Kommentar Währungskrise in Osteuropa: Spaß haben nur die Spekulanten
Die osteuropäische Währungskrise ist unübersehbar zurück. Sie kann auch westeuropäische Banken mit in den Abgrund reißen.
D iese Finanzkrise verläuft in Wellen. Themen tauchen auf, dann wieder ab und rollen plötzlich erneut heran. So ist es auch mit der Währungskrise in Osteuropa: Im Frühjahr wurde sie heiß diskutiert, dann verschwand sie aus dem internationalen Fokus. Nun ist die osteuropäische Währungskrise unübersehbar zurück - wird doch zunehmend real, dass sie auch westeuropäische Banken in den Abgrund reißen könnte.
Ulrike Herrmann ist Finanzredakteurin der taz.
Konkreter Auslöser ist Lettland, doch in vielen osteuropäischen Ländern zeigt sich das gleiche desaströse Muster: Die Regierungen selbst riskierten nur geringe Defizite - stattdessen häuften die Privathaushalte gigantische Schulden auf. Meist nahmen sie diese Kredite nicht in ihrer Landeswährung auf, sondern liehen sich lieber Euro, weil dort die Zinsen niedriger waren. Das Geschäft wirkte völlig risikofrei: Das geliehene Geld wurde vor allem in Häuser investiert, deren Wert ständig zu steigen schien. Diese Immobilienblase ist nun geplatzt, und viele Osteuropäer wissen nicht, wie sie ihre Euro-Schulden je zurückzahlen sollen.
Momentan hat nur eine Gruppe Freude: Es sind die Spekulanten, die auf fallende Wechselkurse wetten. Beim lettischen Lat wird schon offen diskutiert, ob man ihn nicht abwerten sollte. Für die westeuropäischen Banken wäre das fatal: Sinkt der Wert der osteuropäischen Währungen, könnte dort fast niemand mehr die Euro-Kredite vollständig bedienen.
Soll ein freier Fall des Lats verhindert werden, müssten der Internationale Währungsfonds und die EU die Notkredite für Lettland aufstocken. Doch stattdessen wurde die Hilfe eingefroren - und Haushaltsdisziplin in Lettland angemahnt. Der IWF verhält sich wie ein Rettungsschwimmer, der lieber zu Hause bleibt, sobald die Wellen höher werden.
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