Wirtschaftsexperten kritisieren Steuerbonus: „Absoluter Quatsch“

Fachleute kritisieren die SPD-Pläne für einen Steuerbonus, der ein Chaos in den Finanzämtern auslösen könnte. Und auch Rentner und Selbstständige dürften auf den Bonus pochen.

Anstatt in zukunftsfähige Ideen zu investieren, werden die Ideen der Politiker im Wahljahr immer kruder. Bild: dpa

BERLIN taz Die führenden Wirtschaftsforscher Deutschlands müssen sich derzeit mit öffentlichen Äußerungen zurückhalten. In den Wochen vor der Veröffentlichung ihres Frühjahrsgutachtens hat die Bundesregierung den Experten eine Schweigepflicht auferlegt. So gibt es nur hinter vorgehaltener Hand ein Urteil zum geplanten Steuerbonus der SPD. „Das ist absoluter Quatsch, eine verbrämte Senkung des Eingangssteuersatzes“, heißt es. Dann könne dieser auch richtig gesenkt werden.

Auch beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hält sich die Begeisterung in Grenzen. „Es wirft Gleichbehandlungsfragen auf“, sagt der Steuerexperte des Instituts, Stefan Bach. So könnten etwa Rentner oder Selbständige mit geringem Einkommen auch auf den Bonus pochen. „Dann sollte man allgemein 300 Euro mit der Steuerschuld verrechnen“, schlägt Bach vor.

Die Kritiker räumen dabei durchaus ein, dass vor allem Geringverdiener von der Regelung profitieren. Nur an der Systematik stören sich die Kenner der Materie. Schließlich könnten alternativ auch der Grundfreibetrag oder der Arbeitnehmerfreibetrag angehoben werden. In Letzterem sieht die Deutsche Steuergewerkschaft (DStG) eine bessere Lösung. Deren Vizechef Manfred Lehmann plädiert für eine Anhebung der Arbeitnehmerpauschale von derzeit 920 Euro auf 1.500 Euro. „Da hat man genau denselben Effekt“, erläutert er. Nach Einschätzung der Gewerkschaft werde bei einer Umsetzung der SPD-Pläne ein kleines Chaos in den Finanzämtern ausbrechen. Lehmann schätzt, dass bis zu 5 Millionen Arbeitnehmer, die bislang nichts mit dem Finanzamt zu tun haben, dann einen Antrag auf den Bonus stellen. So könnte beispielsweise ein in den Ferien arbeitender Schüler, dem in dieser Zeit ein paar Euro Steuern vom Lohn abgezogen werden, später die Prämie beantragen. Fälle wie diese müssten erst einmal aufgenommen werden. „Eine Entlastung der Behörden kommt dabei nicht heraus“, sagt Lehmann.

Auf Ablehnung stößt der Vorschlag auch bei der CDU. Der Finanzexperte der Union, Otto Bernhard, befürchtet: „Die werden den Finanzämtern die Bude einrennen.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.