Atomkraftwerk-Studie: Längere Laufzeiten lohnen sich nicht
Eine Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke spült Geld in Kassen der Atomkonzerne, aber nicht in den Staatsetat, so das Ergebnis einer Studie.
BERLIN taz | Es ist ein Angebot, das die Ökolobby in Argumentationsnot bringen sollte: Die Energiekonzerne haben vielfach versucht, Regierung und Öffentlichkeit eine AKW-Laufzeitverlängerung schmackhaft zu machen, indem sie Milliardengewinne für den Staat in Aussicht stellen. Jetzt zeigt sich: Das Angebot der Energiekonzerne ist möglicherweise eine Illusion.
Eine Studie der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) kommt zu dem Ergebnis, dass in dieser Legislaturperiode im Schnitt nur 300 Millionen Euro pro Jahr in die öffentlichen Kassen kommen. Zunächst nämlich seien zur Verbesserung der Sicherheit insgesamt 3,2 Milliarden Euro Nachrüstungsinvestitionen nötig, was den Gewinn entsprechend schmälert.
Der Großteil der kalkulierten Zusatzgewinne sei erst nach 2014 zu erwarten, schreiben die Analysten. Eine zehn Jahre längere Laufzeit für die ältesten sechs Atomkraftwerke spülte 11,9 Milliarden Euro in die Kassen von RWE, Eon und EnBW. Denen gehören die sechs ältesten Reaktoren: Neckarwestheim I, Philippsburg 1, Isar 1, Brunsbüttel, Biblis A und B. Würde auch die Laufzeit des jüngeren Pannenreaktors Krümmel verlängert, erhöht sich die Summe um 2 Milliarden Euro, die sich die Besitzer Vattenfall und Eon teilen müssten.
Interessant ist, dass die Analysten nach der Bundestagswahl alle Aktien der Atomkonzerne auf "Kaufen" hochgestuft haben - mit zum Teil erheblichem Kurspotenzial von über 30 Prozent. Vor der Wahl waren lediglich die Aktien von Eon auf "Kaufen" gestuft. Die Analysten schreiben jedoch: "Solange die Details nicht verbindlich geregelt sind, dürfte der Markt in Wartestellung verharren". Die LBBW sieht dies bis Mitte 2010 gegeben, erst nach der Wahl in Nordrhein-Westfalen werde sich Schwarz-Gelb mit der Aufhebung des Atomausstiegsvertrages befassen.
Was besonders für drei Reaktoren wichtig ist: Biblis A und B in Hessen sowie Neckarwestheim 1 in Baden-Württemberg sollten nach Atomausstiegsgesetz eigentlich schon abgeschaltet sein. Entscheidend ist jedoch die produzierte Strommenge, weshalb die Betreiber Tricks brauchen, um den Abschalttermin hinauszuzögern. Aber still stehende Atomkraftwerke kosten viel Geld: Experten gehen beispielsweise davon aus, dass ein nicht Strom produzierender Reaktor in Krümmel täglich eine halbe Million Euro verschlingt.
Käme andernfalls die Laufzeitverlängerungen nicht, hätte das laut Berliner Zeitung vor allem Auswirkungen auf EnBW. Müsste der seine alten Anlagen Neckarwestheim 1 und Philippsburg 1 als "Bauernopfer" abschalten, würde der Wert des Unternehmens um knapp 8 Prozent sinken.
Leser*innenkommentare
Bürger G.
Gast
wie kommt Nick dazu, zu behaupten die Laufzeitverlängerung würde sich nicht lohnen?! Es sind 300 Mio pro Jahr in den ersten 4 Jahren und danach erheblich mehr! Ist das nichts? Sind das "Peanuts"? bei 30 ct pro Zeile eines unwichtigen polemischen Artikels denke ich schon, dass es "einiges" ist.... außerdem stecken die "bösen" EVU´s jedes Jahr Mill. in die Erneuerbaren!
Aristokrat
Gast
Machen Sie sich nicht so viele Sorgen. Wer soll denn die Kraftwerke betreiben? Die Ausbildung von Personal wurde schon vor Jahren nahaezu eingestellt. Wenn die Berentungswelle erstmal losgeht, werden die Manager noch hoffen die vertraglichen Laufzeiten überhaupt noch durchzustehen. Von Abriß und Entsorgung ganz zu schweigen.
t-claudius
Gast
Keine Sorge, liebe Regierung, das lässt sich sicher auch wieder irgendwie schönrechnen.
Atomenergie ist und bleibt billig und man kann damit sehr viel Geld verdienen, so lange man nur die Kosten richtig verteilt! Und darin seid Ihr doch erste Sahne!
baum
Gast
Bei der Gelegenheit sollte man jetzt auch einmal überprüfen ob sich die Regierung mal wieder übereifrig über den Tisch ziehen ließ, als sie das Angebot der Konzerne annahm, dem Staat die Hälfte der Gewinne zu schenken. Denn nach einer Anmerkung in FTD müssten die Kraftwerksbetreiber ohnehin 40% an Steuern abführen. Demnach bleiben nur noch 10% “freiwillige Gegenleistung” für das politische Geschenk übrig.