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Blockade gegen EU-VertragTschechiens Präsident lenkt ein

Zwei Wochen nach der Volksabstimmung in Irland zugunsten des Lissabon-Vertrages deutet nun Tschechiens Präsident Klaus an, auch zustimmen zu wollen.

Deutet Zustimmung zum EU-Vertrag an: Tschechiens Präsident Václav Klaus. Bild: ap

Tschechiens Präsident Václav Klaus wird wohl in Bezug auf den Lissabon-Vertrag nachgeben. Dies deutete er in einem Interview mit der tschechischen Tageszeitung Lidové noviny an. "Ich betrachte den Vertrag nicht als gute Sache, weder für die Freiheit in Europa noch für die Tschechische Republik", wiederholte er seinen Standpunkt, räumte aber ein: "Der Zug ist so schnell ab- und so weit gefahren, dass er weder angehalten noch zurückgeholt werden kann."

In Brüssel und Prag wird man aufatmen können. Der widerspenstige Präsident scheint sich doch der Staatsräson und Verfassung zu beugen. Die tschechische Regierung verliert nämlich allmählich die Geduld mit dem aufmüpfigen Burgherrn. Das Parlament hat den Lissabon-Verrag längst ratifiziert. Zwar schreibt die tschechische Verfassung dem Präsidenten vor, parlamentarische Beschlüsse mit seiner Unterschrift zu versehen. Dennoch gilt diese Unterschrift bei internationalen Abkommen eigentlich als rein formal.

Am 27. Oktober berät das tschechische Verfassungsgericht über eine neue Klage von Klaus-treuen Parlamentariern, ob der Lissabon-Vertrag im Einklang mit der tschechischen Verfassung steht. Bis dahin genießt der Präsident eine Schonfrist. "Ich darf den Lissabon-Vertrag im Augenblick gar nicht unterschreiben", begründet Klaus, meist spitzbübisch lächelnd, seine Zurückhaltung, sich zu seinen weiteren Schritten zu äußern.

Diese bedeutet aber keinesfalls, dass Klaus sich als gesamteuropäischer Troublemaker zurückziehen wird. Der Lissabon-Vertrag bedeute ja nicht das "Ende der Geschichte", erklärte Klaus im Interview. "Der Streit um Freiheit und Demokratie in Europa wird sicher weitergehen. Das muss er, sonst ginge es uns sehr schlecht", sagte Klaus.

Einen weiteren Verbündeten scheint Klaus im Nachbarland gefunden zu haben. Der slowakische Premier Robert Fico erklärte gestern, sein Land werde ebenfalls eine Ausnahme von der europäischen Menschenrechtscharta beantragen. Die Slowakei hat den Lissabon-Vertrag zwar schon ratifiziert. Aber Fico, wie auch Klaus, verlangt eine weitere Sicherheit vor möglichen Entschädigungsforderungen vertriebener Deutscher und Ungarn.

Eine europäische Staatsbürgerschaft dürfe nicht die Benesch-Dekrete gefährden, die als rechtlicher Rahmen der Vertreibungen von 1945 bis 1947 in Tschechien wie in der Slowakei noch heute gelten, so Klaus.

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