Skandinavische Medien: Zeitung spart sich Montag
Auch im zeitungsverrückten Norden setzt die Krise Verlage unter Druck.
Anfang dieser Woche legte die in Helsinki erscheinende Tageszeitung Hufvudstadsbladet ihr neues Sparkonzept vor. Im Juli werde die Montagsausgabe eingespart, und mit den Beschäftigten habe man sich darauf geeinigt, dass alle in diesem Jahr zwei Wochen unbezahlten Urlaub nehmen werden, teilte der Verlag mit. Chefredakteur Hannu Olkinuora sieht keine Alternative, da der Verlag mangels Anzeigen in diesem Jahr bezogen auf den Umsatz einen Verlust von mindestens 15 Prozent machen werde.
Trotz des zweiten Sparpakets binnen weniger Monate bleibt Olkinuora optimistisch: "Wir in Finnland glauben nicht, dass die Konjunkturkrise den Zeitungen das Licht ganz ausdreht. Im Gegensatz zu vielen großen Ländern haben wir eine viel stärkere Tradition des Zeitungslesens. Aber natürlich steigt durch die Konkurrenz anderer Medien der Entwicklungsbedarf."
Der wird bei vielen Verlagen vor allem in der Abwicklung von Qualität gesehen. Bei den schwedischen Überregionalen wird derzeit die Auslandsberichterstattung ausgedünnt. Die Stockholmer Dagens Nyheter zieht ihren Korrespondenten aus Berlin ab: Damit lassen sich, abgesehen vom Gehalt, jährlich über 100.000 Euro Fixkosten sparen, schätzt Auslandschef Lars Boström. Die konkurrierende Svenska Dagbladet hat gerade ihrem allerletzten eigenen Korrespondenten in Brüssel gekündigt.
Die Finanz- und Wirtschaftskrise, vor allem der Einbruch bei den Stellenanzeigen, hat die Einnahmen schrumpfen lassen. "Wir müssen sparen und gleichzeitig entwickeln", sagt Svenska-Dagbladet-Verlagschef Raoul Grünthal. Das Rezept vieler Zeitungen: Was an der relativ teuren Auslands- und Hintergrundberichterstattung gespart wird, wird in einen Ausbau von Lifestyle- und Servicesektionen gesteckt. Zwar billiger, aber langfristig Selbstmord, kritisiert der dänische Journalist und Schriftsteller Samuel Rachlin. Denn gerade hier stoßen die Printprodukte auf die übermächtige Konkurrenz anderer Medien.
Die SkandinavierInnen gehören zu den eifrigsten ZeitungsleserInnen der Welt. Die Pressevielfalt wird durch staatliche Subventionen gesichert. Trotzdem mussten in Norwegen in den letzten Monaten zwei Lokalzeitungen ganz schließen, und bei den großen Blättern lösen sich die Sparrunden ab. Der Schibsted-Konzern hat angekündigt, bei Aftenposten und VG, den beiden auflagenstärksten Zeitungen des Landes, 300 bis 400 Stellen abbauen zu wollen. Mit einer Aktienneuemission will Schibsted dringend benötigtes frisches Kapital hereinholen.
Und der zeitungsfreie Montag bei Hufvudstadsbladet? Nur ein vorübergehendes Phänomen des Urlaubsmonats Juli? Ja, beteuert Chefredakteur Olkinuora, als Dauereinrichtung sei das nicht geplant. Doch da empfiehlt Ida Willig, Mediensoziologin an der dänischen Roskilde-Universität, mehr Mut. Eine Tageszeitung, die nicht mehr an allen Tagen erscheint, sei keine Gefahr, sondern eine Chance.
Die "tägliche Tyrannei" solle man den Internetauftritten überlassen. Die Printausgaben sollten sich dagegen auf die "klassischen" Genres beschränken, nämlich Hintergrund, Nachrichtenanalyse und die eigenen Geschichten. Und nur noch drei- oder viermal statt sechs- oder siebenmal in der Woche erscheinen. Die Verlage würden damit einer von den LeserInnen vorweggenommenen Entwicklung gerecht werden. Denn die informieren sich sowieso schon aktuell und gratis im Internet und begründen Abokündigungen zudem häufig damit, keine Zeit zu haben, täglich eine ganze Zeitung durchzuackern.
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