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Grimme Online Awardswww.warjaklar.de

In Köln wurden am Mittwoch die Grimme-Preise für Internet-Angebote vergeben. Wirklich überraschend fiel die Auswahl nicht aus. Kommt der inzwischen achtjährige Award langsam in die Jahre?

Preisträger in der Kategorie "Information": Das Autorenblog carta.info. Bild: screenshot/carta.info

So richtig taufrisch ist das Internet ja nun auch nicht mehr. Am Mittwoch wurden also schon zum neunten Mal die Online Awards vom Adolf-Grimme-Institut vergeben, und die Liste der Preisträger konnte vielen Betrachtern nur ein kurzes, herzhaftes Gähnen entlocken.

Was nicht heißt, dass die in diesem Jahr ausgezeichneten Angebote preisunwürdig waren - aber zu viele stammen aus der Kategorie "Das war ja klar!". Wie das 2008 gestartete Autoren-Blog Carta.info, einer der drei Preisträger in der Kategorie "Information". Hier tobt sich Medienwissenschaftler Robin Meyer-Lucht vom Think Tank "Berlin Institute" zusammen mit diversen lesenswerten Autoren aus und beackert beispielsweise Zukunftsfragen der Medien.

Das Blog des freien Sportjournalisten Jens Weinreich dürfte auch bei vielen ganz oben auf der Liste möglicher Kandidaten gestanden haben - spätestens seit seinem öffentlich ausgetragenen Streit mit DFB-Präsident Theo Zwanziger. In den Bereich "Sehr praktisch" fällt derweil das ZDF-Parlameter, mit dem sich namentliche Abstimmungen von Bundestagsabgeordneten grafisch nachvollziehen lassen.

Die Preisträger in der Kategorie "Wissen und Bildung" sind das Design-Tagebuch, das bildstark aktuelle Designtrends aufgreift, sowie das zzzebraNetz, in dem fünf Kinderseiten des Labbe-Verlags verknüpft wurden. Bei "Kultur und Unterhaltung" gewannen Krimi-Couch.de und "Tom und das Erdbeermarmeladebrot mit Honig" aus dem Kindernetz des Südwestrundfunks, den Publikumspreis holte eine weitere kindgerechte und öffentlich-rechtliche Website: die der TV-Sendung "Wissen macht Ah!". Völlig zu Recht mit dem "Spezialpreis" ausgezeichnet wurde schließlich das Hamburger Webradio Byte.fm - ein weiterer Kandidat aus der Liga "Die sollten mal einen Grimme-Preis bekommen".

Spannender als die Preisträger sind da schon die Entwicklungen um den Preisverleiher, denn für das Grimme-Institut stehen weitreichende Veränderungen an: Es soll das bislang öffentlich eher weniger in Erscheinung tretende Europäische Zentrum für Medienkompetenz ECMC eingemeinden, das ebenfalls in Marl liegt. Das ECMC hängt überwiegend am Tropf der NRW-Landesregierung, auch über eine Abwicklung wurde in letzter Zeit spekuliert.

Der Standort allein sei hier aber nicht das Argument, sagt NRW-Medienminister Andreas Krautscheid der taz: "Der Hintergrund ist ein anderer: Das ECMC hat seine Verdienste, arbeitet aber fast ausschließlich als staatsnaher Dienstleister für die Landesregierung oder Behörden". Er möchte nun "das ECMC-Know-how breiter nutzbar machen, weil es wunderbar zum aufklärerischen Ansatz des Grimme-Instituts passt".

Skepsis bei Grimme

Dort sieht man die Pläne der Landesregierung aber mit Skepsis, auch wenn alle Stellen der beiden Institute erhalten bleiben sollen und Krautscheid sagt, er wolle "bei dieser Aktion keinen Cent sparen". Grimme-Direktor Uwe Kammann sagte der taz, derzeit werde das Vorhaben sorgfältig geprüft, denn: "Wie immer in solchen Fällen steckt der Teufel im Detail". Dies betreffe gerade "die Abstimmung der Arbeitsbereiche, denn das Grimme-Institut setzt bereits jetzt einen starken Akzent auf Medienbildung und realisiert sehr erfolgreich Medienkompetenz-Projekte". Außerdem müsste ein personell deutlich erweitertes Grimme-Institut "auch finanziell dauerhaft" gesichert werden.

Grimme finanziert sich derzeit aus Zuwendungen der öffentlichen Hand, Projekterlösen und Sponsoring. Doch die Krise macht sich hier bereits bemerkbar: So zog im März die Mercedes AG ihr langjähriges Sponsoring beim Adolf-Grimme-Preis zurück. Die Landesregierung will hier weiter geradestehen. Doch das, wird in Marl gelästert, klinge ein bisschen wie bei der Mafia: "Wir machen Ihnen ein Angebot, das Sie nicht ablehnen können."

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