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Rüttgers spielt Monopoly

Ausgerechnet dem Ex-Telefonmonopolisten Telekom will Ministerpräsident Rüttgers ein Monopol einräumen: Die Bonner wollen in ein Glasfasernetz investieren – und drohen mit Abwanderung

VON ANDREAS WYPUTTA

Nordrhein-Westfalens CDU-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers bekommt wegen einseitiger Förderung der Deutschen Telekom Gegenwind. „Ich bin sehr erstaunt, dass ausgerechnet der Christdemokrat Rüttgers den einstigen Monopolisten Telekom einseitig bevorzugen will“, so Jürgen Grützner, Geschäftsführer des Verbands der Telekom-Konkurrenten VATM.

Rüttgers hat sich bei den Koalitionsverhandlungen auf Bundesebene für Pläne der Telekom stark gemacht, die bis 2007 mit einem Glasfasernetz versorgen will – Voraussetzung für besonders schnelle Internet-Verbindungen von bis zu 50 Megabit pro Sekunde (siehe Kasten). Dazu sollen der Telekom für „zunächst zwölf Monate“ quasimonopolistische Strukturen eingeräumt werden, fordert der Regierungschef: Private Konkurrenz soll das neue Glasfasernetz nicht nutzen können und irgendwann höhere Gebühren zahlen.

„Entsprechende Investitionen“ seien „für einen gewissen Zeitraum von Regulierungseingriffen freizustellen“, so der Berliner Koalitionsvertrag von CDU und SPD dazu. Diese Vereinbarung sei erst auf Initiative Nordrhein-Westfalens zustande gekommen, hatte Rüttgers am Dienstag bei der Bewertung des Berliner Vertragswerks betont.

Der Hintergrund: Telekom-Chef Kai-Uwe Ricke droht offen, ohne Monopolstrukturen werde die Telekom das rund drei Milliarden Euro teure Glasfasernetz nicht aufbauen. Die in Bonn ansässige Telekom habe „viele Plätze in der Welt, wo sie investieren kann“, sagt Ricke.

„Unmoralisch“ sei das Vorgehen des größten deutschen Unternehmens, hält Telekom-Konkurrent Grützner dagegen. Die Telekom versuche, Konkurrenten besonders im Ballungsraum Rhein-Ruhr auszuschalten: Gerade zwischen Köln und Dortmund, wo das Glasfasernetz besonders schnell aufgebaut werden soll, hätten Private wie Versatel oder Netcologne in der Vergangenheit mit rund 10,5 Milliarden Euro massiv investiert. Weitere Investitionen von rund acht Milliarden bis 2010 seien nun gefährdet.

Skeptisch gibt sich auch Matthias Kurth, Chef der Bundesnetzagentur mit Sitz in Bonn, die für Wettbewerb auch auf dem Telekommunikationsmarkt sorgen soll. „Die Deutsche Telekom sollte den Konsens suchen“, sagt Kurth – und verweist auf die EU-Kommission, die jede Monopolstruktur verhindern will: „Was spricht dagegen, wenn auch andere mit ihrem Marketing zu einem schnellen Kundenwachstum beitragen“, wirbt der Wettbewerbshüter in Richtung Telekom.

Deren private Konkurrenten setzen nach wie vor auf Rüttgers und seinen FDP-Innovationsminister Andreas Pinkwart. „Ein Missverständnis“ müsse die Bevorzugung der Telekom sein, hofft VATM-Geschäftsführer Grützner. „Ein einseitiger Schutz des ehemaligen Monopolisten ist durch gar nichts zu rechtfertigen.“ Doch selbst auf die marktliberale FDP kann Grützner derzeit nicht zählen. Deren Parteichef, Innovationsminister Pinkwart, begrüßt die Investitionen der Telekom „ausdrücklich“ – und will nur „längerfristige Exklusivrechte“ ausschließen: „Damit der Wettbewerb nicht behindert wird.“

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