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Der Verfasser dieses Artikels sollte sich vielleicht erst einmal ein Geschichtslexikon nehmen und dort den Begriff "Großdeutschland" nachschlagen, bevor er ihn verwendet.
Die Politik unserer Duckmäuser hat Deutschland aufs
Abstellgleis gefahren. Dazu kommt noch die ewige Selbst-Anklage, die auch ohne Beispiel in der Geschichte ist. Dann wollte man mit dem Geld des Bürgers, "die restliche Welt kaufen", damit sie bei uns kauft. Jetzt wo Deutschland kein Geld mehr zu
verschenken hat und die anderen auch kein Geld mehr
haben, wartet man auf ein Wunder. Und das Wunder nennt sich im verseuchten Kapitalismus: Wachstum.
Nur woher soll das Wachstum kommen? Dazu gibt es ein passendes Karnevals- Lied: Hätten wir lieber das Geld vergraben, was wie im Leben versoffen haben, Kinder was könnten wir saufen...
Kurz: Deutschland wird ausgelacht, aber nicht gefürchtet.
Nicht Angst vor Deutschland ist angebracht, sondern Angst in Deutschland. Das Geld das wir nicht haben, geben wir mit vollen Händen denen, von denen wir garantiert nichts zurückbekommen, die Macht haben wir irrlichternden Bürokraten in Brüssel gegeben, obwohl wir wissen sollten, daß wir mit der Ermächtigung Dritter rabenschwarze Erfahrungen gemacht haben. Daß wir ohne Verfassung und Friedensvertrag quasi ohne Licht schon jahrzehntelang durchs Völkerrecht segeln, ist der Bevölkerung dazu auch noch total egal. Blind, blöd und total betrunken. Wer soll davor Angst haben ?
Ihre Redakteure haben das Pro und Contra sehr gut dargestellt. Im November 1989 gehörte ich als junger Sozialdemokrat zu jenen, die im Fall der Mauer das Vorspiel zur Wiedervereinigung und in der Wiedervereinigung den Beginn der Destabilisierung des europäischen Sicherheitssystems gesehen haben. Die Geschichte der letzten 20 Jahre zeigt, dass ich mich in Sachen europäischer Sicherheit Gott sei Dank geirrt habe. Deutschland in Europa - das geht.Die Probleme der Gegenwart haben mit der Existenz eines wiedervereinigten Deutschlands in der Mitte Europas nichts mehr zu tun.
"Der Hass auf ein Land, das sich auf Kosten anderer gesund spart, kann dagegen schneller hochkochen, als viele es sich vorzustellen wagen."
Das ist ja mal eine interessante Perspektive, Sparer zu hassen, kommt vielleicht vom übermäßigen Genuss eines Sparkassen-Werbespots. Deutschland allerdings spart nicht sonderlich, die private Sparquote liegt bei 11-12%, die öffentlichen Haushalte sind extrem verschuldet und verschulden sich dank schwarz-gelb im noch schnelleren Ausmaß, die Eigenkapitalquoten der Unternehmen sind im internationalen Vergleich ebenfalls nicht sehr hoch. Allein von einer großen Exportorientierung auf Ausbeutung anderer Länder, die noch kurzfristiger wirtschaften, zu schließen, halte ich für gewagt. Es sollte auch noch die Einführung des Euro als Gegenleistung für die Wiedervereinigung erwähnt werden, nach der die Bundesbank die Defizite und Sünden von Ländern wie Griechenland, Irland und Italien über die gemeinsame Währung maßgeblich mitbezahlt. Man kann international und auf der individuellen Ebene Angst vor deutschen Nazis, Afghanistan-Offizieren, Waffen oder Urlaubern haben, aber nicht unbedingt vor der mittelstandsorientierten Exportwirtschaft.
Der Beitrag von Felix Lee geht nicht nur fast völlig an der eigentlichen Ausgangsfrage "Angst vor Deutschland" vorbei, - er erscheint auch inhaltlich konstruiert und deutlich fehlerhaft:
Eine wirkliche Niedriglohnpolitik - im Industriesektor und davon reden wir ja wohl beim Export -hat es zumindest, vergleicht man einmal die Lohnkosten gegenüber Südeuropoa oder gar Osteuropa,dann doch nie richtig gegeben. Die Lohnkosten sind zwar leider in den letzten Jahren kaum gestiegen, aber sind immer noch weit höher als in Süd- und Osteuropa.
Von "Preisdumping" bei vielen exportorientierten Gütern wie bei Maschinen, Fahrzeugtechnik zu sprechen - also sind diese Preise denn niedriger als bei Konkurrenzprodukten?- scheint doch eher gewagt, kaum glaubbar.
Der Aufschwung in zB. Spanien/Portugal war dagegen eher durch eine starke erhöhte Konsumnachfrage innerhalb dieser Länder geprägt!Der ist auch durch eine Immobilienblase zusammengebrochen - und wurde doch kaum durch die deutsche Exportpolitik "abgewürgt", die hat sich dann auch nicht in den letzten Jahren - z.B. gegenüber den 90er - deutlich geändert.
Es erscheint völlig einseitig und konstruiert, den aktuellen Abschwung anderer EU-Länder der deutschen "Exportförderung" zu zuschreiben.
Und aus einer "agressiv-egozentrischen Wirtschaftsexpansion" dann auf eine grad nicht akute Angst gegenüber Deutschland, auf einen vielleicht folgenden "Hass" zu kommen, halte ich nicht nur konstruiert - sondern auch für realtitätsfremd.
Grüße
Dirk Hagen
Ob pro oder Kontra, die Euroeinführung war ein Fehler.
Die südeuropäischen Länder wären ohne ihn wettbewerbsfähiger und würden durch deutsche Exportüberschüsse weniger geschädigt.
Ob pro oder Kontra, die Euroeinführung war ein Fehler.
Die südeuropäischen Länder wären ohne ihn wettbewerbsfähiger und würden durch deutsche Exportüberschüsse weniger geschädigt.
sind es die niedrigen löhne, die deutschland zum exportweltmeister machen?
dann müsste Mecklenburg-Vorpommern ja eine der boomegionen sein. leider merk ich hier vor ort nichts davon. ist es nicht viel eher das knowhow und die gute infastruktur? denn genau das gibt es im osten nicht in dem gleichen maße wie in den alten bundeländern.
abgesehen davon, wie soll man den leuten hier vermitteln, dass sie ihre jobs aufgeben sollen, damit sich in anderen ländern industrien entwickeln?
darüber hinaus bezweifele ich, das die verlagerung der produktion andere länder voranbringt. ungarn beispielsweise hat sich trotz einer solchen ansiedelung nicht gerade zum musterstaat entwickelt.
In der Welt der "Weissen" (Europa und Nordamerika) moege man heute Deutschland als ertragbar empfinden. Aber wie koennte man die BRD von den "anderen" 170 Nationen und Voelkern betrachten ? Die BDR wird heute von der "permanenten" Globalregierung in Washington als Ersatz-Grossbritanien hochgelobt - der neue starke verlaessliche "Partner" und "major base". Also: Nichts Neues vom weissen Westen und Norden!Zum Beispiel: Wer hat in den letzten hundert Jahren immer wieder in dem kunterbunten Lateinamerika mit Truppen eingegriffen ? USA und Britanien. So koennte man sich heute in den 170 Laendern annehmen das die BDR der neue "Special Partner" der Yankees wird, denn auf Prince Harry und seiner Insel von rockers wird sich Washington nicht mehr lange verlassen. In USA sagt man: "if the shoe fits, wear it!" - nach Merkel's Glaubenbekenntnis sollte man den "Germans" sagen: "if the blue jeans fit, wear them!"
Vor Deutschland hat nur die deutsche Linke Angst. Der Rest der Welt lacht sich schlapp.
Ich hab Angst vor Deutschland
ja, ich hab noch Angst vor Deutschland.
Wer im öffentlichen Dienst arbeitet und Elternzeit nimmt, muss die Zeit nacharbeiten, um eine höhere Lohngruppe zu erreichen. Britta J. klagt dagegen.
Pro und Kontra: Hat noch jemand Angst vor Deutschland?
Deutschland wird zu groß und mächtig. Diese Befürchtung hatten nach dem Fall der Mauer einige unserer Nachbarstaaten. Hatten sie Recht oder war es nur ein Hirngespinst?
Am 3. Oktober 1990, Punkt 0 Uhr, wurde die Deutschlandfahne vor dem Reichstag aufgezogen. Bild: dpa
Pro
Vor einem chauvinistischen Großdeutschland muss man im Jahre 2009 keine Angst mehr haben. Doch wäre das wirtschaftspolitische Verständnis hierzulande nur ein wenig ausgeprägter, es gäbe eine sehr berechtigte Angst - und zwar vor Deutschlands Wirtschaftspolitik.
Nur zu gerne wird etwa Chinas einseitige Exportorientierung angeprangert, die im Welthandel für ein gefährliches Ungleichgewicht sorgt. Es wird auch gerne gegen die skrupellosen Hedgefondsmanager der Wall Street gewettert. Diese Kritik ist richtig. Unerwähnt bleibt jedoch, dass der Exportweltmeister bis heute Deutschland heißt und dass dieser trotz globaler Krise nicht bereit ist, seine horrenden Leistungsüberschüsse abzubauen.
Leidtragende dieser zutiefst egoistischen Wirtschaftspolitik sind nicht zuletzt die anderen EU-Staaten. Gerade die südeuropäischen Länder waren in den Neunzigerjahren auf bestem Wege, beim Wohlstand mit den Nordeuropäern gleichzuziehen. Und es schien auch nicht unrealistisch, dass die neuen EU-Mitgliedstaaten im Osten zügig aufholen würden. Doch anstatt diesen Prozess zu unterstützen, reagierte Deutschland mit Niedriglohnpolitik, Preisdumping und einseitiger Exportförderung - und würgte damit den Aufschwung der anderen EU-Länder ab. "Die deutsche Lohnpolitik sprengt die Europäische Währungsunion", bemerkte schon 2005 der Ökonom Heiner Flassbeck.
Warum die Furcht vor den "Krauts" bei unseren Nachbarn bisher noch nicht so recht zum Tragen gekommen ist? Das hängt sicherlich damit zusammen, dass auch ihnen bis vor kurzem eingebläut wurde: An einer exportorientierten Wirtschaftspolitik gebe es moralisch ja nichts Verwerfliches.
Doch das ist vorbei: Wirtschaftsexperten und zunehmend auch die Staatschefs anderer Länder warnen die Deutschen vor den Folgen ihrer aggressiv-egozentrischen Wirtschaftsexpansion. Die Angst vor den Deutschen ist vielleicht nur momentan passé. Der Hass auf ein Land, das sich auf Kosten anderer gesund spart, kann dagegen schneller hochkochen, als viele es sich vorzustellen wagen.
Felix Lee ist taz-Redakteur für Politik von unten.
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Kontra
Es gibt Dinge, bei denen Angst eine angemessene, wenn auch nie ausreichende Reaktion ist. Dazu zählen etwa die neoimperiale US-Außenpolitik von George W. Bush, der Klimawandel oder die ungebremste Produktion von Atommüll. Angst vor Deutschland zu haben war in den letzten 20 Jahren hingegen nichts als eine gegenaufklärerische Geisterbeschwörung, an die zu erinnern allerdings nötig ist. Man kann daraus etwas lernen.
Als die Mauer fiel, reagierte die deutsche Linke, von Radikalen über Grüne bis hinein in die Sozialdemokratie, teils mit Befremden, teils mit Panik. Anstatt die Vereinigung aktiv zu gestalten, betrieb man entschlossen die Selbstgettoisierung. Vor allem die Linksradikalen fürchteten das Neue, Unbekannte und bemäntelten ihre Verunsicherung mit einem Rückgriff auf die Historie. Die Rede vom 4. Reich, das nun drohe, war indes nie historisch, sondern nur hysterisch.
Dass gerade die Linke, die sich auf ihre analytischen Fähigkeiten so viel einbildet, derart katastrophal irrte, ist fast schon eine Pointe für sich. Sie regredierte zu einer Art Ingroup, die eine negative Gefühls- und Identitätspolitik zusammenband. So versäumte sie mit angststarrem Blick auf die NS-Vergangenheit die Gegenwart. Man könnte freundlich vermuten, dass die Warner und Mahner von Günter Grass bis Jutta Ditfurth in einem dialektischen Prozess gerade das Unheil abwendeten, das sie beschworen. Aber dafür spricht nichts. Das chauvinistische Ungeheuer, das da wortmächtig niedergerungen wurde, war schon verwest.
2009 ist Deutschland eine europäische Mittelmacht, mit Stärken und Schwächen. Zu verändern gäbe es viel - von exorbitanten deutschen Rüstungsexporten bis hin zur verfehlten Wirtschaftspolitik, die einseitig auf Export setzt. Angst ist dabei kein guter Ratgeber. Gebraucht werden dagegen selbstbewusste Identifikation mit dem Gemeinwesen und kritischer republikanischer Geist - und die gelegentliche Beschäftigung mit den eigenen Fehlern: Revidiert wurden die linken Irrtümer über das neue Deutschland nämlich nie.
Stefan Reinecke ist Parlamentskorrespondent der taz.
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Kommentar von
Felix Lee
Wirtschaft & Umwelt
war von 2012 bis 2019 China-Korrespondent der taz in Peking. Nun ist er in der taz-Zentrale für Weltwirtschaft zuständig. 2011 ist sein erstes Buch erschienen: „Der Gewinner der Krise – was der Westen von China lernen kann“, 2014 sein zweites: "Macht und Moderne. Chinas großer Reformer Deng Xiao-ping. Eine Biographie" - beide erschienen im Rotbuch Verlag.
Kommentar von
Stefan Reinecke
Korrespondent Parlamentsbüro
Stefan Reinecke arbeitet im Parlamentsbüro der taz mit den Schwerpunkten SPD und Linkspartei.