Waffengesetz-Verschärfung wird zur Farce: Wenn der Kontroletti zweimal klingelt
Wie bei der GEZ: Wenn der Pistolenkontroletti vom Amt kommt, dürfen Waffenbesitzer ihn erst einmal wieder nach Hause schicken. Verweigern sie aber den Besuch dauerhaft, drohen Strafen.
BERLIN taz | Waffenbesitzer müssen Kontrolleure auch künftig nicht in ihre Wohnung lassen. Wenn sie aber gar nicht kooperieren, drohen zunächst Bußgelder und dann der Verlust von Pistole oder Gewehr. Darauf können sich SPD und CDU in der Debatte um das Waffenrecht offenbar einigen.
Das abschließende Gespräch über eine Verschärfung der Gesetze führen die Verhandler der Koalition zwar erst nächste Woche. Aber das Modell des angekündigten Besuchs scheint auf beiden Seiten Freunde zu finden. "Wenn der Waffenbesitzer gerade keine Zeit hat, kann er einen Termin mit dem Mitarbeiter der Ordnungsbehörde ausmachen", sagt Reinhard Grindel, Innenpolitiker der CDU. "Der Prüfer darf jedoch nur die Räume betreten, in denen Pistolen und Gewehre aufbewahrt werden." Wer sich diesem Check dauerhaft verweigere, müsse Strafe zahlen oder sogar die Waffen abgeben. Dass der Waffenbesitzer schon vorher vom Behördenbesuch wisse, sei kein Problem, meint Grindel. "Das einzige was passieren kann, ist dass der Mann sich bis zum Termin einen ordentlichen Waffenschrank zulegt." Grundgesetzwidrig sei das Ganze nicht, für Schornsteinfeger gebe es zum Beispiel ähnliche Regelungen.
Ähnlich sieht das auch SPD-Mann Sebastian Edathy, Vorsitzender im Innenausschuss des Bundestages: "Natürlich gilt auch für Waffenbesitzer das Grundrecht auf die Unverletzlichkeit der Wohnung. Aber eine angekündigte Kontrolle ist zu verkraften." Allerdings müssen die Ordnungsämter auch mehr Mitarbeiter anstellen, um tatsächlich kontrollieren zu können", sagt Edathy. "Sonst bleibt das Symbolpolitik."
Unterschiedliche Ansichten gibt es offenbar darüber, ob neben Paintball auch noch das IPSC-Schießen verboten wird, bei dem mit scharfen Waffen auch zwischen nachgebauten Häuserwänden und Fenstern auf Ziele geschossen wird. Schüsse aus der Deckung und im Laufen sind verboten. Die CDU will deshalb nur Paintball verbieten. "Dabei schießt man auf Menschen und man schießt auch aus der Bewegung", sagt Unionspolitiker Grindel. "Das ist wie im Gefecht." Für Edathy zählt hingegen mehr, dass die IPSC-Sportler scharfe Waffen benutzen und sehr schnelles, sehr präzises Schießen lernen. "Wer Paintball verbietet, muss auch diese Sportart verbieten", sagt der Innenexperte. "Alles andere wäre unlogisch."
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Autoritäre Auswüchse beim BSW
Lenin lässt grüßen
Prozess zum Messerangriff in England
Schauriger Triumph für Rechte
Rückgabe von Kulturgütern
Nofretete will zurück nach Hause
Tarifverhandlungen bei Volkswagen
VW macht weiterhin Gewinn
Nahostkonflikt in der Literatur
Literarischer Israel-Boykott
BSW in Thüringen auf Koalitionskurs
Wagenknecht lässt ihre Getreuen auf Wolf los