Neues Album der Black Eyed Peas: "The energy never dies"
Die Black Eyed Peas erneuern begeistert das Versprechen von Disco. Zu ihrem neuen Album "The E.N.D." kann noch der letzte Körperklaus tanzen.
Die Superhelden sind schuld. Als Will.I.am, musikalischer Mastermind der Band Black Eyed Peas, in Australien vor der Kamera stand für eine Nebenrolle im unlängst angelaufenen Film "X-Men Origins: Wolverine", trieb er sich nach Drehschluss in den örtlichen Clubs herum. "Da rappt keiner mehr", stellte er auf den Tanzböden Sydneys fest, "es geht nur noch um Beats."
Zurück im heimischen Los Angeles setzte er die neuen Erkenntnisse um. Sicher, seit die Black Eyed Peas durch die Ankunft von Sängerin Stacy "Fergie" Ferguson von der eher belächelten Tanztruppe zum globalen Popphänomen mutierten, lugen sie immer unverfrorener vom HipHop in die Discothek. Nun aber, mit ihrem fünften Album "The E.N.D.", treten sie endgültig durch die Tür unter die blitzend rotierende Kugel und blicken kaum mehr zurück. Voller Begeisterung erneuern sie das Versprechen, das Disco Ende der Siebzigerjahre gab, bevor die Szene im Drogenrausch versank: Dancefloor ist Demokratie; Geschlecht, Alter, Rasse sind nebensächlich; hier kann sich jeder neu erfinden und die Realität außer Kraft setzen.
Diesen Hort des Eskapismus beschallen die Black Eyed Peas mit unverschämt eingängiger Gutelaunemusik. Einflüsse aus dem jamaikanischen Dancehall, eine gute Dosis Deep House, viel klassische Disco und Euro Trash, jugendfreie Raps und Instantmelodien vereinen sich zum kleinsten gemeinsamen Partyrenner. Die Rhythmen nehmen keine extremen Geschwindigkeiten an und verzichten auf die aktuell so modischen Synkopierungen, um auch ja niemanden auszuschließen: Dazu kann noch der letzte Körperklaus tanzen.
"Party All The Time", "Ring-A-Ling" oder "Rock That Body" sind die bezeichnenden Songtitel. "Take me to the club, I need to dance", fleht Sängerin Stacy "Fergie" Ferguson in einem Track. Und bekommt von ihren drei Mitstreitern im Chor versichert: "If we could party all night and sleep all day, and throw all of my problems away, my life would be easy." Einziges hervorstechendes Stilmerkmal: Ständig werden die Stimmen durch den Vocoder gejagt. Doch selbst dieser futuristisch anmutende Sound ist längst eine opake Reminiszenz an heile Partyzeiten.
Konzeptionell allerdings weist "The E.N.D." durchaus in die Zukunft. Das Akronym steht nicht umsonst für "The energy never dies". Denn man hat es hier nicht mit einem Album im lange schon altbackenen Sinne der Prä-Download-Ära zu tun, sondern einer losen Ansammlung von Rhythmen und Melodien. Die soll der internationalen Dancefloor-Gemeinde dienen wie ein Steinbruch, freigegeben zur ständigen Modifikation: Produzenten werden die einzelnen Tracks remixen, DJs werden sie mit anderen Stücken mischen, und so werden die 16 Songs von "The E.N.D." immer wieder neu aufgeführt.
Die beständige Neuinterpretation des Alten ist Prinzip der elektronischen Musik, aber erinnert nicht zufällig auch an die Methoden der Klassik. Und vielleicht wird man eines Tages zurückblicken und feststellen, dass die Black Eyed Peas mit "The E.N.D." den endgültigen Eintritt des Disco-Pops in seine klassische Phase einläuteten.
The Black Eyed Peas: "The E.N.D." (Interscope/Universal)
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