piwik no script img

Für Stellen im kaufmännischen BereichDaimler stoppt Bluttests

Der Autokonzern verzichtet bei Bewerbern für kaufmännische Berufe auf Bluttests. Merck, Beiersdorf und der NDR pieksen weiter. Mediziner verteidigen die Tests als hilfreich.

Im kaufmännischen Bereich: Keine Angst mehr vor'm Bluttest. Bild: ap

Der Autokonzern Daimler verzichtet teilweise auf die umstrittenen Bluttests bei Stellenbewerbern. Das bestätigte ein Unternehmenssprecher am Dienstag der taz. Die Untersuchungen würden nur noch durchgeführt, wenn dies für den Arbeitsplatz unbedingt erforderlich sei. Datenschützer hatten Daimler und andere Firmen in den letzten Wochen kritisiert, weil sämtliche Bewerber vor der Unterzeichnung des Arbeitsvertrags Bluttests absolvieren mussten.

Daimler hat diese Praxis nun bis auf Weiteres eingestellt. Bewerbern für kaufmännische Arbeitsplätze werde einstweilen kein Blut mehr abgenommen, hieß es beim Unternehmen. Anders bei Aspiranten für Stellen in der Produktion: In diesen Fällen finden die Tests weiter statt. Daimler begründet dies damit, dass die Tests beispielsweise Hinweise auf Diabetes lieferten.

Daimler ist das erste Unternehmen, das auf die Tests teilweise verzichtet. In den vergangenen zwei Wochen hatten mehrere Firmen, darunter Merck, Beiersdorf und der Norddeutsche Rundfunk (NDR) eingeräumt, alle aussichtsreichen Kandidaten Blutuntersuchungen zu unterziehen. Auch der Westdeutsche Rundfunk (WDR) zapft angehenden Journalisten und Technikern Blut ab, um Hinweise auf Sucht, Diabetes und andere Anomalien zu erhalten.

Während Datenschützer und Arbeitsrechtler dies kritisieren, weisen Mediziner auf mögliche Vorteile hin. Ergebe der Test bei einem Bewerber "erhöhte Blutzuckerwerte, so kann dies ein Hinweis auf Diabetes sein", sagt Friedrich Hofmann, Professor für Arbeitsmedizin an der Universität Wuppertal. Die Zuckerkrankheit "schränkt die Eignung eines Bewerbers für Schichtdienste möglicherweise ein", so Hofmann. Unregelmäßige Arbeitszeiten können zu Komplikationen bei Zuckerkranken führen.

Mediziner verweisen allerdings gleichzeitig auf die Probleme und die beschränkte Aussagekraft der Bluttests. Für bestimmte Tätigkeiten wie Büroarbeit "spielt Diabetes keine Rolle", sagt Tino Schwarz, Laborleiter am Juliusspital in Würzburg. "Nur bei gefährlichen Tätigkeiten kann Diabetes die Eignung eines Bewerbers möglicherweise infrage stellen."

Zurückhaltung bei den Tests legt auch Harald Bias nahe, der die Arbeitsmedizin am Klinikum Charité in Berlin leitet: "In den meisten Fällen liefert der Blutzuckerwert keinen Hinweis darauf, ob die betreffende Person für eine bestimmte Tätigkeit geeignet ist oder nicht. Ich kann mir bei einem Arbeitgeber, der überwiegend Bürotätigkeiten anbietet, nicht vorstellen, welche Rückschlüsse man aus den Blutzuckerwerten im Hinblick auf die Eignung ziehen will."

Dies entspricht der überwiegenden Einschätzung von Arbeitsrechtlern. Nur Arbeitnehmer, die eine besondere Verantwortung tragen, müssen sich demnach Bluttests unterziehen. Als juristische Faustregel gilt: Arbeitgeber dürfen nur die unbedingt notwendigen Daten ihrer Beschäftigten sammeln und speichern. Blutwerte gehören meistens nicht dazu.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • AI
    Andi Imnetz

    Angestellte Terroristen, Verbrecher, Lügner und Betrüger!

    Werden die Herren Vampire in Nadelstreifen auch getestet, wenn sie von ihren "Superwichtig-Kongressen und VIP-Tagungen" bei den "leichten Damen" in Monacco und Acapulco zurückkommen, ob es evtl. zu hohe Dosen des kolumbianischen weissen EGO-Pulvers gab oder gar eine Infektion mit Sex-Viren? Oder ob vielleicht ein zu hoher Spiegel an Viagra und Amphetamin im Blut vorliegt?

    Diejenigen die solche Tests vorschreiben sind Menschen wie du und ich, jedoch leben diese Menschen in einer ständigen Atmosphäre der Verdächtigungen, des Misstrauens, der Intolleranz. Aber vor allem im Sumpf der größten Droge: Macht und Geldgier. Als Vampir zählt man nicht Köpfe und Menschen, sondern nur Energieeinheiten. Wie Agent Smith den Hacker Neo nur als Programierfehler und ansonsten als Wegwerf-Batterie sieht. Wir sind für die Bluttester a priori Terroristen, Verbrecher, Lügner und Betrüger. Solange bis wir ihnen das Gegenteil beweisen.

  • S
    schreiber

    die firma euroshell (wie mir eine freundin die da arbeitet erzählte) testen auch. u.a. auch auf rauschmittelkonsum. bei büromenschen (auch telefonisten) auch bei vertragsverlängerungen

  • M
    max

    "Ergebe der Test bei einem Bewerber "erhöhte Blutzuckerwerte, so kann dies ein Hinweis auf Diabetes sein", sagt Friedrich Hofmann, Professor für Arbeitsmedizin an der Universität Wuppertal. Die Zuckerkrankheit "schränkt die Eignung eines Bewerbers für Schichtdienste möglicherweise ein", so Hofmann. Unregelmäßige Arbeitszeiten können zu Komplikationen bei Zuckerkranken führen."

     

    kann möglicherweise sein können, würde könnte hätte ...

     

    es ist ja wohl eine frechheit, mit dieser vagen pseudomeinung irgendetwas rechtfertigen zu wollen. was wird denn da sonst noch geprüft? und vor allem: was könnte denn da möglicherweise unter umständen theoretisch nicht ganz auszuschließenderweise noch an daten rauskommen, die den arbeitgeber ganz sicher nichts angehen?