Regisseurin über "Prinzessinnenbad": "Ich will nicht die Besserwisserin sein"
Bettina Blümner, Regisseurin der Dokumentation "Prinzessinnenbad" (Dienstag, 21 Uhr, Arte) über ihre drei Kreuzberger Protagonistinnen und das Leben nach dem Erfolg.
taz: Was machen Sie heute Abend, Frau Blümner?
Bettina Blümner: Ich habe mich mit einigen Teammitgliedern des Films verabredet. Wir wollen etwas kochen und "Prinzessinnenbad" nebenher laufen lassen.
Können Sie "Prinzessinnenbad" überhaupt noch sehen?
Wenn ich irgendwo bin, wo der Film gezeigt wird, gucke ich mir meistens den Anfang und das Ende an und gehe zwischendurch raus. Ich weiß gar nicht so genau, wie oft ich den Film jetzt schon gesehen habe, wir haben ja schon allein ein halbes Jahr im Schnitt verbracht.
Gibt es etwas, was Sie im Nachhinein anders gemacht hätten?
Nein. Ich kann mir den Film anders gar nicht mehr vorstellen.
Und wenn der Film von Anfang an fürs Fernsehen gemacht worden wäre?
Es war ja immer schon klar, dass der Film auch im Fernsehen laufen würde. Um Filme zu drehen, braucht man immer die Beteiligung eines Fernsehsenders. Wenn wir aber nur die Arte- und RBB-Fernsehgelder bekommen hätten, wäre das nur ein Drittel des Budgets gewesen. Das heißt weniger Drehzeit und damit auch weniger Material. Dann wäre der Film kürzer geworden. Aber sonst hätte ich den Film ganz genauso gemacht.
Anders als die drei Mädchen, die Sie zwei Jahre lang durch Kreuzberg und die Pubertät begleitet haben. Sie haben mal gesagt, sie würden nicht noch mal mitspielen.
Ihre Beziehung zum Film ist sehr ambivalent. Zum einen haben sie sich in der Zwischenzeit sehr verändert und sehen sich nun als Erwachsene. Zum anderen war Geld ein Thema. Es gibt generell eine Diskussion im Dokumentarfilm, ob man seinen Protagonisten Geld bezahlt oder nicht. Das ist ein sehr schwieriges Thema. Ich empfinde finanzielle Abhängigkeit oder Entlohnung als keine gute Grundlage für eine Zusammenarbeit.
Wie ist Ihr Verhältnis heute?
Ich freue mich, sie hin und wieder zu treffen und zu sehen, was aus ihnen wird. Klara arbeitet in dem Café, in dem sie während der Dreharbeiten Praktikum gemacht hat. Tanutscha macht eine Ausbildung zur Altenpflegerin, und Mina ist von ihrem Freund getrennt und macht ihr Fachabitur im Bereich Touristik. Aber wir haben auch nicht ständig Kontakt. Das letzte Mal haben wir uns vor ein paar Wochen auf einen Kaffee getroffen, davor hatten wir uns fünf Monate nicht gesehen.
Hatten Sie nach zwei Jahren Drehzeit keine Entzugserscheinungen von ihnen?
Nein, die Übergänge waren da ja auch fließend. Noch während des Drehens haben wir mit dem Schneiden angefangen. Nach dem Dreh habe ich sie also noch lange täglich auf dem Monitor gesehen. Und dann haben mich die drei ja auch noch zu allen möglichen Premieren begleitet.
Sind Sie erleichtert, dass Ihre Protagonistinnen ihr Leben so gut meistern?
Ja klar, aber ich habe mir im Gegensatz zu einigen Zuschauern keine ernsthaften Sorgen um sie gemacht. Ich habe sie immer als sehr stark empfunden. Wie sie ihr Leben gestalten möchten oder können, hängt natürlich von ihnen ab, aber es gab schon so ein paar Dinge, über die wir dann immer mal wieder gesprochen haben und zu denen ich meine Meinung gesagt habe.
Zum Beispiel?
Klaras Schulbesuche. Ich fand es wichtig, dass sie ihren Abschluss macht. Bei anderen Themen ist das eine Gratwanderung. Ich will ja nicht die 30-jährige, besserwisserische Regisseurin sein.
Sie haben mit Ihrem Langfilmdebüt im vergangenen Jahr gleich den Deutschen Filmpreis gewonnen.
Ja, das war natürlich toll, dass "Prinzessinnenbad" so einen Riesenerfolg und so eine Resonanz hatte. Aber es ist jetzt nicht so, als ob sich sehr viel verändert hätte.
Der Erfolg hat Ihre Arbeit nicht erleichtert?
Nein, allerdings auch nicht erschwert.
Haben Sie Angst, ein One-Hit-Wonder zu bleiben?
Darüber denke ich nicht nach. Ich liebe meinen Beruf und mache einfach weiter.
Womit?
Obwohl die Zusammenarbeit mit Jugendlichen toll war, geht es bei meinen neuen Projekten um die etwas ältere Generation. Ob Spielfilm, Dokumentarfilm, Kino oder Fernsehen, ist dabei zweitrangig. Ich habe zwei Filmprojekte in Vorbereitung, bin aber auch immer offen für neue Ideen und Projektvorschläge.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Das Weihnachten danach
Krieg in der Ukraine
„Weihnachtsgrüße“ aus Moskau