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Belastete Birnen aus TürkeiViel Gift, wenig Konsequenzen

Erneut Schadstoffe in Lebensmitteln: Behörden warnen vor Birnen aus der Türkei. Details über Rückstände erfahren die Konsumenten aber nur selten.

Achtung beim Birnenkauf: Nicht alle sind so ungefährlich wie diese hier. Bild: dpa

Im aktuellen Fall wurde schnell reagiert: Nachdem die baden-württembergische Lebensmittelüberwachung in Birnen aus der Türkei das Insektengift Amitraz in gefährlicher Konzentration gefunden hat, wurden die Früchte am vergangenen Freitag flächendeckend aus dem Handel genommen und vernichtet. Betroffen waren sämtliche untersuchten Birnen; eine der Proben hatte die zulässige Höchstmenge um das 1.500-fache überschritten. Bei Kleinkindern sei dadurch eine Gesundheitsgefährdung möglich, teilte das Landwirtschaftsministerium in Stuttgart mit. Weil von einem bundesweiten Problem ausgegangen wird, alarmierten die Stuttgarter auch ihre Kollegen in anderen Bundesländern und warnen bis auf Weiteres vor dem Verzehr türkischer Birnen.

Belastete Birnen waren bereits im vergangenen Jahr bei Lebensmittelkontrollen aufgefallen und vom Markt genommen worden. Auch in anderen Obstsorten fanden Lebensmitteltester messbare Rückstände von Pflanzengiften, wie aus dem am Montag vorgestellten Jahresbericht des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit hervorgeht. Bei Birnen, Johannisbeeren, Stachelbeeren und Zitrusfrüchten etwa fanden sich Pestizidrückstände in 76 bis 90 Prozent der untersuchten Proben.

Ein gemischtes Bild ergab sich beim Gemüse: In Bioware fanden sich kaum Rückstände. Bei konventionellen Produkten waren Kartoffeln, Spinat und Zwiebeln kaum belastet, während bis zu 70 Prozent der getesteten Gurken, Bohnen und Karotten Rückstände enthielten. Weil die Konzentrationen jedoch kein akutes Risiko für die Verbraucher darstellten, hatten diese Kontrollen keine Folgen.

Kritischer sieht das Bundesamt die Belastung mit Giften aus Schimmelpilzen, die in Reis, Gewürzen, Bitterschokolade und Lakritze gefunden wurden. "In diesen Bereichen sind verstärkte Eigenkontrollen der Unternehmen zu fordern", sagte Gerd Fricke, Lebensmittelexperte im Bundesamt. Auch neue Grenzwerte könnten helfen.

Verbraucherschützern und Umweltverbänden reicht das nicht. Die Ergebnisse des Jahresberichts seien "die jährliche Bankrotterklärung des Verbraucherschutzes", sagte Thilo Bode von der Verbraucherorganisation Foodwatch. Notwendig sei "Abschreckung durch Transparenz", und diese lasse sich nur erreichen, indem die Namen betroffener Firmen genannt werden. Auch Manfred Santen von Greenpeace fordert: "Verbraucher sollten sich einfach informieren können, welcher Supermarkt was verkauft." Bisher ist das schwierig. Das im Jahre 2008 in Kraft getretene Verbraucherinformationsgesetz erweist sich als Flop: Mitarbeiter des Verbraucherzentrale Bundesverbands (Vzbv) haben bei den zuständigen Ämtern Auskünfte eingefordert. "Das erwies sich als zu teuer und zu langsam", sagt Vzbv-Sprecher Christian Fronczak - "und dann werden die gewünschte Ergebnisse nicht geliefert". Das Bundesamt lehnt es ab, genau zu sagen, wie viel Gift in welcher Schokolade genau steckt. "Solange keine wirkliche Gefahr vorliegt, werden Namen nicht öffentlich gemacht", sagte Sprecher Andreas Tief. Dafür gebe es "keine rechtliche Handhabe".

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11 Kommentare

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  • IN
    Ihr NameBarbara Nagel

    Ich finde es grundsätzlich schlimm, wenn in Lebensmittel gesundheitsbelastende Rückstände sind, egal aus welchem Land diese Lebensmitel kommen. Deshalb ist es für mich vollkommen in Ordnung, wenn geprüft wird und diese Vergehen auch publiziert werden. Auf jeden Fall sollten wir,wenn nur möglich, Lebensmittel (Gemüse) aus Deutschland kaufen, da werden nämlich die Bauern und Produzenten schon vorher geprüft, das weiß ich von verwandten Landwirten. Ich verstehe zwar, dass manche Familien auch mit dem Cent rechnen müssen, aber unsere Gesundheit ist doch unser höchstes Gut und so soll man wirklich achten, woher die Lebensmittel kommen und nicht nach den billigsten greifen.Auch sollte man die heimischen Landwirte doch unterstützen und auch keine Milch beim billigsten Supermarkt für 49 Cent kaufen Cent kaufen. Wenn man Milch aus dem Ausland z. B. von Dänemark nach Süddeutschland befördert, ist das für mich ungeheuerlich. Unsere Straßen sind verstopft, für die Rep.Kosten, Abgase bezahlen wir alle, nicht zuletzt mit unserer Gesundheit. Diese Problematik müßte viel, viel mehr bedacht werden. Um beim obigen Thema zu bleiben, Birnen gibt es auch in Deutschland, nur vielleicht im Augenblick für einige Cents mehr als diese aus der Türkei, aber diese sind mit Sicherheit "sauber" und unsere Landwirte, die auch wie jeder von uns auch, nicht umsonst arbeiten möchten, können wir damit unterstützen!!!

  • A
    Andreas

    naja, meine liebe Anna, diejenigen, die am lautesten die Relevanz von IQ-Tests verkuenden sind meist auch diejenigen, die am wenigsten davon verstehen, mithin diejenigen, die in solchen Tests i.a. auch schlecht abschneiden, das heisst im uebrigen nicht, dass Leute, die IQ-Tests ablehnen, besonders intelligent sein muessten, die logische Richtung ist andersrum: wer intelligent ist, ist skeptisch IQ Tests gegenueber, schonmal was von 'hinreichenden' und 'notwendigen Bedingungen' gehoert, Anna, auch ein beliebter Fallstrick von Intelligenztests.

  • AL
    Anna Luehse

    @Hannah (schöner Name): "türkische MigrantInnen: blöder als Deutsche als Ostjuden(Sarrazin)- und dann wollen die auch noch in die EU..."

     

    Stimmt das auch? Der wg. islamischer Volksverhetzung vorbestrafte Rechtsextremist Erdogan und seine AKP-Moslembruderschaft wollen €Uros abkassieren für's hochverschuldete klein-asiatische Land. Migrantenmagazin informiert: Deutschland Feindstaat.

     

    " ... nimmt die Zahl der „Deutschland-Freunde“ in der Türkei rapide ab. Nur noch 1 Prozent sieht Deutschland als ein befreundetes Land." - http://www.migazin.de/2009/08/28/serie-eu-agenda-der-turkei-%E2%80%93-umfrage-uber-die-turkische-ausenpolitik/

     

    "Der Intelligenzquotient der Türken

    ...

    Der Intelligenzforscher und Leiter der - dem sächsischen Staat unterstellten - Deutschen Zentralstelle für Genealogie in Leipzig weist seit der ersten Pisa-Studie darauf hin, daß der IQ von Zuwanderern aus der Türkei und der ehemaligen Sowjetunion zwischen zehn und 15 Prozent niedriger liege. ...

     

    Und sollte ihn jemand wegen seiner Arbeit in die Nähe der Nazi-Ideologie rücken, so läßt ihn dies eher kalt: "Hitler war gegen Intelligenztests, die er nur als "jüdische Tests" bezeichnete, weil die Juden dabei stets so gut abschnitten."

    http://www.welt.de/print-welt/article684345/

    Der_Intelligenzquotient_der_Tuerken.html

  • AL
    Anna Luehse

    @Hannah, "antitürkische Hetze?? :-)) Klasse.

     

    Wer den Döner kritisiert, kritisiert den Islam!! oder wie?

    Wo bleibt der obligate "Rassismus"-Vorwurf?

  • H
    Hannah

    Türkische Birnen: vergiftet, Dönerläden: hygienisch nicht einwandfrei (gestrige Meldung); türkische MigrantInnen: blöder als Deutsche als Ostjuden(Sarrazin)- und dann wollen die auch noch in die EU...

    Abgesehen davon, dass schadstoffbelastete Lebensmittel - die es, auch in Deutschland hergestellt, in rauen Mengen gibt, wie wir wissen -,nicht zu akzeptieren sind, sollte die antitürkische Hetze gerade von Euch,liebe Taz-Redakteure, mit wachem Geist beobachtet und reflektiert werden.

  • G
    Gustavus

    Schade, dass der Artikel nicht angibt, welcher Anteil der Proben in denen Rückstände nachgewiesen wurden diese in bedenklichen Konzentrationen enthielten.

  • M
    möhre

    Vielleicht sollten auch mal die Karotten getestet werden, die ich kürzlich bei einem bekannten Discounter gekauft habe. Die rochen und schmeckten so auffallend eklig nach Chemie, dass ich den rest wegwerfen musste.

  • GH
    G. H. Pohl

    Die verfassungsgemäße, freie Entfaltung der Persönlichkeit ist auch im Zusammenhang mit Lebensmitteln nicht gegeben. Das Recht auf körperliche Unversehrtheit ist untergraben, u. a. durch die Bedingungen der modernen Lebensmittelherstellung und der mehr oder weniger willkürlichen „Grenzwerte“ von verwendeten Stoffen, die ursprünglich in einem Produkt nicht vorhanden sind.

    Man hat definitiv keine praktikable Möglichkeit , den „Genuß“ unerwünschter Lebensmittelbestandteile zu vermeiden.

    Verfassungsfeinde einmal anders, könnte man sagen: aus wirtschaftlichen Beweggründen. Oder kurz: Geldgeilheit? Was sagt der Gesetzgeber denn dazu?

    Wäre interessant einmal etwas zu hören!!!

    Als Krönung und Verhöhnung dann die „Verbraucherschützer“ im Ministerium nebst Kontrolleuren. Toll, was dort geleistet wird!

    Wenn Mißstände tatsächlich einmal festgestellt werden, hält man die Übeltäter geheim, weil sie ja keinen wirtschaftlichen Schaden erleiden dürfen - schließlich hat das Vorrang vor der Gesundheit der Bürger, oder verstehe ich da einmal wieder etwas völlig falsch???

  • A
    andreas

    ..man fragt sich, wie lange die taz noch diese albernen Bio-Mythen propagieren will, dort gaebe es 'kaum' Pestizidrueckstaende. Richtig ist: es gibt kaum Rueckstaende synthetischer Pestizide und noch viel richtiger ist: die eigentlich verwendeten Bio-Pestizide werden in den ueblichen Obst- und Gemuese-Messreihen nicht einmal ERFASST, jeder kann sich darueber informieren. Eines dieser Pestizide, Pyrethrin, das industriell aus pflanzlichem Rohstoff gewonnen wird, ist als konventionelles Pestizid nicht einmal zugelassen, als 'biologisches' aber schon, obwohl seine biologischen Wirkungen, Metabolisierung etc. verglichen mit dem Standard der konventionellen Pestizidforschung, bemerkenswert schlecht erforscht ist, nach Rueckstandswerten in ueblichen Erhebungen sucht man meist vergebens, es wird nicht gemessen. Wird es gemessen, liegt seine Konzentration allzuoft relativ hoch im Bereich der der Grenzwertausschoepfung. Andere Pestizide, etwa Neemazaal, sind mangels schwacher Standardisierung prinzipiell nicht voll durch Messung einzelner Substanzen zu erfassen, und man versucht es offenbar auch gar nicht erst. Warum ist das so? Warum koennen die Verbraucher nicht denken? Warum diese Irrefuehrung durch die Medien und die Bioindustrie?

  • A
    aso

    „...Weil von einem bundesweiten Problem ausgegangen wird, alarmierten die Stuttgarter auch ihre Kollegen in anderen Bundesländern und warnen bis auf Weiteres vor dem Verzehr türkischer Birnen....“:

     

    Na da sollte man doch auch die Türkei selbst warnen: Vielleicht stehen der dortigen Lebensmittelüberwachung nicht so präzise Meßgeräte zur Verfügung.

    Oder wurde das Obst nur für den Export gespritzt?

  • AL
    Anna Luehse

    Was'n mit QUECKSILBER?

     

    Wenn die türkischen Giftbirnen hinreichend hochgiftiges Quecksilber enthalten, gehen sie doch problemlos als "Energiesparbirnen" durch.

     

    Anm.: Quecksilber ist ein "Stapelgift", daß sich im Körper ansammelt.

     

    "Jede Energiesparlampe enthält etwa 2,8 Milligramm giftiges Quecksilber ... Besonders gefährdet: Schwangere, Kinder und Haustiere.

    Geht bei Ihnen eine Energiesparlampe kaputt, öffnen Sie am besten sofort alle Fenster, verlassen für mindestens 15 Minuten den Raum und schließen die Tür.

    Auf keinen Fall die Splitter aufsaugen!

    Grund: Der Staubsauger verteilt sonst (genau wie ein Besen) kleinste Quecksilberteilchen wochenlang in der gesamten Wohnung, bis Sie den Beutel leeren. Auch dann kann immer noch Quecksilber entweichen. ... " (bild.de)

     

    Cool, wa? Kaputte Quecksilberbirne: Nicht saugen, nicht fegen, einfach ein paar Wochen mit Kids und Katze zu Mutti bzw. Schwiegermutti ziehen, und schon ist das Problem verdunstet.