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Zwischenlager soll intensiv genutzt werdenAtommüll-Monopoly in Ahaus

Castortransporte aus Jülich, Strahlenmüll aus allen deutschen AKWs: Die Industrie will das Zwischenlager intensiv nutzen. Atomkraftgegner haben Proteste angekündigt.

Kein Castor nach Ahaus: Eine lange Geschichte. Greenpeace-Aktivisten im Jahr 1998. Bild: reuters

Die Atomindustrie plant neue Atommülltransporte ins Zwischenlager Ahaus. Als zuständige Genehmigungsbehörde hat die Bezirksregierung Münster die Einlagerung von "Betriebs- und Stilllegungsabfällen aus deutschen Kernkraftwerken" genehmigt. Dabei könne es sich neben schwach- und mittelradioaktivem Bauschutt auch um "Metallschrott und ausgebaute Anlagenteile" handeln, so die Sprecherin der Bezirksregierung Münster, Sigrun Rittrich.

Zusätzlich drohen Ahaus an der niederländischen Grenze weitere Transporte mit hochradioaktivem Atommüll: Schon im Oktober hat die Gesellschaft für Nuklear-Service mbH, die das Zwischenlager betreibt, beim Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) die Einlagerung von 152 Castoren mit Brennelementen aus dem Forschungsreaktor Jülich beantragt.

Das bestätigte der Sprecher der Gesellschaft, Burghard Rosen, der taz. Bereits 2006 hatte die GNS die Einlagerung von 150 Behältern aus der französischen Wiederaufbereitungsanlage La Hague beantragt, die mit verstrahlten Brennelementhüllen beladen sind.

Im Zwischenlager Ahaus, das eine Betriebsgenehmigung bis 2036 besitzt, lagern bereits 305 Castorbehälter mit kugelförmigen Brennelementen aus dem nach einer Pannenserie Ende der Achtzigerjahre stillgelegten Thorium-Hochtemperaturreaktor in Hamm. Für diesen hochradioaktiven Atommüll besteht ebenso wie für die Brennelemente aus Jülich kein Endlagerkonzept.

Atomkraftgegner und Umweltschützer protestieren deshalb massiv gegen die Transporte: "Die Leichtbauhalle in Ahaus ist keine Lösung für die riesigen Atommüllprobleme der deutschen Atomindustrie", sagt Felix Ruwe, Sprecher der Bürgerinitiative "Kein Atommüll in Ahaus". Zusammen mit sechs weiteren Anti-Atom-Initiativen ruft die BI für Sonntag zu einer Demonstration vor dem Zwischenlager auf.

Auch die Genehmigung für den schwach- und mittelradioaktiven Müll durch die Bezirksregierung sei völlig intransparent vergeben worden, kritisiert der BI-Vorsitzende Heiner Möllers: "Weder ist bekannt, aus welchen AKWs welcher Atommüll kommen soll, noch, wie hoch die radioaktive Strahlung tatsächlich ist." GNS-Sprecher Rosen verweist lediglich auf eine neue "Konditionierungsanlage" in Duisburg, in der die atomaren Abfälle auf die Einlagerung vorbereitet werden sollen.

Nach Einschätzung von Atomkraftgegnern deutet dies darauf hin, dass es sich auch bei den einzulagernden Anlagenteilen um Überreste des stillgelegten Forschungsreaktors Jülich handelt – das dortige Zwischenlager verfügt nur bis 2013 über eine Betriebsgenehmigung.

Unterstützt werden die Anti-Atom-Initiativen von Grünen und Linken. "Hochgefährlich" seien besonders die Transporte der Brennelemente aus Jülich, so der energiepolitische Sprecher der NRW-Grünen, Reiner Priggen.

Die "ständige Verschiebung von Atommüll" löse die Endlagerfrage in keiner Weise, findet auch der linke Landtagsabgeordnete Rüdiger Sagel – und klingt wie CDU-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers in seiner Zeit als Oppositionsführer: Noch 2004 hatte dieser erklärt, erneute Atommülltransporte seien der "Bevölkerung in Ahaus und Umgebung so lange nicht zumutbar, wie die Frage der Endlagerung in Deutschland ungeklärt ist".

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11 Kommentare

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  • H
    Hansi

    @hansdampf: z.B. im Jahr 2007 lag der Anteil der elektrischen Energie für Raumwärme und Warmwasser bei 33%. In der Schweiz beispielsweise werden jedes Jahr 4-5 Mrd. Kilowattstunden für elektrische Heizenergie verbraucht...

     

    ;-)

  • H
    hansdampf

    @hansi:

     

    schön, dass sich hier auch experten an der diskussion beteiligen. auch gut, dass nahezu alle haushalte in deutschland mit strom heizen, so dass sie vom "billig"-strom der AKWs profitieren und niemand frieren muss. denn für die gesellschaft nutzbare wärme produzieren die dinger nun wirklich nicht...

  • H
    Hansi

    @die, die meinen die "Unionsgeführten" Länder verhindern Endlagersuche:

     

    1.) Wenn Gorleben sicher ist, ist es sicher, dann brauchen wir keine Suche!

     

    2.) Asse und Gorleben sind in keinster Weise zu vergleichen (macht man aber als verblendeter Aktivist gerne)

     

    3.) In Süddeutschland sind einige ENDLAGER für die Hinterlassenschaften unserer Gesellschaft (Sondermüll-Untertagedeponien, z.B. Heilbronn, Herfa Neurode) die soviel toxischen Müll (z.B Arsen) endgelagert haben, dass man die Menscheit 1000 mal umbringen könnte! Diese Endlager sind für ca. 10.000 Jahre ausgelegt und deren toxische Stoffe haben keine Halbwertszeit!

     

    4.) Der Nutzen der Kernenergie (billigen, umweltfreundlichen Strom) haben wir ca. 20 - 40 Jährigen jedes Jahr gespührt, weil wir hier in Deutschland auf einem wirtschaftlichen hohen Niveau leben, im Winter nicht frieren müssen, und immer online sein können, für dass viele in der Welt uns beneiden!

  • WA
    W. Affenlobbyist/in

    hi michi,

    schön das du deine priortäten hast.

    es ist ganz genauso wie du sagst. die poltiker

    die dass stoppen wollen sind die lügner

    und die pro-akw-und-endlageristen sind die

    warheitsager, weil sie nicht anders können, und sie haben das recht auf ihrer seite.

    so sieht es doch aus.

    danke michi dass es leute wie dich gibt die den durchblick haben.

    früher hätte man diesen müll einfach in die nordsee gekippt , wie es sich für müll gehört, und ich habe nix von vergiftungen gehört, ausser vom seehundsterben, aber das war die staupe, und auch die fische haben nicht gemeckert oder sind grösstenteils mutiert, dass sind alles diese umweltschützerlügen, und ausserdem kann man jetzt mit geigerzähler-satelliten die strömung analysieren, also was soll schlecht daran sein.

  • T
    Thorben

    Genau, der Strom kommt ja schließlich aus der Steckdose...

  • JE
    Jott Emm

    @Michael:

    1. Die Abfälle aus Arztpraxen sind meist schwach strahlende Stoffe, daher keinesfalls vergleichbar mit dem hochradioaktiven und wärmeentwickelnden Atommüll aus AKW.

    2. Man muss gar kein Endlager verhindern. Es gibt auf dem ganzen Planeten Erde nach einem halben Jahrhundert Atomkraft noch kein Endlager, ohne, dass jemand das hätte verhindern müssen.

  • N
    Nero

    @Michael

     

    Gerade die Unions Länder blockieren jegliche Suche nach Endlagern, Rot-Grün hat den Atomausstieg verabschiedet, ja, aber die Endlagersuche wird von den Unionsländern, allen vorran Bayern massiv blockiert. Un die medizinischen Radioaktivtransporte kann man alleine vom Transportvolumen garnicht mit einem Castortransport vergleichen.

     

    Zudem geht es nicht darum alles was mit radioaktivität zu tun hat zu verteufeln, sondern vielmehr das Risiko/Nutzen Verhältnis der atomaren Energiegewinnung zu kritisieren, denn das ist nicht sonderlich positiv, gerade für diejenigen die in der Nähe dieser maroden Lager wohnen. Es ist ein gewaltiger Unterschied ob eine solche Technik medizinisch wertvoll ist oder private Konzerne mit einer enormen Risikoabwälzung auf die Bürger private Gewinne erziehlt.

  • V
    vic

    Dass ständig neue Löcher gebuddelt und neue Plätze auserkoren werden, liegt daran, dass es kein Endlager geben wird. Niemals.

    Wer auf Atomenergie und Endlager nicht verzichten möchte, soll halt dort wohnen, mit freier Sicht auf sein Steckenpferd. Die Bauplätze sind nicht sehr teuer.

  • EE
    Erwin Erbse

    @michael: und selbst du enthältst radioaktive elemente wie z. B. C14. jedes mal wenn du dir ein bier aus dem kühlschrank holst, ist das ein radioaktivtransport.

    soll heißen: zu ner arztpraxis werden ja wohl ganz andere mengen an radioaktivität transportiert als bei nem castortransport! du vergleichst erbsen mit kürbisen! ;o)

    und was rot/grün versucht hat: ein UNSICHERES endlager zu verhindern. gut so! siehe asse, wie weit es her ist mit der sicherheit solcher endlager...

  • W
    WiderdenBioWahn

    Überlassen wir alle Probleme unseren Kindern?

    Wenn es nach vielen BI´s geht, dann wird es darauf hinaus laufen!

    Seit Jahrzehnten bekämpfen Grüne/BUND und BIs ohne jedes Verantwortungsbewußtsein "uns" heute mögliche Lösungen für ein drängendes Problem.

    Es ist schon abenteuerlich, wie eine kleine unverantwortliche Minderheit sich in "ihrem heroischen Kampf" häufig in bürgerkriegsnahe Mittel verrennt. Die überinterpretierten Gefahren rechtfertigen offensichtlich jede Demonstrationsentgleisung bis die Demokratie im Eimer ist....

     

    Schrecklich, hoffentlich muss ich dies nicht mehr miterleben. Pech für meine Kinder!

  • M
    Michael

    Alle die, die sich darüber aufregen, dass "Atommüll" durch die Republik gefahren wird, dürfen sich bei der Rot/Grünen Bundesregierung bedanken! Man sollte Tatsachen nicht verdrehen! Wer verhindert denn die Endlager in Deutschland!?

     

     

    übrigens: Jedes Jahr werden mehrere Mio. Radioaktivtransorte in Deutschland abgewickelt, die größte Anzahl wegen Medizinischer Anwendungen! ...habe noch nie ne BI vor ner Arztpraxis demonstrieren gesehen ;-)