Gereizte Töne auf UN-Klimakonferenz: "Industrieländer killen Kioto-Protokoll"

China beklagt eine Sabotage des neuen Klima-Abkommens durch die Industrieländer – und die Entwicklungsstaaten fordern mehr Geld von den reichen Ländern.

"Bei den wirklich wichtigen Fragen gibt es keinen Fortschritt", sagt UN-Chefunterhändler Yvo de Boer. Bild: ap

BANGKOK taz | Der Ton wird gereizter zum Beginn der zweiten Verhandlungswoche in Bangkok: Auf der UN-Klimakonferenz hat China den Industrieländern "Sabotage" des neuen Klimaabkommens vorgeworfen. "Ich habe hier noch kein einziges Industrieland erlebt, das deutlich gemacht hat, dass es nicht hier ist, um das Kioto-Protokoll zu killen", sagte der chinesische Delegationssprecher Yu Qingtai.

Es geht um den Folgevertrag des Kioto-Abkommens, der im Dezember in Kopenhagen beschlossen werden soll. Knapp 2.000 Diplomaten aus 170 Ländern sind in die thailändische Hauptstadt gereist, um den über 180 Seiten starken Vertragstext weiter zu verfeinern. Der UN-Chefunterhändler Yvo de Boer spricht in seiner diplomatischen Art zwar von "einigen positiven Entwicklungen", etwa beim Technologietransfer. Allerdings sagt er auch: "Bei den wirklich wichtigen Fragen gibt es aber keinen Fortschritt." So gebe es noch immer keinerlei Bewegung von den Industrieländern, nun doch endlich einmal Reduktionsziele auf den Tisch zu legen. Und ohne diese gebe es keinen Verhandlungsfortschritt.

Zudem fehlten jegliche konkreten Zahlen über finanzielle Mittel, die der neue Vertrag armen Ländern zur Verfügung stellt, damit sich diese an den Klimawandel anpassen können. Die Weltbank hatte in Bangkok den Finanzbedarf der ärmeren Länder in den nächsten 40 Jahren beziffert. Demnach müssen 51 bis 68 Milliarden Euro aufgebracht werden - und zwar jährlich. Die Entwicklungsländer drohten in Bangkok, "Kopenhagen" platzen zu lassen, wenn die reichen Länder nicht ausreichend Mittel bereitstellen.

Immerhin ist den Delegationen am Montag ein sogenanntes "Non-Paper" zur Finanzierung dieser Riesensumme vorgelegt worden. Aber an diesem kann man das Dilemma der Verhandler sehr gut erkennen: Der Text des 23-seitigen Papiers steht überwiegend in Klammern und ist als "Alternative" ausgewiesen - also strittig. Wie das Geld aufgebracht werden soll, wird beispielsweise mit elf Optionen beschrieben. So wird vorgeschlagen, in allen Ländern, deren Kohlendioxidausstoß größer als 2 Tonnen pro Kopf ist, eine Steuer von 2 Dollar je ausgestoßene Tonne Kohlendioxid zu erheben. Ein weiterer Vorschlag sieht vor, den Kapitaltransfer aller Industrieländer pauschal mit 2 Prozent zu besteuern, ein anderer will das Geld über eine Besteuerung des Luft- und Schiffsverkehrs aufbringen.

Ob diejenigen, die derzeit in Bangkok verhandeln, genügend Machtbefugnisse besitzen, um so etwas in den Heimatländern auch tatsächlich umzusetzen, ist fraglich. Die 30-köpfige deutsche Delegation wird angeführt von Karsten Sach, Ministerialdirektor der Abteilung Internationale Zusammenarbeit des Bundesumweltministeriums.

"Nein", sagte Artur Runge-Metzger, Leiter der Delegation der Europäischen Union, China habe unrecht mit seinen Vorwürfen. Keiner plane, das Kioto-Abkommen zu kippen. "Aber konkrete Zusagen über Emissionsreduzierung und Finanzierung von Anpassungsmaßnahmen sind nun einmal politisch brisante Themen."

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.