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Adidas feiert in Nazi-VillaFeiern zwischen Hakenkreuzen

Der deutsche Sportartikelkonzern lud im brasilianischen Rio de Janeiro zu einer Party in eine mit Nazi-Memorabilia geschmückte Villa. Ein Fest mit Folgen.

Hakenkreuz-Ornamente am Swimming Pool der Adidas-Party. Bild: oglobo.globo.com/blogs/cuenca/

Bayern München, die deutsche Fussball-Nationalelf und sogar Kubas greiser Diktator Fidel Castro schwören auf Adidas, die Marke mit den drei Streifen. Dieses Jahr wird der Weltkonzern aus dem bayrischen Herzogenaurach 60 Jahre alt. Das will gefeiert werden: Rund um den Globus lädt das Unternehmen ausgewählte Gäste - darunter etwa Missy Elliott und David Beckham - zu exklusiven "Adidas House Partys".

Vergangen Freitag feierte man in Rio de Janeiro. In einer mondänen Privatvilla im Reichenviertel Gávea konnten sich rund 400 geladene Gäste - darunter auch der Sohn des Tropicalismo-Stars Caetano Veloso, Zeca Veloso - zu Livemusik und DJs vergnügen. Oder ein Bad im Pool nehmen - mitten unter blauen und weißen Luftballons mit dem Adidas-Logo. Die Fliesen, die das Schwimmbecken umrandeten, wurden von einem anderen Symbol geziert: dem Hakenkreuz.

Aufgefallen war das im Party-Trubel nur wenigen - wie dem Schriftsteller João Paulo Cuenca, dem auch das Bild eines Adlers mit dem Schriftzug "Hamburg Kriegsmarine" hinter der Bar ins Auge stach. Die Kriegsmarine, das waren die Seestreitkräfte der Nazis. Als der Autor in der Umkleidekabine der Musiker auch noch das Portrait eines Marineoffiziers samt Reichsadler mit Hakenkreuz entdeckte, verließen er und weitere

Künstler das Fest. Das Bild hat große Ähnlichkeiten mit Großadmiral Karl Dönitz, den Hitler zu Kriegsende testamentarisch als Staatsoberhaupt des Deutschen Reiches und Oberbefehlshaber der Wehrmacht einsetzte.

Gemälde in der adidas-Feier-Villa. Bild: oglobo.globo.com/blogs/cuenca/

Noch in der selben Nacht schrieb Cuenca seine Beobachtungen in einem Blogeintrag auf der Seite der brasilianischen Tageszeitung O Globo nieder. Die Nachricht schlug in Brasilien innerhalb weniger Stunden hohe Wellen - vor allem mithilfe von Facebook und des Kurznachrichtendienstes Twitter. Adidas wies in einer eiligen Erklärung die Verantwortung für die Auswahl der Nazivilla von sich. Die Location sei von einer Agentur gemietet worden, die in der Dekoration keine Verbindung zum Nationalsozialismus erkannt habe.

Auch der Hausbesitzer, der Anwalt Luiz Fernando Penna, verteidigt sich: Er sei Sammler. "Eines Tages kam hier ein Typ vorbei, der zwei Schilder verkaufte: Eins mit der Inschrift der deutschen Marine und vier kleinen Hakenkreuzchen in den Ecken und ein anderes mit Hammer und Sichel. Drollig, dass sich niemand über das kommunistische Schild beschwert hat." In den Symbolen am Pool will er keine Hakenkreuze, sondern ein griechisches Ornament erkennen.

Vielen Partygästen fiel die Nazi-Verzierung überhaupt nicht auf. Bild: oglobo.globo.com/blogs/cuenca/

Als Präsident der Nachbarschaftsvereinigung setzt sich Penna vor allem für eine Geburtenkontrolle in den Armenvierteln ein - und dafür, zum Schutze wohlhabender Anwohner eine Mauer rund um die angrenzenden Favelas zu ziehen. 500 Meter stehen bereits.

Am Montag kündigte die israelitische Föderation in Rio die Prüfung einer Klage an. In Brasilien stehen auf die Verwendung des Hakenkreuzes zu Propagandazwecken zwei bis fünf Jahre Gefängnis. Erst vor wenigen Tagen beschlagnahmte die Polizei in Südbrasilien massenhaft Propagandamaterial und Waffen einer neonazistischen Gruppierung. Süffisant weisen brasilianische Blogger aber auch auf die Vergangenheit des deutschen Multis hin: Die Gebrüder Adi und Rudolf Dassler, die späteren Gründer von Adidas und Puma, waren nicht nur bekennende Nationalsozialisten, sie produzierten für die Wehrmacht auch den "Panzerschreck", eine von den Allierten als "Tank Terror" gefürchtete Panzerabwehrwaffe.

Nach immer wiederkehrenden Vorwürfen von Kinderarbeit und ausbeuterischen Arbeitsverhältnissen in asiatischen Zulieferbetrieben hat Adidas nun erneut ein Imageproblem. Rund 13 Prozent des Umsatzes gibt der Konzern nach eigenen Angaben jährlich für Werbung aus - das entspräche circa 1,4 Milliarden Euro. Dass die Adidas House Party in Rio keine gute Investition war, zeichnet sich jetzt schon ab.

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19 Kommentare

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  • RS
    Richard S.

    sag mal, steffi grafinger,

    hast du gelesen, was der lustige peter geschrieben hat? ich zitiere:

    "PS: Trotzdem waren alle Kommunistischen Staaten bis jetzt scheiss Diktaturen."

    na also, er ist doch auf deiner seite, warum auch immer. aber echt schön, so streitsuchende, fdp-stammwähler.

    übrigens: was ist denn eigentlich eine zugewiesene rolle im kommunismus und gab es nicht auch mal, zu zeiten, in denen menschen noch des denkens fähig waren, einen unterschied zwischen sozialismus und kommunismus? meine güte.

  • G
    grafinger

    Sag mal, "lustiger Peter", mas macht eigentlich die kommunistische Gesellschaft mit denen, welche sich nicht in die ihnen zugewiesene Rolle einfügen wollen?

    Das ist eine ernst gemeinte Frage.

    Da es, so wie ich es sehe, diese Mitbürger in der kommunistischen Gesellschaft nicht geben darf müssen sie doch "überzeugt" oder "entfernt" werden, oder?

  • D
    denninger

    Ach "julia", "frau s.", "kaleidoskop" niemand will den Nationalsozialismus, die braune Vergangenheit Deutschlands oder die Neonaziszene herunterspielen. Wenn irgendwo Nazisymbole ohne konkreten Bezug auftauchen ist das nicht unbedingt von zeitgeschichtlicher Bedeutung. Wenn man einmal davon ausgeht dass die Hakenkreuzkacheln und das Bild nicht von Herzogenaurach aus geordert wurden spielen sie nun wirklich keine große Rolle (Die Symbolik könnte man auch interpretieren als "die angefaulten Hakenkreuze gehen endgültig baden"). Aber wenn der Nazibezug wahllos bei jeder noch so unbedeutenden Gelegenheit groß herausgestellt wird tritt doch schnell ein Gewöhnungseffekt ein. Das ist dann eine gefährliche Desensibilisierung der Gesellschaft. Deshalb finde ich es wichtig, Augen und Ohren offen zu halten und nazionalsozialistische Tendenzen publik zu machen. Aber doch nicht wegen einem Kitschbild und ein paar vergammelten Kacheln, welche in einem Pool vor sich hin modern die große Naziverschwörung vermuten.

  • PL
    peter lustig

    Es gibt eben doch einen Unterschied zwischen Kommunismus und Nationalsozialismus. Während der Kommunismus durchaus auch demokratisch und rechtstaatlich denkbar wäre (mit einem anderen Wirtschafts/Gesellschaftssystem), sind Nazis immer Menschenverachtend, da sie bestimmte Ethnien als minderwertig ansehen.

     

    PS: Trotzdem waren alle Kommunistischen Staaten bis jetzt scheiss Diktaturen.

  • K
    Kaleisdoskop

    Gerade in Zeiten, in denen der Meinungstenor vorherrscht, dass es bedeutsamere Dinge gibt, über die zu schreiben sei, ist ein solcher Artikel und die Problematisierung des obigen wichtiger denn je...

  • WL
    wolfgang lange

    Allein schon die Tatsache, von wieviel Lesern die deutsch-faschistische Vergangenheit und oft auch das heutige nazistische Denken auf die leichte Schulter genommen wird, um es mal salopp zu formulieren, beweist, wie notwendig es ist, wachsam zu bleiben. In der europäischen Geschichte hat es kein größeres, bis dahin in der menschlichen Vorstellungswelt undenkbares, Verbrechen gegeben als das vom deutschen National"sozialismus" begangene. Wie sagte Brecht? "Der Schoß ist fruchtbar noch". Und das trifft wohl heute noch zu.

  • J
    julia

    Komisch das hier Leute Kommentare abgeben und komplett am Thema vorbeischrammen, siehe die Debatte um "ist Fidel Castro ein Diktator oder war er mal einer?". Außerdem verstehe ich nicht warum die Tatsache das da noch immer in der Welt irgendwelche "Nazi-Villen" rum stehen runtergespielt wird! Zwar brauchen wir nicht solche Artikel um (wie so oft) an unsere nationalsozialistische Vergangenheit als deutsche Nation erinnert zu werden, doch ist es völlig inakzeptabel Bauten mit nazionalsozialistischen Symbolen "verziert" zu ignorieren; egal ob Adidas dort feierte oder nicht. Da hat sich der Konzern eben ein weiteres Mal selbst ins Aus gespielt - keine Schande finde ich.

  • H
    haha

    Pfff... lächerlicher Artikel. Liebe taz, kommt mal von eurem Nazi-Wahn runter.

  • D
    DocMob

    Na wenns sonst keine Probleme auf der Welt gibt, dann hat der Herr Klaus Werner-Lobe mal eine echte TOP-Story präsentiert.

     

    Hut ab! Das war doch mal eine Schlagzeile wert.

    (Achtung, Ironie) :o)

  • FS
    Frau S.

    Wenn mensch solche Artikel nicht mehr veröffentlicht, gerät das ganze nich nur in Vergessenheit sondern wird auch bagatellisiert und irgendwann scherts keine/n mehr ob da jetzt irgendwo Nazisymbolik wie Hakenkreuze etc. verwendet werden.

  • DP
    Daniel Preissler

    @Vic:

    warum kann man das nicht vergleichen? weil Adidas eine deutsche Marke mit Nazivergangenheit ist?

    Ansonsten fällt mir spontan kein Grund ein - es sei denn ideologische, und das wäre dann ein bisschen billig (die Opfer des Sowjetkommunismus weniger zu beachten, weil es nicht gut ins Weltbild passt - genau wie andersherum die Rechte (in D. und EU) häufig Grausamkeiten der verschiedenen "Kommunisten" besonders hervorheben muss, um "der" Linken der Welt eins reinzuwürgen - ekelhaft).

  • EB
    eine brasilianische

    babado und Verwirrung ..... aber kommt auf die Menschen, dass diese besondere Welt in der Nation ist nicht sehr heilig und tb ta nicht so viel zu sehen Menschen in der Klasse und den weniger wohlhabenden im Leben ....

    nach allem, Markt begrüßt insbesondere den Betrieben captalistas und korrupte absolut erstaunt mich, ..., so dass sie den Kerl so .... kann nicht vergessen, dass die Mode ist eines der Autos, dass die meisten Diktatoren predigt Ideale ... oder einen Teil der eines der Etiketten, die sie erstellen, oder Sie nicht niemand ...

    gut, dass in der gleichen Zeit deutlich mehr ...

    aber glaube kaum die Größe eines multinationalen adidas nicht, um es mit Leichtigkeit ...

    tiefstem Herzen ... Ich denke, wir sollten einen Boykott retalhacao und eine starke Marke ... nach allem, Brasilien muss heißt, müde von vampirizado Povinho dem Ersten Weltkrieg.

    wenn das Angebot ist der Nazi-.... ich habe, um einen großen Backofen und brennen von adidas Produkte im öffentlichen Platz!

  • S
    screener

    Wahnsinn, wie schnell sich in letzter Zeit immer die Meinungswächter von der anderen Seite in den Kommentarbereichen der taz finden lassen. Was'das? Virales Marketing für Pseudopatrioten?

  • NW
    Nick W.

    Zitat: "Bayern München, die deutsche Fussball-Nationalelf und sogar Kubas greiser Diktator Fidel Castro schwören auf Adidas,"

     

    Liebe taz bzw. lieber Herr Werner-Lobo,

    die Betitelung Fidel Castros als "Diktator" ist schlicht falsch. Fidel Castro ist inzwischen nicht mehr im Amt des Präsidenten, und kann damit schon formal kein Diktator sein. War er mal einer? Ist sein Bruder heute einer? Sicher sind das berechtigte Debatten. Aber bitte nicht polemisierend und beiläufig betitelnd versuchen, diese Frage mit dem mediendiskursiven Hammer zu beantworten, noch dazu in einem Artikel zu einem ganz anderen Thema, und noch mit dem pejorativen zweiten Attribut "greise". Oder hätten es manche lieber, die "taz" würde mal ganz beiläufig als linkes Boulevardblatt bezeichnet? Nein? Dann aber auch bitte entsprechend schreiben!

  • A
    Adrian

    "Vielleicht, weil man das nicht vergleichen kann?"

     

    Doch.

     

    Kommunismus = Unterdrückung der Meinungs-,Presse-, Reise- und anderer Grundfreiheiten; Beseitigung politische Andersdenkender; Arbeits- und Konzentrationslager; Bereicherung der politischen Eliten; staatlich organisiertes Spitzeltum; Unterjochung und Gleichschaltung von Nachbarstaaten; Militarismus usw.

     

    Kommunismus hat in der Menschheitsgeschichte nie anders funktioniert.

     

    Vergleichbarkeit gegeben.

  • GW
    gerd w. müller

    wer suchet,

    der findet,

     

    ein genauso überflüssiger wie lächerlicher Artikel.

    Besser mal mit den Problemen der Gegenwart beschäftigen.

  • G
    grafinger

    Das hat der Klaus-Werner aber fein recherchiert. Ein Konzern leistet sich in der Wahl einer "location" einen fauxpas und da wird dann gleich wieder die "Nazikeule" ausgepackt. Toll, welche Informationen man bei "Wikipedia" so findet. Ob diese aber auch alle richtig sind?

    Ebenso sinnvoll wie der Hinweis auf die vermeindliche Gesinnung des Gründers wäre umgekehrt der Hinweis auf den "RAF-Sympathisanten", "Unterstützer einer kriminellen Vereinigung", "Terroristenanwalt" und "taz-Gründer" Ströbele zur Unterstreichung einer der taz konträren Meinung.

    Qualität hat eben ihren Preis, auch in der schreibenden Zunft.

  • V
    vic

    "Drollig, dass sich niemand über das kommunistische Schild beschwert hat."

    Ja, sehr drollig.

    Vielleicht, weil man das nicht vergleichen kann?

  • PD
    Prof. Dr. J.

    For some more critical informations about Adidas and others see for example: http://www.cleanclothes.org or german: http://www.saubere-kleidung.de