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Wahlkampf: linke Kandidaten diskutieren im taz-CaféÜber Kreuzberg raus aus Afghanistan

Irgendwie alle links, aber jeder anders. Die linken Kandidaten im Wahlkreis 84 - Ströbele, Böhning und Wawzyniak - diskutieren im taz-Café über Afghanistan, die Krise und ihr Budget.

Björn Böhning im Bild mit Gunter Grass Bild: dpa

Wer linke Mehrheiten in diesem Land sucht, der schaue hierher: Friedrichshain-Kreuzberg-Prenzlauer Berg Ost, Wahlkreis 84. Satte 76,4 Prozent holten Grüne, SPD und Linke zusammen zur Europawahl. 82 Prozent räumten die Direktkandidaten von Rot, Grün und noch mal Rot bei der Bundestagswahl 2005 ab. Am Donnerstagabend trafen sich nun die drei diesmaligen Direktkandidaten dieser Parteien im taz-Café zum linken Gipfeltreffen: Grün-Alternativo Christian Ströbele, der SPD-Linke Björn Böhning und Linkspartei-Vize Halina Wawzyniak.

Und tatsächlich, im Groben waren sich die drei einig: Raus aus Afghanistan, über kurz oder lang. Die Folgen der Wirtschaftskrise nicht von den Schwachen der Gesellschaft auslöffeln lassen. Und ein schwarz-gelber Wahlsieg wäre fatal. Folgerichtig warb Ströbele für Rot-Rot-Grün. "Als wohl weltweit Erster fand ich das schon 2005 gut." Wawzyniak und Böhning blieben distanzierter. "Da sind mir die gemeinsamen Inhalte noch nicht ganz klar", verlautbarte Böhning parteilinientreu.

Das zeigte sich im Detail. Beispiel Afghanistan. Wawzyniak plädierte einmal mehr für den Sofortabzug der Bundeswehr. Böhning sprach von einer längerfristigen Roadmap für den Rückzug. Vorher müssten Politik, Wirtschaft und Polizei im Land stabilisiert sein. Ströbele schüttelte sein weißes Haupt. "Das höre ich seit Jahren, dabei entfernen wir uns dort immer weiter von der Demokratie." Einen Abzug "in verantwortbarer Weise" brauche es, mit Waffenstillstandsverhandlungen und ohne Bombardements, so Ströbele. Das könnte in einem halben Jahr gestemmt werden.

Auch in der Frage, wie die Finanzmärkte gebändigt werden könnten, herrschte Uneinigkeit. Mehr Kontrolle durch das Parlament forderte Ströbele. Böhning schielte gar auf eine "andere, am Menschen orientierte Wirtschaftsordnung". Und Wawzyniak fragt: "Warum beteiligt man nicht die Belegschaften an den Banken und setzt Vertreter von Gewerkschaften oder Greenpeace in die Aufsichtsräte?"

Und ein Grundeinkommen, könnte das helfen? "Ja, weil es bedingungslos und im Gegensatz zu Hartz IV ohne Beschnüffelung bis ins Privateste funktioniert", nickte Ströbele. Nein, so Böhning, an erster Stelle müssten Arbeitsplätze geschaffen werden. Irgendwo dazwischen plädierte Wawzyniak für ein "sanktionsfreies Mindesteinkommen".

Auch wenn jeder der drei Applaus mit nach Hause nahm - es wird schwierig für Böhning und Wawzyniak. 2005 lag Ströbele mit 43,6 Prozent weit vorn. Trotzdem greifen alle drei tief in die Tasche: 25.000 Euro koste ihr Wahlkampf, verriet Wawzyniak. 30.000 Euro sind es bei Ströbele. Und gut 40.000 Euro "plus mein Jahresurlaub" berappt Böhning.

Er wolle auch künftig die Stimme seines Wahlkreises im Bundestag vertreten - auch gegen gängige Mehrheitsmeinungen, kündigte Ströbele an. Böhning brachte sich dagegen als Mann der Tat ins Spiel. "Man muss nicht bei jeder Protestaktion in erster Reihe stehen." Den Trumpf aber zog Wawzyniak: Anders als ihre Gegenkandidaten müsse sie in ihrer Partei nicht um Mehrheiten für ihre Positionen kämpfen, so die Linken-Vize genüsslich. KONRAD LITSCHKO

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