.

Gordon war einst Tourismusminister und sagte 2001 der taz, Jolo könnte mittels Tourismus entwickelt werden. Seitdem geschah aber nichts. Das lag nicht nur an Abu Sayyaf, sondern auch an mangelndem Engagement der Regierung jenseits militärischer Mittel. 2007 erklärte der Oberste Gerichtshof ein unterschriftreifes Autonomieabkommen mit der MILF, der größten Rebellengruppe, für verfassungswidrig. Die Regierung hatte das Abkommen öffentlich kaum unterstützt. Danach eskalierte der militärische Konflikt wieder und schuf eine Atmosphäre, die Abu Sayyaf wie auch anderen vom Konflikt profitierenden Kräften nutzt.

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