US-Klimapolitik: Der nächste Change

Erstmals hat ein US-Parlament einem Gesetz zugestimmt, das verbindliche Klimaziele festlegt. Doch noch bedarf es der Zustimmung des Senats - und die ist ungewiss.

Windräder, wie hier in Kansas, sind für die USA nichts Neues. Sie werden jetzt aber wieder entdeckt - dank des geänderten Klimadiskurses. Bild: dpa

Eine komplette Wende in der Klimapolitik hatte US-Präsident Barack Obama versprochen. Seit Freitagabend, als das Repräsentantenhaus ihm einen geradezu historischen klimapolitischen Erfolg bescherte, ist er der Erfüllung dieses Versprechens ein gehöriges Stück näher gekommen.

Am Samstag forderte Obama den US-Senat dazu auf, den Beschluss des Repräsentantenhauses zu billigen: "Glaubt nicht den falschen Informationen, die behaupten, dass sich Investitionen in saubere Energien und Wirtschaftswachstum gegenseitig ausschließen", ermahnte Barack Obama die Hörer seiner wöchentlichen Radioansprache. "Das ist einfach nicht wahr." Mit dem Entwurf, den das Repräsentantenhaus mit einer knappen Mehrheit von 219 zu 212 Stimmen verabschiedete, will die Regierung erstmals bindende Obergrenzen für den Ausstoß von Kohlendioxid festlegen. Die Obama-Regierung feierte diesen Beschluss denn auch als bedeutenden Etappensieg. Schafft es der Entwurf durch den Senat, würde erstmals in den Vereinigten Staaten ein Bundesgesetz aus Gründen des Klimaschutzes tief in die Wirtschaft eingreifen.

Stromerzeuger, Landwirte, Unternehmer und die Industrie hatten zuvor entsprechend hartnäckigen Widerstand geleistet und Millionen Dollar teure Fernsehkampagnen gegen Obamas Klimaziele geschaltet. Obama schickte wiederum Hillary Clinton und den ehemaligen Vizepräsidenten Al Gore ins Kapitol, um die Zögerer zu bearbeiten.

Der verbissene Kampf spiegelte sich denn auch im Ergebnis wider: 44 von Obamas demokratischen Parteifreunden stimmten gegen den Entwurf, acht Republikaner für ihn.

Im Senat lassen die Mehrheitsverhältnisse ohnehin keinen großen Sieg der Klimaschützer zu. Mehrheitsführer Harry Reid will die Senatsversion des Entwurfs bis Mitte September zur Abstimmung bringen. Aber auch dort sind die Demokraten tief zerstritten. Wie die meisten Republikaner fürchten auch einige Demokraten gravierend negative Auswirkungen des Gesetzes auf die Wirtschaft und vor allem auf die Preise für Benzin und Elektrizität.

Stimmt der Senat dem Entwurf zu, würde das Klimagesetz ab dem Jahr 2012 den Ausstoß von Kohlendioxid in den USA reduzieren sowie eine zunehmende Nutzung erneuerbarer Energien vorschreiben. Die USA würden sich verpflichten, bis zum Jahr 2020 ihre Treibhausgasemissionen um 17 Prozent unter das Niveau von 2005 zu senken, was in etwa dem Niveau von 1990 entspricht. Ein Emissionszertifikat für 1 Tonne CO2 würde 13 US-Dollar kosten.

Im Kern beinhaltet das Gesetz ein System des Emissionshandels, unter dem Produzenten von Treibhausgasen diese mit Verschmutzerquoten- und -zertifikaten untereinander handeln können. Die Reduktionsauflagen würden sich mit den Jahren steigern, was die Emissionen teurer werden ließe. Auf diese Weise will Obama die US-Industrie dazu bewegen, mehr und mehr in umweltfreundliche Energien zu investieren.

US-Politiker liefern sich seit dem Amtsantritt von Obama, der im Wahlkampf eine Reduktion der US-Emissionen bis 2020 auf das Niveau von 1990 versprochen hatte, eine erbitterte Debatte um die Auswirkungen der Klimaauflagen auf die künftigen Energiekosten. Zweifler mahnte Obama am Samstag daher erneut: "Wir dürfen uns nicht vor der Zukunft fürchten, noch dürfen wir Gefangene der Vergangenheit sein."

Der Präsident betonte, dass die 1.300 Seiten starke Gesetzesvorlage im Grunde ein "Arbeitsplatzgesetz sei, das in zahlreichen Bundesstaaten neue tausende grüne Jobs schaffen werde.

Bundeskanzlerin Angela Merkel, die am Freitag ihren Antrittsbesuch bei Obama absolvierte, begrüßte den Erfolg im Repräsentantenhaus - obwohl der Entwurf weit hinter den europäischen Zielen zurückbleibt. Die EU will bis zum Jahr 2020 das CO2-Niveau von 1990 um 30 Prozent unterbieten. Der stellvertretende Vorsitzende der Grünen-Fraktion, Jürgen Trittin, der sich ebenfalls in Washington aufhielt, begrüßte den Gesetzentwurf als "180-Grad-Wende in der US-Klimapolitik".

BARACK OBAMA, KLIMASCHÜTZER

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