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Gabriel knickt einAtomsicherheit nur auf Probe

Unter dem Druck von Bundesländern und Konzernen verzichtet Umweltminister Gabriel darauf, schärfere Bestimmungen zur Sicherheit von Reaktoren sofort verbindlich zu machen.

Er wollte sich "nicht auf einen Schützengrabenkrieg einlassen", sagt Gabriel. Bild: dpa

BERLIN taz Fünf Jahre haben Experten des Bundesumweltministeriums mit Bundesländern und Energiekonzernen über neue Sicherheitsregeln für Atomkraftwerke verhandelt. Nach wiederholter Überarbeitung liegt das 291-seitige "Kerntechnische Regelwerk", mit dem die deutsche Atomaufsicht auf den aktuellen Stand gebracht werden soll, seit April endlich vor. Doch verbindlich - so viel ist jetzt klar - wird es noch lange nicht.

Denn statt die neuen Regeln im Bundesanzeiger zu veröffentlichen, hat sich Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) mit seinen Länderkollegen darauf geeinigt, diese nur zu erproben. Fünfzehn Monate lang soll das alte Recht in Kraft bleiben, parallel aber sollen Erfahrungen mit dem neuen gesammelt werden. Als letztes Bundesland stimmte am Dienstag Bayern diesem Kompromiss zu - unter der Bedinung, dass 2010 erneut nachgebessert werden kann.

Gabriel sagte, er wollte sich "nicht auf einen Schützengrabenkrieg einlassen". Wenn er die Regeln im Dissens mit den Ländern in Kraft gesetzt hätte, wäre das "als Wahlkampf ausgelegt" und vermutlich vor Gericht angefochten worden, sagte Gabriel. Der Kompromiss ermögliche es dem Bund, bereits nach den neuen Regeln zu prüfen, die den aktuellen Stand der Wissenschaft berücksichtigen.

Die Deutsche Umwelthilfe übte scharfe Kritik an Gabriels Entscheidung. "Die Vereinbarung ist ein Skandal", sagte Geschäftsführer Rainer Baake der taz. "Der Bund darf seine Verantwortung für die Atomsicherheit nicht vom Konsens mit den Ländern abhängig machen." Es sei klar, dass die neuen Sicherheitsstandards im Zweifel nicht durchsetzbar seien, solange ihre Anwendung von der Zustimmung der Länder und der Kooperation der Stromkonzerne abhänge. Auch die Grünen sind empört: "Wer die Beseitigung bekannter Mängel aufschiebt, macht sich mitschuldig an eventuellen Katastrophen", sagte Energieexperte Hans-Josef Fell.

Vattenfall als Betreiber der AKWs Krümmel und Brunsbüttel ist hingegen zufrieden. "Wir begrüßen es, dass die neuen Regeln zunächst erpobt werden", sagte Sprecherin Barbara Meyer-Bukow. "Ich erwarte nicht, dass das für unsere Kernkraftwerke ein Problem darstellt."

Das derzeitige kerntechnische Regelwerk stammt überwiegend aus den 70er-Jahren. Laut Gabriel weist es "Lücken und Abweichungen vom Stand von Wissenschaft und Technik" auf und ist von der internationalen Atomaufsicht wiederholt kritisiert worden.

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3 Kommentare

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  • KK
    Karl Kraus

    @ Bürger G.

    Ich kann in dem Artikel keine Anti-Atom-Propaganda finden. Lediglich die Überschrift ist tendenziös. Aber dieses Tendenziöse ist genau das Markenzeichen dieser Zeitung. Uns Malte hat überhaupt kein Urteil darüber abgegeben, ob das alte Regelwerk scheiße sei, das neue dagegen toll. Da gab es schon weit ungeschicktere Artikel. Ein Tipp: Es ist immer interessant, die FAZ gegenzulesen, denn da bekommst du die anderen Strömungen. Danach kannste dann überlegen oder weiter recherchieren. Und zu guter Letzt: "Anti-Atom-Propaganda" klingt für mich nach Atomkraftpropaganda deinerseits. Hoffentlich nicht, denn das ließe auf einen Informationsgrad schließen, der nur mit einer mehrwöchigen Einzelausbildung langsam auf den aktuellen Stand gebracht werden könnte.

  • NJ
    navajo joe

    Ist ja echt unglaublich! Und wenn sogar die Internationale Atomenergiebehörde Kritik übt ...! So lange diese Meiler noch laufen, müssen alle Sicherheitsvorkehrungen tatsächlich radikal verschärft werden, bis hin zu drastischen Personalaufstockungen ... Allerdings wird auch das nicht das bis heute völlig ungelöste Problem des Mülls lösen, den die Reaktoren produzieren, egal wie sicher sie selbst sind.

     

    Da empfehle ich dann doch, die 50.000 Karstadtmitarbeitenden, die evtl. bald auf Jobsuche sind, umzuschulen, damit möglichst bald mindestens auf 20% aller Dachflächen in Deutschland Solaranlagen installiert sind, außerdem Geothermie, obeflächennah wie auch bis zu 4 km tief, Windkraft und offshore Wellenkraft in der Nordsee u. Ostsee - mit Aussparung von einigen Meeresschutzgebieten, die z. B. Greenpeace fordert. auch in europäischen & vorderasiatischen großen Gewässern vom Atlantik bis zum Kaspischen Meer südlicher als ca. dem 47. Breitengrad, soweit sie nicht tiefer als 200 m sind, einfach zu konstruierende, aber hochseetaugliche Solar-Inseln/-Bojen zu installieren, evtl. kombiniert mit Wellekraftsystemen, daneben auch möglichst bald 15% des deutschen Strombedarfs in Nordafrika erzeugen - nebst Stromsparmaßnahmen, z. B. weniger Beton herstellen, z. B. durch weniger Flughafenausbauten, Autobahnbauten etc.

  • BG
    Bürger G.

    Hat einer der Chefredakteure den Malte mal gefragt, wo denn überhaupt die Unterschiede zwischen dem "neuen" und dem "alten" Regelwerk liegen! Und welche tatsächlichen Auswirkungen es hätte? Oder schreibt man hier über jeden schwachfug, der irgendwie in die Anti-Atom-Propaganda vereinbar ist?

     

    Mensch, mensch, es wird immer peinlicher!