Osterkundgebung für den Frieden: "Alle Schuhe sind durchgelatscht"
Die Organisatoren des traditionellen Berliner Ostermarsches rufen am Samstag nur zu einer Kundgebung auf. Laura von Wimmersperg hofft auf kämpferische Ansagen.
Die Berliner Friedenskoordination verzichtet in dieser Saison auf den klassischen Ostermarsch und ruft am Samstag zu einer Osterkundgebung am Breitscheidtplatz auf (Beginn: 12 Uhr). Wer dennoch traditionell maschieren will, kann dies in einer sogenannten Picketline rund um die Gedächtniskirche tun. Nach amerikanischem Vorbild werden die Demonstrierenden mit ihren Protesttafel wiederholt die Kirche umrunden, um die Aufmerksamkeit der BürgerInnen auf sich zu ziehen. Von 12 bis 16 Uhr laden außerdem Infostände der verschiedenen Initiativen sowie Livemusik zur Osterkundgebung ein. (Weitere Infos unter www.friko-berlin.de). Am Sonntag protestieren dann diverse Friedensgruppen in der Prignitz erneut gegen das von der Bundeswehr geplante Bombodrom (Infos: www.freieheide.de).
taz: Frau von Wimmersperg, US-Präsident Barack Obama verkündete am Sonntag in Prag, dass er den Kampf für eine atomwaffenfreie Welt aufnehmen will, freut Sie das?
Laura von Wimmersperg: Natürlich, die Friedensbewegung verfolgt diese Vision, seit es solche Waffen gibt - um die Welt zu bewahren, muss sie atomwaffenfrei sein! Daher begrüßen wir die Forderung des US-Präsidenten, auch wenn sie sehr groß ist. Wir sind jedoch realistisch und hören auch die Zwischentöne. So wird der Abwehrschirm für Tschechien und Polen erst mal nicht zurückgenommen, obwohl Obama dies in Vorgesprächen angedeutet hat. Es wird also noch ein weiter Weg sein, den wir allerdings aktiv begleiten werden. Dafür ist es unbedingt erforderlich, dass noch mehr Menschen den Gedanken einer atomwaffenfreien Welt mittragen und dagegen protestieren, dass bisher so wenig in diese Richtung passiert.
Welche Bedeutung misst die Berliner Friedenskoordination Obama nun als neuem US-Präsidenten zu?
Wir nehmen natürlich wahr, dass nun ein neuer Ton im Weißen Haus herrscht und da gibt es auch Sympathien und Hoffnungen, dass wahr wird, was wir uns wünschen. Aber letztlich bleibt es bei einer harten Kriegspolitik.
Nimmt Obamas Ankündigung einer atomwaffenfreien Welt der Friedensbewegung nicht den Wind aus den Segeln?
Nein, die Leute, die sich der Friedensbewegung zugehörig fühlen, stehen Obamas Aussage kritisch gegenüber und bleiben aktiv. Ich kenne niemanden, der nun sagen würde, wir brauchen keine Osterkundgebung mehr.
Doch die Teilnehmerzahl sank schon in den letzten Jahren und auch die Demonstrantenbeteiligung während des G-20- und des Nato-Gipfels in Straßburg blieb unter den Erwartungen. Wird auch die Kundgebung in Berlin eher überschaubar verlaufen?
Das ist schwer zu sagen, aber ja, wahrscheinlich wird es eher überschaubar bleiben. Das hat aber ganz andere Gründe als etwa in Straßburg, wo im Vorfeld eine große Angstmache lief, die sicher viele normale Leute abgeschreckt hat. Aber Aktionsbereitschaft hat auch etwas mit Zeitgeist zu tun und dass den Menschen das Hemd näher ist als die Hose, und das Hemd ist die ökonomische Bedrohung. Dennoch erhalten wir immer wieder sehr gute Rückmeldungen, wenn wir auf der Straße sind. Viele Leute zollen uns Sympathie und bedanken sich, dass wir etwas tun.
Warum wird es dennoch in diesem Jahr keinen Marsch, sondern eine Osterkundgebung geben?
Wir hatten bereits vor einigen Jahren schon einmal eine Osterkundgebung, damals haben wir ein Friedensfest organisiert. Die Veranstaltung am kommenden Wochenende wird jedoch einen anderen Charakter haben und kämpferischer sein. Wir werden parallel zu einer Picketline aufrufen.
Nach amerikanischen Vorbild werden dann also Demonstranten mehrfach im Kreis um die Gedächtniskirche laufen?
Ja, nach den vielen Aktionen der letzten Wochen wollen wir die Leute außerdem nicht überfordern, einige sind ja derzeit noch aus Frankreich unterwegs. Bis Sonnabend sind da wahrscheinlich alle Schuhe durchgelatscht.
Und die Themen der Berliner Kundgebung?
Wie bei allen Ostermärschen, die am Wochenende im ganzen Bundesgebiet stattfinden werden, wird auch bei uns das Thema Nato im Mittelpunkt stehen. Es geht uns darum, die Militarisierung der Politik rückgängig zu machen, denn eine Gesellschaft, deren Regierung Krieg führt, verändert sich. Daher sagen wir "Nein zum Krieg, nein zur Nato".
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