Druckraum am Kotti wird geschlossen: Hoffnung auf den letzten Drücker
In Kreuzberg soll bald ein Gesundheitszentrum für Junkies entstehen. Ein Raum ist gefunden, sagt Bürgermeister Schulz. Bisheriger Druckraum wird heute geschlossen.
Die monatelange Suche nach einem neuen Druckraum für Junkies in Kreuzberg scheint beendet. Franz Schulz, grüner Bezirksbürgermeister in Friedrichshain-Kreuzberg, sagte am Donnerstag der taz, dass ein geeignetes Objekt gefunden worden sei. "Derzeit finden Verhandlungen statt. Wir hoffen, dass diese in zwei bis drei Monaten abgeschlossen sind", sagte Schulz. Den genauen Ort wollte er noch nicht nennen. "Nur so viel: Es gehört dem Bezirk und ist im Einzugsgebiet des Kottis, sonst würde es ja keinen Sinn machen", erklärte Schulz. Andere Vorschläge für einen neuen Drogenkonsumraum in der Nähe des Kottbusser Tors waren kurz nach Bekanntwerden an Anwohnerprotesten gescheitert.
Ein Lösung für die Junkies ist überfällig. Der Druckraum in der Dresdner Straße, der von der Drogenhilfe Fixpunkt betrieben wird und in dem täglich etwa 60 Junkies betreut werden, öffnet am heutigen Freitag zum letzten Mal. Der Vermieter hatte der Einrichtung zu Jahresbeginn gekündigt.
Astrid Leicht, Leiterin von Fixpunkt, erklärte, dass es erst Ende Juni wieder ein Angebot für die Abhängigen geben werde, an dem diese sich ihre Spritzen ungestört setzen können. Das Drogenkonsummobil soll dann als Übergangslösung viermal die Woche vormittags am Moritzplatz stehen. "Bis dahin bleiben nur unsere Präventions- und Gesundheitsbusse am Kotti", sagte Leicht. Die sind allerdings nicht für den Konsum geeignet. Die Junkies müssen also die kommenden Tage ohne Druckraum auskommen.
Das besorgt die Anwohner und Geschäftsleute am Kotti. Der Kreuzberger Sozialarbeiter Ercan Yasaroglu ist enttäuscht, dass der Druckraum schließt. "Wir fürchten, dass die betroffenen Abhängigen jetzt wieder vermehrt auf Spielplätze, in Treppenhäuser oder Aufzüge ausweichen", sagte er. Yasaroglu hofft, dass die neuen Räume schnell zur Verfügung stehen werden. Zudem müssten sie besser mit Betreuungspersonal ausgestattet werden.
In den vergangenen Monaten war eine hitzige Debatte um die Drogenszene am Kotti entbrannt. Nachdem ein leer stehendes Parkhaus, in dem die Junkies lange gedealt und konsumiert hatten, im vergangenen Sommer verschlossen wurde, verlagerten sich Handel und Konsum in und um das Neue Kreuzberger Zentrum. Deren Bewohner sind wütend und demonstrierten mehrfach gegen die offene Drogenszene.
Dauerhafte Abhilfe wird erst der neue Druckraum schaffen. Dort soll das Angebot für Junkies deutlich ausgeweitet werden. "Wir planen ein kleines Gesundheitszentrums", sagte Bezirksbürgermeister Schulz. Neben einem Druckraum soll es nach dem Willen des Bezirks eine Arztpraxis, psychosoziale Betreuung und Unterbringungsmöglichkeiten für die Abhängigen unter einem Dach geben. Dazu wären umfangreiche Baumaßnahmen nötig, die sich im Extremfall bis zum Winter hinziehen könnten, ergänzte Sozialstadtrat Knut Mildner-Spindler (Linke).
Der Bezirksbürgemeister hofft auf finanzielle Unterstützung des Senats. Die zuständige Senatsgesundheitsverwaltung wollte sich dazu am Donnerstag nicht näher äußern.
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