Schwere Angriffe in Lahore: Spektakulärer Taliban-Terror

Mit medienwirksamen Attacken auf Einrichtungen der Sicherheitskräfte wollen Pakistans Taliban einen Einmarsch der Armee im Stammesgebiet von Südwaziristan verhindern.

Soldaten bewachen eine Schule für Elite-Polizisten in Lahore/Pakistan. Bild: dpa

Erneut ist die ostpakistanische Stadt Lahore zum Schauplatz eines schweren Terrorangriffs geworden. Vermutlich rund zwei Dutzend Attentäter, unter ihnen mehrere Frauen, haben am frühen Donnerstagmorgen gleichzeitig drei Einrichtungen des Sicherheitsapparats angegriffen: Sie stürmten die Elitepolizeischule in Bedian in der Nähe von Lahore, die Manawan-Polizeiakademie am Stadtrand und versuchten, in ein Gebäude der Kriminalpolizei (FIA) einzudringen. In der Stadt Kohat raste ein Attentäter mit seinem mit Sprengstoff beladenen Auto in ein Polizeigebäude und tötete dabei elf Menschen.

Es war die fünfte große Terrorattacke innerhalb der letzten zwei Wochen. Dabei kamen insgesamt mehr als 140 Menschen ums Leben. Immer wieder bekannten sich die Tehrik-e-Taliban Pakistan (TTP, Taliban-Bewegung in Pakistan) zu den Attacken.

Beobachter schließen aus der koordinierten Serie von Anschlägen, dass sich die pakistanischen Taliban nach internen Streitigkeiten wieder gesammelt haben. Anfang August war der Anführer der Militanten Baitullah Mehsud bei einem US-Raketenangriff im Haus seiner Schwiegervaters in Südwaziristan, der Hochburg der Militanten, getötet worden. Erst drei Wochen später erklärten die Taliban Hakimullah Mehsud zu seinem Nachfolger. Brutale Terroranschläge gelten als das Markenzeichen des Ende Zwanzigjährigen.

Mit ihren Anschlägen der vergangenen Wochen wollen die Taliban offenbar den Staat und die Armee dazu zwingen, eine groß angelegte Militäroffensive gegen ihre Hochburg in Südwaziristan an der Grenze zu Afghanistan abzusagen. Seit Monaten bringt sich die Armee dort in Stellung und fliegt immer wieder Luftangriffe auf Verstecke der TTP.

Beobachter gehen trotz der gewaltigen Terrorakte davon aus, dass die Taliban geschwächt sind und aus der Defensive zurückschlagen. Vor einem Jahr hat die Armee die Stammesregion Bajaur von den Taliban zurückerobert. Die Region galt als Dreh- und Angelpunkt für Militante im gesamten Grenzgebiet zu Afghanistan. Ende April drangen Armeeverbände in das Swat-Tal nordwestlich von Islamabad ein und zerschlugen eine dortige Talibanmiliz weitgehend. Im Juli erklärte die Armee, die Region sei von den Militanten zurückerobert. Zahlreiche lokale Taliban-Anführer kamen bei dem Vorstoß ums Leben oder gerieten in Gefangenschaft.

Sollte die Armee jedoch demnächst wie geplant in Südwaziristan einmarschieren, drohen erbitterte Kämpfe. Südwaziristan ist die Hochburg der Pakistanischen Taliban. Die Region gehört seit der Staatsgründung im Jahr 1947 zu Pakistan, war seitdem jedoch halb autonom. Seit dem Einmarsch der US-geführten Truppen in Afghanistan im Jahre 2001 haben sich zahlreiche afghanische Taliban nach Waziristan zurückgezogen. Auch die gesamte Al-Qaida-Führung wird dort vermutet.

Die lokalen Stämme haben sich gegen die oft ausländischen Militanten gestellt. Diese töteten aber hunderte kritische Stammesälterste und richteten sich in der Region gewaltsam ein. In Südwaziristan kam über die Jahre eine militante Gruppe des Mehsud-Stamms an die Macht. Ende 2007 schlossen sich die militanten Gruppen im Nordwesten des Landes zum Verbund der "pakistanischen Taliban" zusammen, der von Baitullah Mehsud bis zu dessen Tod im August angeführt wurde.

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